Lyon - A.M.O.R. 01
musste, obwohl sie allenfalls eine leichte Bewegung verspürt hatte. Neugierde zupfte an ihren Lidern, doch sie hielt die Augen geschlossen. Lyons Drohung nahm sie zwar nicht ernst, aber sie hatte eine tiefe Unruhe wahrgenommen, als er ihr mit rüden Worten zu verstehen gab, er tat etwas absolut Verbotenes.
Lyon stellte sie behutsam auf die peinigenden Füße. Er hielt sie an den Händen, bis sie sich auf Stein hingesetzt hatte. Sie vernahm ein stetes Plätschern und den Widerhall von unzähligen Wassertropfen. Warme Luft streifte ihr Gesicht und sie atmete erleichtert durch.
„Die Becken werden dir Entspannung verschaffen.“
Lyons Stimme klang wie eine Erlösung, belebte sie wie ein heißer Espresso, doch es war vor allem die wohlige Wärme, die in sämtliche Winkel ihres Körpers kroch. Adina seufzte und streckte sich bedächtig. Nach der langen Zeit des erbärmlichen Frierens erschien es ihr wie ein Traum.
Da Lyon sie ihrer Ruhe überließ und nichts weiter sagte, gab sie sich ihrer Erschöpfung hin, legte sich nieder und genoss die magische Stille. Ihre Gedanken flossen träge dahin, entfernten sich in einem Bächlein und mündeten in einen Teich, der sie beschützend versickern ließ, als gäbe es an diesem Ort weder Sorge noch Furcht.
Das Pochen ihres Knöchels holte sie ins Hier und Jetzt zurück. Adina streckte die müden, schmerzenden Knochen.
„Lyon?“
Sie lauschte. Zögernd schob sie die Augenbinde vom Kopf und öffnete blinzelnd die Lider. Sie saß auf glatt poliertem Stein. Über ihr wölbte sich eine Höhlendecke, von der mächtige Stalaktiten herabhingen. Ein rötliches Glitzern verlieh dem Gewölbe einen warmen, bezaubernden Schimmer wie ein in Rotlicht getauchter Sternenhimmel. Tropfen spiegelten den Schein wider und warfen hauchzarte Lichtreflexe an die glänzenden Wände, die ihrerseits reflektierten. Schöner als jeder Weihnachtsbaum, faszinierender als die Lichter einer Stadt bei Nacht in der Ferne, funkelnder als ein Korb Diamanten. Der Anblick überwältigte sie.
Traumversunken leckte sie sich über die Lippen, schmeckte Salz und spuckte Dreck aus. Sie blickte an sich hinunter. Ja, sie sah so schlimm aus wie sie sich fühlte. Adina besann sich auf Lyons Worte und erhob sich langsam. Erst aus dieser Perspektive erblickte sie ein naturbelassenes Wasserbecken. Der Stein wirkte glatt geschliffen, sie empfand ihn als weich, als hätte er eine Samtschicht. Sie tappte bedächtig auf das Bassin zu und öffnete staunend den Mund.
Ein breiter Stalagmit hatte ihr die Sicht auf ein unbeschreibliches Naturwunder versperrt. Becken reihte sich in unterschiedlicher Größe und Form an Becken. Einige lagen höher, schwappten über. Das Wasser plätscherte leise in die tiefer liegenden Bereiche. Von der Decke fallende Tropfen bildeten kreisförmige Ringe in kristallklarem Wasser, das in der Farbe durchsichtiger Rubine leuchtete. Der aufsteigende Dampf schimmerte wie Feenstaub.
Adina kniete nieder und benetzte die Finger mit dem seltsamen Nass. Die Wärme kroch wie ein Daunenüberzug den Arm herauf, hinterließ ein erquickendes Kribbeln, als sie die Hand zurückzog. Sie schöpfte die Flüssigkeit, schnupperte daran und tippte die Zungenspitze hinein. Es schmeckte wie frisches Bergquellwasser mit einem Hauch von … Erdbeere? Ihr Durst sowie Instinkt flüsterten, es sollte ungefährlich sein, und sie trank, bis ihr Magen gefüllt war. Die friedliche Atmosphäre beflügelte Adina, die Socken auszuziehen. Ihre Füße sahen furchtbar aus. Sie zögerte, tauchte erst die Zehen peu à peu ein. Kein Ziepen oder Stechen, sie empfand nur Wohltat. Mit einem behaglichen Ausatmen badete sie die Fußsohlen in dem lindernden Wasser.
Sie horchte, wollte den himmlischen Quell nicht mit der Kleidung verschmutzen, doch bevor sie sich auszog, musste sie wissen, ob sie allein war. Adina glaubte, ein Geräusch zu vernehmen wie ganz seichte Bewegungen eines Körpers in einem Pool. Sie folgte ihrer Eingebung, balancierte inmitten der Becken entlang, stützte sich an den Tropfsteinen ab, die sich so warm und weich anfühlten wie der Fels unter den Füßen.
Adina blieb plötzlich stocksteif stehen. Zuerst durchrieselte sie Herzenswärme, dann erst sah sie Lyon. Sein tiefes Brummen mischte sich mit dem Rauschen der Kaskaden. Er wandte ihr langsam das Gesicht zu.
Mannomann, sie musste einfach hinsehen. Sein Anblick jagte augenblicklich sämtliche Energien zwischen ihre Beine, leitete die erotischen Wellen in jeden Winkel
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