Lyon - A.M.O.R. 01
imposantes Aquarium dominierte eine Seite des Raumes. Seine Stiefel standen auf feinstem Teppich, abstrakte Malereien auf den Wänden schienen ihn anzustarren.
Lyon prüfte Adinas Vitalfunktionen und drückte sie fest an sich. Er schloss die Lider, konzentrierte sich auf das vage Gefühl, das seine Membran zum Schwingen brachte, als wäre … als spürte … Er schnappte nach Luft. … als verweilte ein Verwandter in diesem Zimmer. Eine Täuschung? Fieberhaft suchte er mental jeden Winkel ab. Alles tote Materie, bis auf die blumenähnlichen Korallen, die den Steinboden des Beckens bedeckten. Weshalb konnte er die Aura seines Blutsverwandten nicht exakt orten?
Er legte seine Lippen auf Adinas kühle Stirn. Es zerriss ihn innerlich, aber etwas Übersinnliches musste seine Sinne verwirren. Oder … es schüttelte ihn, so wühlte der Gedanke ihn auf … Oder es befand sich außer ihm kein lebender Amorph in den Räumlichkeiten, sondern nur dessen Seele.
Lyon formte mit der freien Hand eine Kugel und ließ sie wirbelnd an der Decke explodieren. Eine graue Schicht aus magischem Staub senkte sich nieder, ließ alles sichtbar werden, doch kein magisch geschütztes Behältnis gab seinen Standort preis. Er presste die Faust vor die Lippen. Falls er nicht irrte, witterte er das Fluidum seiner Familie. Ein Seelengefäß! Lyon schluckte. Er kannte nur ein Einziges.
„Lyon, mach schon“, drängelte Zymon, der zurückgekehrt war und vor der Tür wartete.
„Wo befinde ich mich?“
„Ich vermute in den privaten Gemächern der Angestellten. Warum?“
„Geht’s genauer?“
„Bloody! Ich war doch auch noch nie hier. Woher soll ich …?“
„Wer leitet das FAL?“ Das war eindeutig das Büro einer wichtigen Person.
„Aaron Neff, soweit ich weiß.“
„Ist er entwischt?“
„Ja.“
Lyon stieß ein leises Knurren aus. Ihm lief die Zeit davon. Adina brauchte sofort Hilfe. Aber ohne den Seelengral konnte er nicht gehen. Lyon blickte sich hektisch um. Nicht frei herumstehend, nicht verborgen … Lyon warf die Abdeckung des Aquariums zur Seite und fischte in dem Wasser herum. Nichts. Seine Finger tasteten über die bläulich phosphoreszierenden Anemonen. Ein zartes Zwicken fuhr durch seine Fingerkuppen, als würden die Blumen ihn beißen. Er suchte weiter, fühlte sich durch die pulsierenden Fangarme, bis sich seine Hand um eine golfballgroße, unsichtbare Kugel legte.
Ein Schauder der Erleichterung durchströmte ihn und die Gewissheit, die Auren seiner Ahnen gefunden zu haben. Er steckte die Verwahrungskugel der Magycen in seine Hosentasche und schlüpfte aus dem Büro, das sich zum Glück von innen durch eine Lichtschranke automatisch öffnete.
Lyons Herz raste unnatürlich schnell, leichte Übelkeit erfasste ihn. Er presste Adina beschützend an seinen Oberkörper. Ihre Schwäche, die zu ihm überfloss, ließ seinen Kiefer vibrieren. „Rasch!“
„Schaffst du das denn?“
Lyon zischte. „Ich schaffe, was immer nötig ist.“ Ohnmächtige Wut auf alles und jeden bemächtigte sich seiner, ebenso fühlte er die glückliche Schwerelosigkeit, die ihn stets getragen hatte, wenn seine Schwester Semi ihm mit ihrem Lachen Leichtigkeit verschafft hatte. Seine widersprüchlichen Empfindungen zerrissen ihn. Er wusste nicht, ob er Adinas Leben oder die Existenz seiner Spezies retten konnte. Ein Gift breitete sich schleichend in seinem Organismus aus. Verdammt! Er hatte den Schutz der Kugel im Aquarium ausgelöst. Seine ohnehin geschwächten Heilungskräfte begannen mit der Aufspaltung der Toxika. Lyon schloss Adina behutsam mit in seine Schutzaura ein und verwandelte sie beide zu Nebel. Zymon folgte ihm lautlos.
„Wir kommen!“ Lyon witterte Bash nicht, hoffte, er wartete. Sie glitten ins Freie und sahen in der Ferne ein tödliches Feuerwerk, Magie gegen Waffen.
„Bash lenkt sie ab. Ich wittere Jäger. Los, bring sie in Sicherheit!“
Zymon raste in Richtung des Gefechts davon und in Lyon zerrissen zusätzliche Haltefäden. Adina lag wie tot in seinen Armen und er konnte seinen Freunden nicht helfen. Er barg ihr Gesicht an seiner Brust und flog mit ihr in weitem Bogen aufs Festland, fand das von Bash beschriebene ländliche Ferienhaus und warf die Heizung an, nachdem er sie mit Decken eingehüllt hatte.
„Adina, du musst trinken, trink jetzt!“ Pure Verzweiflung ließ seine Stimme vibrieren, während er ihr mit zwei Fingern die Zunge hervorholte und mit einem Löffel angewärmtes Wasser mit etwas Salz
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