Lyon - A.M.O.R. 01
etwas gegen den Willen eines anderen. „Deine Eltern tragen die Schuld, nicht du.“ Lyon ballte die Fäuste. Wenn er den Amorphen in die Finger bekam, der ihre Mutter ohne jedes Wissen allein gelassen hatte …
Sie hob den Kopf. Ihre dunkelblauen Seen funkelten, die Wangen tränennass. Durch zusammengepresste Zähne fauchte sie: „Ich kann auf mich selbst aufpassen.“
Lyon lachte hart auf. „Das haben wir ja gesehen.“
„Fick dich.“
Er hatte sich wohl verhört. Die gesamte Situation brachte sie zusehends aus dem Gleichgewicht. „Ich glaube kaum, dass deine jungfräuliche Aura imstande wäre, dich gegen einen Kopfgeldjäger zu schützen.“ Er harrte einer bissigen Erwiderung, doch sie blieb aus. Ihre Lider zuckten, sie sah blass aus. Der emotionale Schlagabtausch brachte beileibe nichts, er konzentrierte sich wieder auf das Notwendige. „Ich werde dir jetzt die Halswunde verschließen.“
Ihre Lippen bebten. „Vorher beantwortest du mir eine Frage.“
Lyon blickte sie ausdruckslos an.
„Der Prior und du, seid ihr … Vampire?“
Kurz überlagerte Erleichterung seine Besorgnis. „Ja, sind wir.“
„Wo … woher hast du die Kleidung? Magie?“
„ Eine Frage.“ Er legte den Kopf ein wenig schräg.
„Bitte.“ Ihre Stimme zitterte leicht.
Wie könnte er ihr etwas abschlagen? „Ich habe sie mir besorgt.“
„Wieso war sie weg?“
„Verwandele ich mich ohne meine Aura, ist danach nichts wie vorher.“
„Oh, im Wald hast du mir … ja. Verstehe. Und ich werde zu dem – dem, was du bist?“ Sie wirkte nicht so, als wenn sie ihm Glauben schenkte.
„Ja.“
„Und diese wundervolle Grotte ist ein Vampirgeheimnis?“
„Nein, ein Amorphengeheimnis.“
„Wie heißen eure … unsere … na, die anderen eben?“
„Magycen.“
„Und …“
Lyon hob lächelnd eine Hand und deutete eindringlich auf ihre blutende Wunde.
Sie nickte, stellte dennoch eine weitere Frage. „Und du tust mir nicht weh?“
Gott, ihre Worte klangen so verletzlich. Sein Bedürfnis wuchs mit jeder Minute, sie einfach in den Arm zu nehmen, ihre Nähe aufzusaugen und ihr gleichzeitig seine zu schenken. „Nein, niemals. Ich werde ganz sanft sein.“
Sie schluckte. „Gut.“ Ihr Puls ging immer noch schnell. Sie musterte ihn. „Das ist irgendwie eklig.“
Sein Lächeln verbreiterte sich. „Finde ich ganz und gar nicht.“
„Okay.“ Sie seufzte leise. „Dann, bitte. Mach’s.“
Seine Kehle schien zu eng zum Schlucken, als seine Gier in Form eines Orkans erwachte und ihn fast überrumpelte. Sie erlaubte es ihm! Er trat zu ihr, hob sie unter den Achseln in den Stand und strich das blutverklebte Haar zur Seite. Ihr erotischer Duft betörte seine Sinne, brachte seinen Kiefer, seine Reißzähne zum Vibrieren. Er zischte vor Anstrengung, sein Verlangen nach ihrem Blut zurückzudrängen. Mehr, er wollte mehr! Sanft, beschwor er sich. Sanft, wie sie es verdiente. Ihr Sog glich dem arktischen Magnetpol. Er legte behutsam ihren Kopf seitlich und leckte langsam mit der Zungenspitze über die tiefe Bisswunde des Magycen.
Auf ein solches Feuerwerk in seinem Inneren war er nicht vorbereitet. Halt suchend drückte er ihren Körper an sich. Funken stoben durch seine Nervenbahnen, explodierten überall und ließen ekstatische Wellen der Leidenschaft in jeden Winkel schwappen. Die Intensität der Gefühle berauschte ihn wie eine unbekannte Droge. Er schwankte, presste das Gesicht in ihre Haarpracht. Ihr Stöhnen drang an sein Gehör und sein Schwanz wurde steinhart. Sie schmiegte sich an ihn. Konnte das real sein? Sicher nur seine Wunschvorstellung.
„Lyon?“ Sie vergrub den Kopf an seiner Brust.
Er umfasste ihren Hinterkopf mit beiden Händen. Ein Feuer brannte in ihren Iris. Sie stand wirklich kurz vor ihrer Wandlung zum Amorphen, veränderte sich mit jedem Tag. Ihr Duft raubte ihm den Verstand. Sie roch erregt. Ein Zittern überlief ihn.
Adina stieß hart Luft aus, als ihr Blick an seinen ausgefahrenen Reißzähnen haften blieb. Er versuchte, sie einzuziehen, doch ihre Wirkung auf ihn war zu stark.
„Lyon?“
„Ja?“ Er krächzte. Gesicht vor Gesicht. Er hatte noch nie einem Menschen sein wahres Antlitz gezeigt. Beschämende Gefühle überschwemmten ihn. Er kniff die Lider zusammen, starrte auf sie hinab. „Du siehst meine Fratze.“
Ihre Augen weiteten sich, erst dann wanderte ihr Blick zu den drei dicken Narben, die seine linke Gesichtshälfte entstellten. Sie überging seine Feststellung, als wäre
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