Lyon - A.M.O.R. 01
r minrote Nebelschleier vor der Weite des schwarzen Universums vorüber, schien Lyon in aufwühlenden Gedanken versunken. Entfachte allerdings das rubinrote Feuer in ihnen, schmolz sie dahin, verloren und getragen zugleich auf erotischen Wogen.
Adina biss sich auf die Unterlippe. Okay, Lyon war ihr schon ganz recht.
Das Gefühl, als er ihre Nähe zugelassen hatte, als sie sich an den Händen haltend auf wundersame Weise vereinten, überwältigte sie.
Okay, verbesserte sie sich in Gedanken, er war ihr mehr als recht. Lyon b e rührte ihr Herz, obwohl er sich benahm wie ein Hornochse. Zumindest manchmal. Wenn sie nur an die magischen Momente dachte, die er sie hatte erleben lassen, wenn er ihr Vertrauen schenkte, das verschmitzte Funkeln in seinen Augen, wenn er lächelte, an sein seidiges Haar, seinen Duft, seine stä h lernen Muskeln und den hart-erotischen Griff … wollte sie sofort zu ihm z u rück, um sich in seine starken Arme zu werfen, sich an seine männliche Brust zu schmiegen. Würde die Angst vor Bevorstehendem und Ungewissem sie nicht derart lähmen.
Eigentlich hatte sie keine Probleme mit dem Mysteriösen. Gab es eben Vampire. Und? Aber musste ausgerechnet sie zu einem werden? Noch dazu ausgerechnet zu einem Amorphen, denen Kopfgeldjäger auf den Versen w a ren, um sie zu töten, und deren Zukunft so verheißungsvoll aussah wie ein Fass voller Pech.
Sie ließ Wasser über die Narben an ihren Handgelenken laufen. Da hatte j e mand die Kontrolle verloren, hörte nicht auf ihr Bitten und Flehen, das G e schehen abzubrechen. Nicht für alle galt einvernehmlicher Sex als Grundlage, wenn es richtig zur Sache ging. Seitdem hatte sie sich keinem außer Emanuel hingegeben und das schien eine Ewigkeit her. Wie würde es mit Lyon sein, falls sie zur Amorphin mutierte und er sich nicht mehr zurückhalten musste?
Adina rasierte sich die Beine, schnitt sich, weil sie zu viel grübelte. Frustriert stieg sie aus der Duschkabine und trocknete sich ab, doch ihr brach sogleich wieder der Schweiß aus. Niedergeschlagen plumpste sie auf den breiten Rand der Badewanne und rieb sich das Brustbein. Ihr blieb keine Wahl. Sie verä n derte sich zu dem, was das Schicksal für sie gewählt hatte – ein Vampir. Sie sollte endlich anfangen, sich damit abzufinden und sich von der Welt, wie sie sie kannte, verabschieden. Die Fieberschübe und diese Herzschmerzen traten unleugbar immer häufiger auf.
Sie hielt inne. Tastete über ihre Vorderseite, drückte und fühlte, starrte auf ihre Finger. Der stärker gewordene Druckschmerz lag viel zu hoch. Das war nicht ihr Herz.
Zymon-Ki wandelte sich in Nebel und verließ das Kloster, die weitläufigen Kiefernwälder, folgte seinem Instinkt, seinem Wissen Richtung New York. Er war für keine Kollision mit einem Amorphen mehr geschaffen. Selbst bei e i nem frisch Verwandelten würde er den Kürzeren ziehen. Sie verfügten über eine ungeheure Palette an Formen und anderen magischen Fähigkeiten. Und er, er fühlte sich, als würde er zum Menschen mutieren. Er musste überlegt handeln. Wie er dem abgehörten Gespräch entnehmen konnte, hatte sein Ziel ob jekt einen Beschützer an der Seite und sein Kontaktmann hatte ihm dies soeben bestätigt.
Sein Jagdinstinkt, sein Denkapparat und der einfache Zustand des Dunstes funktionierten einwandfrei. Ihr Geschmack und ihr Geruch wiesen ihm den Weg. Zymon-Ki wusste nicht, wie die Zielperson aussah, nicht, welche Kle i dung sie trug oder was ihr Beruf war. Aber alles andere hatte er dem Miniblu t ausstrich entnommen: Blutgruppe A, Rhesusfaktor positiv, um die dreißig, schlank, aber keine Sportlerin, sie wohnte in einer Großstadt, lebte von viel Gemüse und Fast Food, aß aber zu wenig Obst, ihr Laster schien der Rotwein, sie rauchte nicht, gegen Röteln und Mumps war sie immun, keine Hämophilie oder Zytose, seit ihrem dreizehnten Lebensjahr hatte sie ihre Periode, kein Kind, ihr Immunsystem arbeitete normal, Sauer- und Nährstoffe ausgewogen, die Temperatur bereits erhöht. Sie würde sich ungünstigerweise demnächst in seinen Feind verwandeln. Sie war ein Amorph und er ein Kopfgeldjäger – die keine Gnade kannten.
Zu Beginn des Krieges 1250 war er im jungen Alter von 68 Jahren der A r mee beigetreten und hatte sich mit Beendigung als Jäger anwerben lassen, um sich der Amorphenjagd anzuschließen. Jahrhunderte hielt er einfach seine Si n ne in den Wind, witterte ihre Fährten, lieferte sie ab, kassierte. Er war gut, ziemlich
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