Lynne Graham
heute Abend noch zu kommen, werde ich dich nicht ignorieren“, murmelte er heiser, und in seinen Augen lagen alle sinnlichen Versprechen.
Ihr so oder so schon schäumendes Temperament begann zu brodeln. Diese Bemerkung war nur dazu gedacht, ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen, wenn sie doch vorgehabt hatte, ihn zur Rede zu stellen. Ihr wurde heiß. „Das meinte ich damit nicht“, fauchte sie. „In meinem Bett bist du nicht willkommen! Dieser Unsinn wird aufhören …“
Statt einer Antwort presste er seinen Mund auf ihre Lippen und küsste sie gierig. Ein prickelnder Schauer durchfuhr sie, Hitze stieg in ihr auf, und Ophelia focht einen harten Kampf mit sich selbst aus, bis das Schlagen der Fahrertür sie beide auseinanderfahren ließ wie ertappte Teenager.
„Später, yineka mou “, murmelte Lysander noch, bevor er aus dem Wagen ausstieg, der vor einem modernen Hochhaus angehalten hatte. Die Tür fiel zu, und die Limousine setzte sich wieder in Bewegung.
Benommen fragte Ophelia sich, ob Lysander sich nun tatsächlich wie ein echter Ehemann benahm, oder ob er es einfach nur darauf anlegte, sie auszumanövrieren.
In der exklusiven Klinik traf Lysander sich erst mit dem Spezialisten. Beruhigt von den Ergebnissen der Behandlung, fuhr er mit dem Lift zu der Privatsuite seiner Mutter hinauf. Dass Virginia darauf bestand, ihre Krankheit vor allen, außer vor ihren engsten Freunden, geheim zu halten, kostete Lysander viel Kraft. Doch er respektierte und liebte Virginia zu sehr, um gegen ihre Wünsche anzugehen, auch wenn er selbst nicht damit einverstanden war. Die Diagnose Krebs bei ihr hatte ihn zutiefst erschüttert. Seine Sorgen nicht mit anderen teilen zu können, hatte diese nur wachsen lassen, vor allem, als Virginia anfangs in Depressionen versunken war und eine Operation strikt verweigert hatte.
Obwohl erschöpft von der letzten Behandlungsserie, achtete Virginia, eine schlanke Frau Ende fünfzig, sehr genau auf ein gepflegtes Äußeres. Allerdings entgingen ihrem Sohn nicht die geröteten Augen, ebenso wenig wie er die Ecke einer Zeitung unter der hastig glatt gezogenen Bettdecke hervorlugen sah.
„Du hast das Interview mit Ophelia also bereits gelesen“, schlussfolgerte er sofort.
„Ich bekomme hier alle englischen Zeitungen.“
„Es hat dich aufgeregt.“
Da es unnütz war, es zu bestreiten, wandte Virginia das Gesicht ab. „Nein, die Erinnerungen an die Vergangenheit haben mich aufgeregt. Was meine Schwiegertochter betrifft, so bin ich neugierig auf sie und möchte sie kennenlernen. Immerhin waren ihre Mutter und ich früher einmal Freundinnen.“
„Wenn du mich das hättest wissen lassen, hätte ich sie heute mitgebracht.“ Still gestand Lysander sich jedoch ein, dass er überhaupt nicht sicher war, ob er Ophelia trauen konnte. Seine Mutter war schwach, und zudem würde Virginia immer die Frau bleiben, die Cathy Stewart Aristides Liebe geraubt hatte.
„Ich will eure junge Ehe nicht direkt mit meiner Krankheit belasten, vor allem nicht, da deine Frau gerade erst ihre Großmutter verloren hat. Du solltest überhaupt nicht hier sein, sondern bei deiner Braut.“
Lysanders Miene wurde weich. „Ich habe dich mehrere Tage nicht gesehen.“
Virginia seufzte. „Ich bin so froh für dich. Als ich erfuhr, dass du geheiratet hast, da dachte ich einen Augenblick lang – aber wirklich nur für Sekunden, das schwöre ich! –, du könntest das arme Mädchen vielleicht nur geheiratet haben, um an Madrigal Court heranzukommen.“
Sein mildes Lächeln wankte ein wenig. „Wie kommst du nur auf eine solch abwegige Idee?“
„Du bist mein Sohn, und ich liebe dich, aber ich weiß auch, wie skrupellos du manchmal sein kannst. Genauso wie ich weiß, dass du deine Freiheit nur für eine ganz besondere Person aufgeben würdest. Diese schnelle Heirat in aller Stille ist ganz dein Stil. Aber so wie ich gelesen habe, ist Ophelias Leben bisher nicht besonders glücklich verlaufen …“
„Man merkt es ihr aber nicht an. Sie …“, er suchte nach den richtigen Worten und musste an das trotzige Funkeln in ihren Augen denken, „… strahlt geradezu.“
Virginia sah ihren Sohn ernst an. „Was ich jetzt sage, mag dich vielleicht verärgern, aber wenn ich es nicht sage und die Ehe letztendlich vielleicht doch vor dem Scheidungsrichter landet, werde ich mir nie verzeihen. Du darfst ihr keine Vorhaltungen machen, weil sie an die Presse gegangen ist. Sie braucht Zeit und Hilfe, um sich an unsere Welt zu
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