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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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begonnen, einen Tunnel unter der Ebene zu einem mit dichtem Buschwerk und Eichen bewachsenen Hügel etwa eine Viertelmeile vor der Steilböschung vorzutreiben. Dieser Tunnel war ein Projekt, das unter größter Geheimhaltung durchgeführt wurde. Die einzigen, die davon wußten, waren ein paar ausgewählte hochrangige Ska und die, die den Tunnel gruben: Skalinge der Kategorie sechs – Widerspenstige.
    Nach der Ankunft auf Poëlitetz wurden Aillas, Yane und Cargus einer flüchtigen Untersuchung unterzogen. Danach wurden sie statt, wie erwartet, verstümmelt oder kastriert zu werden – zu einer Baracke geführt, in der eine Mannschaft von vierzig Skalingen in strenger Isolation gehalten wurde: der Tunnelbautrupp. Sie arbeiteten in Schichten von zehneinhalb Stunden, mit drei Ruhepausen von je einer halben Stunde Dauer. In der Baracke wurden sie von einem Zug Elitesoldaten der Ska bewacht. Jeglicher Kontakt mit anderen Personen von Poëlitetz war ihnen untersagt. Ihnen allen war klar, daß sie Angehörige eines Todeskommandos waren. Sobald der Tunnel vollendet war, würde man sie töten.
    Mit der Gewißheit des Todes vor Augen, riß sich keiner der Skalinge bei der Arbeit ein Bein aus, eine Haltung, die hinzunehmen die Ska einfacher fanden, als sie zu bekämpfen. Solange die Arbeit ordentlich voranschritt, ließ man die Skalinge in ihrem eingespielten Trott gewähren. Der tägliche Ablauf war stets der gleiche. Jeder Skaling hatte seine festgelegte Aufgabe. Der Tunnel, der fünfzehn Fuß unter der Erdoberfläche verlief, ging durch Brandschiefer und komprimierten Sand. Vier Mann gruben vor Ort mit Picken und Hacken. Drei Mann schippten den Abraum in Körbe. Diese wurden auf Karren geleert, welche durch den Tunnel bis zum Eingang zurückgerollt und dort in große Kästen geleert wurden. Die Kästen wurden von einem Kran emporgehoben, über einen Wagen geschwenkt, ausgeleert und wieder heruntergelassen. Ein von einer Ochsenwinde angetriebener Blasebalg blies durch einen ledernen Schlauch frische Luft zum Tunnelende. Die Decke und die Seitenwände des Tunnels wurden mit geteerten Zedernholzbalken verschalt.
    Alle zwei oder drei Tage korrigierten Baumeister der Ska vermittels zweier Richtschnüre die Vortriebsrichtung des Tunnels und ermittelten mit einer Wasserwaage 25 die horizontale Abweichung.
    Ein Ska-Aufseher überwachte die Skalinge zusammen mit zwei Soldaten, die, falls nötig, Disziplin erzwingen sollten. Der Aufseher und die Wachen zogen es jedoch in der Regel vor, sich am offenen Ende des Tunnels aufzuhalten, wo die Luft kühl und frisch war. Anhand der Geschwindigkeit, mit der sich die Wagen mit Abraum füllten, konnte der Aufseher abschätzen, mit welchem Elan die Skalinge zu Werke gingen. Wenn die Arbeit gut voranging, bekamen die Skalinge gut zu essen und tranken Wein zu ihren Mahlzeiten. Wenn sie trödelten, wurden ihre Rationen kleiner.
    Zwei Schichten wechselten sich im Tunnel ab: von Mittag bis Mitternacht und von Mitternacht bis Mittag. Keine von beiden besaß gegenüber der anderen einen Vorzug. Die Skalinge sahen so oder so niemals die Sonne, und sie wußten, daß sie sie niemals wiedersehen sollten.
    Aillas, Cargus und Yane wurden der Mittag-Mitternacht-Schicht zugeteilt. Sofort begannen sie über Fluchtmöglichkeiten nachzudenken. Die Aussichten waren noch entmutigender als die auf Burg Sank. Außerhalb der Schicht machten schwer verriegelte Tore und achtsame Wächter jede Flucht unmöglich, und der Tunnel, in dem sie arbeiteten, bot ebenfalls kein Schlupfloch zum Entkommen.
    Nach nur zwei Arbeitstagen sagte Aillas zu Yane und Cargus: »Wir können entkommen. Es ist möglich.«
    »Dann siehst du mehr als ich«, meinte Yane. »Oder als ich«, sagte Cargus.
    »Es gibt nur ein Problem. Wir brauchen die Mitarbeit der ganzen Schicht. Es stellt sich die Frage: Sind manche schon so gebrochen, daß sie uns verraten könnten?«
    »Welches Motiv sollten sie dazu haben? Jeder sieht seinen eigenen Geist vor sich tanzen.«
    »Manche Menschen sind von Natur aus Verräter. Es bereitet ihnen Vergnügen, andere zu verraten.«
    An der Wand der Kammer hockend, in der sie ihre freien Stunden verbrachten, nahmen die drei ihre Kameraden einen nach dem andern in Augenschein. Schließlich sagte Cargus: »Wenn wir gemeinsam die Flucht ins Auge fassen, wird es keinen Verrat geben.«
    »Wir müssen es darauf ankommen lassen«, sagte Yane. »Wir haben keine andere Wahl.«
     
    Vierzehn Mann arbeiteten in ihrer Schicht, dazu

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