Lyon - A.M.O.R. 01
Liebe schien mit ihrem Blut in ihn zu gelangen, ihn als Licht durch die Dunkelheit zu leiten, eine Flamme so schön und rein wie die Zukunft, die auf einmal offen vor ihm lag, auf ihn wartete. Noch nebulös, aber vorhanden. Schattenhaft, geheimnisvoll, aber mit einem strahlenden Leuchtfeuer – Adina.
Innig drückte er sie voll Verlangen nach mehr Liebe an sich. Ihr oblag es, sein Aphrodisiakum zu sein, für immer. Und eine weitere, schier unfassbare Erkenntnis gelangte in sein im Taumel beschwingtes Gehirn und ein Gedanke, den er nie zuvor gehabt hatte, durchdrang ihn wie der einzig Wahre.
Adina erwachte aus einem göttlich traumlosen Schlaf. Sie lag dicht an Lyon gekuschelt, die Wange in seine Armmulde gedrückt und wusste, sie hatte sich noch nie so gut gefühlt – lebendig. Ihre Fingerkuppen glitten seinen Bauch entlang, fast berührte sie ihn nicht und dennoch zuckten seine Muskeln, als würden sie magnetisch von ihrer Haut angezogen. Worte, Gefühle und Berü h rungen fühlten sich auf einmal ungeahnt intensiv, umwerfend, überwältigend und mitreißend an, sie hätte es nie für möglich gehalten. Sie fuhr über seine Brust. Sie hatte nie wirklich Zeit gefunden, ihn in seiner ganzen Pracht zu b e wundern. Damals in der Roten Grotte hatte sein Anblick sie erregt, doch er schien unerreichbar, ein Traum, ein überirdischer, vampirischer Gott. Und nun lag er in seliger Ruhe dicht an ihrem Körper und sie hatten sich die Ewigkeit versprochen. Der Gedanke versetzte sie nicht in Angst, er war nur fremd. Ta u send Jahre leben. Sie lächelte, strich sein irre langes Haar hinab, das sich offen auf den weißen Laken wie Seide ausbreitete. Tausend Jahre mit Lyon, dem atemberaubendsten und verwegensten Kerl, der ihr je begegnet war.
Als sie ihm sanft das Schlüsselbein küsste, wurde sie sich gewahr, was sie geweckt hatte.
Gier, pure Gier nach seinem Blut, das ihr erneut Kraft schenken würde. Es schien, als riefe sein Elixier nach ihr. Der Impuls pochte derart überwältigend, dass sie sich hemmungslos auf ihn schob und ihn mit ihrem Biss in den Hals aus dem Schlaf riss. Blut war Leben, Leben war Lyon. Sie knurrte und der Laut bedeutete reine Besitzgier.
Lyon stöhnte auf, seine Finger umfassten ihren Hinterkopf, drückten sie ebenso behutsam wie besitzanzeigend an seine Halsschlagader.
Seit ihrer Verwandlung trieb ein Lächeln Lyons sie an den Rand der Beher r schung und sein Blut spülte sie auf einer Euphoriewelle geradewegs in den Himmel, um mit Tempo in einen rubinrot schimmernden Orgasmus einzuta u chen, der wie die Weite des Alls nie zu enden schien. Lyons Blutkörperchen sausten wie Funken sprühende Wunderkerzen in flüssiger Form durch ihren Körper. Sie spürte jedes einzelne, wie es glühend und voll Elan ihre Nerve n bahnen durchquerte und allen berührten Stellen eine positive Regung schen k te. Ein wirbelnder Rausch aus Ekstase und Befriedigung, Verlangen und Glück und – der Verwandlung ihres Ichs.
Er bäumte sich ihr entgegen und erzitterte, als sie die Vene verschloss. Sie richtete sich auf, jede Faser erregt. Dieser Mann gehörte ihr! Sie fauchte, fletschte die Zähne und kratzte ihm über den kräftigen Brustkorb.
Lyon schrie auf. Sie meinte zuerst, es sei Euphorie, dann sah sie das Blut. Nur Lyons Lachen passte nicht zu der Situation. Adina verharrte geschockt. Er streichelte ihr breit grinsend mit dem Handrücken das Gesicht.
Weich, flauschig. Fell! Fell? Sie wollte aufspringen, aber Lyons Arme unte r banden den Versuch. Er lehnte seinen Oberkörper zurück, ließ sie sehen, wie die tiefen Kratzer auf seiner Brust heilten. Adina stockte der Atem. Sie sah ihre goldgelbe Tatze mit den schwarzen Ringflecken, den langen Krallen und doch verankerte sich der Gedanke nicht. Was passierte?
„Meine kleine Raubkatze.“
Lyon schob seine Hände auf ihre Wangen. Es fühlte sich gut an, sie spürte den seidigen Pelz auf ihrer Haut. Sie hatte sich in ein Tier ve r wandelt.
„Jeder Amorph hat eine oder mehrere Lieblingsformen. Meine sind der N e bel und der Tiger. Viele andere sind möglich. Hab keine Angst. Das ist normal, du gewöhnst dich schnell daran.“
Seine Arme, sein Gesicht, der Rumpf verwandelten sich fließend. Es fügten sich Millionen Zellen neu zusammen. Der eindrucksvolle Jaguar vor ihr läche l te und schnurrte, es klang wie ein erheitertes Grollen. Adina musste fast l a chen, so unglaublich, so aberwitzig war dieses Erlebnis. Nebel ja, Felsblöcke okay, aber
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