Lynne Graham
entgegenzustellen. Auch Ella würde schon bald ihre noblen Prinzipien aufgeben und nach seiner Pfeife tanzen müssen. Er freute sich bereits darauf. Er fieberte dem Moment entgegen, wenn ihr klar wurde, dass er hatte, was sie am meisten wollte.
Die Rache würde süßer schmecken als himmlische Ambrosia.
1. KAPITEL
Ella saß reglos wie eine Statue in der modernen Wartezone.
Mit ihren Gedanken beschäftigt, bemerkte sie die bewundernden Blicke nicht, mit denen die Männer sie bedachten, wenn sie an ihr vorbeiliefen. Nun, sie hatte inzwischen längst gelernt, das unwillkommene männliche Interesse, das ihr Äußeres erweckte, zu ignorieren. Ihr silberblondes Haar, das strahlende Blau ihrer Augen und ihre Figur zogen unweigerlich Aufmerksamkeit auf sich.
„Dr. Smithson?“ Die Sekretärin sah zu ihr herüber. „Sie können jetzt zu Mr. Barnes hineingehen.“
Ella erhob sich. Hinter ihrer äußeren Ruhe verbarg sich eine unglaubliche Wut über die Ungerechtigkeit. Ihre Gebete waren nicht erhört worden, der gesunde Menschenverstand wurde weiterhin komplett ignoriert. Sie fasste noch immer nicht, wie ihr eigen Fleisch und Blut sie in eine solch unmögliche Lage bringen konnte. Wann würde ihre Familie endlich einsehen, dass der Preis, den sie vor sieben Jahren gezahlt hatte, hoch genug gewesen war? Inzwischen glaubte sie, dass die ganze Angelegenheit frühestens mit ihrem Tod zur Ruhe kommen würde.
Mr. Barnes, der Anwalt, den sie vor zwei Wochen zum ersten Mal aufgesucht hatte, begrüßte sie mit Handschlag, dann bedeutete ihr der große, hagere Mann, der als Kapazität in komplizierten Sorgerechtsfragen galt, Platz zu nehmen.
„Ich habe mich mit anderen Experten auf diesem Fachgebiet beratschlagt, und ich fürchte, ich kann Ihnen nicht das Ergebnis mitteilen, das Sie hören wollen“, kam er sofort zum Wesentlichen. „Als Sie Ihrer Schwester Ihre Eizellen spendeten, haben Sie auch einen Vertrag unterzeichnet, in dem Sie auf jegliche Rechte hinsichtlich eines zukünftig geborenen Kindes verzichten.“
„Das ist mir klar“, entgegnete Ella sofort. „Aber jetzt, da meine Schwester und ihr Mann nicht mehr leben, ist die Situation doch eine völlig andere.“
„Nun, aber sie hat sich nicht unbedingt zu Ihrem Vor teil verändert. Zwar sind Sie die biologische Mutter, aber das bedeutet nicht automatisch, dass Sie das Sorgerecht einfordern können. Vor allem, da Sie keinerlei Kontakt zu dem kleinen Mädchen gehalten haben.“
„Ich weiß.“ Die Anspannung und ein plötzliches seltsames Schuldgefühl ließen Ella erblassen. Noch immer fiel es ihr schwer, damit umzugehen, dass ihre Schwester Susie sie nach der Geburt des Babys komplett aus ihrem Leben verbannt hatte. Nicht einmal ein Foto von der Kleinen hatte Ella bekommen, geschweige denn die Möglichkeit zu Besuchen. „Aber vom rechtlichen Standpunkt her gesehen bin ich immer noch Callies Tante.“
„Richtig. Nur werden Sie nicht als möglicher Vormund im Testament Ihrer Schwester und Ihres Schwagers erwähnt“, erinnerte der Anwalt sie nüchtern. „Dafür jedoch Aristandros Xenakis. Sie dürfen nicht vergessen, dass er und das Kind ebenfalls familiär verbunden sind.“
„Mein Gott!“ Die mühsam kontrollierte Selbstbeherrschung begann zu bröckeln. „Aristandros ist nur ein Cousin ihres Vaters und nicht ihr Onkel!“
„Ein Cousin und lebenslanger Freund, der seine Zustimmung zur Übernahme der Vormundschaft lange vor dem tödlichen Unfall der Eltern schriftlich hinterlegt hat. Ich brauche Sie wohl nicht gesondert darauf hinzuweisen, dass er ein extrem einflussreicher und mächtiger Mann ist. Und das Kind besitzt ebenfalls die griechische Staatsbürgerschaft, so wie er.“
„Aber er ist auch ein Junggeselle mit einem allgemein bekannten, berüchtigten Ruf!“, protestierte Ella hitzig. „Wohl kaum die passende Vaterfigur für ein kleines Mädchen!“
„Sie begeben sich da auf gefährlich dünnes Eis, Dr. Smithson.
Auch Sie sind ledig, und jedes Gericht würde sofort die Frage stellen, warum Ihre Familie in dieser Angelegenheit nicht hinter Ihnen steht.“
Die Erinnerung daran, dass sie in diesem Kampf keinerlei Unterstützung hatte, trieb Ella die Röte ins Gesicht. „Meine Familie wird nichts unternehmen, was Aristandros Xenakis provozieren könnte. Mein Stiefvater und meine beiden Stiefbrüder sind geschäftlich auf ihn angewiesen.“
Der Anwalt stieß leise die Luft aus. Es klang endgültig. „Meiner professionellen Meinung nach
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