Lyon - A.M.O.R. 01
gehüllt glich durchaus einem unwiderstehlichen, englischen Weingummi. Auf Anhieb fielen ihr zehn Verben für Vernaschen ein. Er schien sich dessen nicht bewusst. Oder ignorierte er sie? War sie nicht attraktiv genug für ihn?
„Bist du so weit? Wir müssen gehen.“
Seine Stimme klang härter als erwartet. Sie stimmte ihm leise zu, obwohl sie in Gedanken widersprach und begann, die hartnäckigen Schlammreste von ihren Füßen zu entfernen. Das, was vor einigen Wochen erwacht war, lutschte frech an ihrer empfindsamsten Stelle. Heiß und kalt durchströmten sie im ständigen Wechsel. Hitze stieg ihr in die Wangen. Sie spähte kurz, ob der dürftig in Tarn gewandete Fels ihr noch die Kehrseite zudrehte, und wusch sich auch dort. Aufhören, schrie ihr kleiner Himmelsbote. Weitermachen, brüllte ihr gedeihender Luzifer. Schneller!
Nun hatte sie aber genug. Ihr schwindelte schon vor herbeistürmender Ekstase. Sich abzulenken wäre gut, mit ihm zu reden. Sie unterdrückte das Räuspern. „Wo sind wir?“
Lyon zuckte zusammen, als hätte sie ihm die Hand in den Hosenbund geschoben. „Das kann ich dir nicht sagen.“
Adina spülte sich das Gesicht ab. Sie konnte Lyon verstehen, weshalb er es nicht verriet. Diese geheime Grotte umgab etwas Heiliges. Sie besaß ausreichend Fantasie, sich vorzustellen, was passierte, wenn Scharen von Menschen darüber herfielen. Und als sähe er sich gezwungen, seinen Standpunkt zu verdeutlichen, sagte er: „Du wirst diesen Ort nicht finden und ohnehin nie wiedersehen.“
„Schade“, murmelte sie und richtete den Blick auf den Haufen zerrissener Dreckslumpen, dann auf seinen Hinterkopf. „Ich habe ein kleines Problem mit meiner Garderobe.“
Lyon nickte und verschwand, hinterließ nur einen Luftzug. Sie sah seine Gestalt davonrasen, ebenso wie vorhin, nachdem sich sein Körper aus der Erde erhoben hatte. Eine Gänsehaut überfuhr sie. Das hatte gruselig, aber auch atemraubend und eindeutig faszinierend ausgesehen. Mystisches und Magie bereicherten das Leben. Sie hatte es immer gewusst, es existierte noch mehr zwischen Himmel und Hölle. Welches Geheimnis diesen Amorphen wohl umgab? Notorisch grottenschlechte Laune, Lederkluft oder Tarnoutfit, Potenzkörper, dem Alkohol zugeneigt, Dauerständer … litt er unter Blutstau oder gar Liebeskummer?
Lyon tauchte mit einem riesigen Stoffbündel in den Armen auf und hielt es ihr entgegen. Es sah aus wie eine Samtgardine, wie ein Vorhang aus einem uralten Kino. Sie musste grinsen. „Darin verlier ich mich.“
Lyon senkte den Stoff auf die Steine, Staub wirbelte heraus. Er fuhr sich durch das lange Haar, das nass und seidig glänzte. Es machte den Anschein, als führte er gedanklich eine Diskussion mit ihr, doch er sagte nichts. Zu gern hätte sie gewusst, was er dachte. Er riss mit Leichtigkeit ein großes Stück ab, raffte den Rest der Stoffbahn zusammen und schlang sie sich mehrfach um die Hüften. Dann ließ er die Hose am Rand des Beckens niedergleiten und schob sie ihr mit dem Fetzen zu.
Lyon verschlug ihr zum wiederholten Male die Sprache. Sie hatte mit Machogehabe gerechnet, oder damit, wieder in ihre Sumpfsachen schlüpfen zu müssen, aber er band sich tatsächlich einen Rock um … Ihr Blick flog zu ihm hoch. Er fixierte einen Felsen in einer anderen Richtung, rührte sich nicht, nahm weiterhin Rücksicht auf sie, obwohl er ihr Starren sicher spürte. Auf seinem kräftigen Rücken fingen sich rote Lichtreflexe und erinnerten sie an die rubinroten Nebelschleier, die ihr den richtigen Gang gewiesen hatten und die sie mit geschlossenen Lidern hatte sehen können. Seine Seele, floss ihr der Gedanke ebenso mystisch durch den Kopf und ein erhabenes Schaudern wogte hinterher. Oder seine Magie, seine außerirdische Macht …
Ihr Puls raste im Takt ihrer auf sie einprasselnden Eingebungen. Es hatte ausgesehen wie Blut im Wasser verdünnt oder Blut in nebulöser Form, frei schwebend, vermischt mit seinem Aroma. Aufregend wie auch unheimlich. Dies schien sein Reich zu sein.
Adina stieg aus dem Wasser und schlüpfte in die übergroße Tarnfleckhose, die sie mit dem Gürtel festzog. Rasch schlang sie sich den Stofffetzen um den Oberkörper und wandte sich zu Lyon um. Sein einnehmender Duft schien sich intensiviert zu haben. Sie sog ihn tief ein und schlang die Arme um sich. Es fühlte sich an, als umarmte Lyon sie.
Plötzlich drehte er sich um und trat auf sie zu. Sie riss die Augen auf und hob einen Finger. Ihre Courage ließ sie
Weitere Kostenlose Bücher