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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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sich auch frisch ans Werk und las
Lagronius' Chroniken
und
Erinnerungen an Nausicäa
und begann sogar, sich durch die
Illias
zu quälen, aber die wehmütigen Träume und Stimmungen suchten sie jetzt immer öfter heim, und sie verlor die Lust am Lesen.
    Wenn der See still und blau im Sonnenglast lag, ruderte sie gern hinaus und genoß es, in vollkommener Einsamkeit und Abgeschiedenheit auf dem Rükken zu liegen und den weißen Wolken nachzuschauen. Es gab keinen süßeren Zeitvertreib; sie hatte das Gefühl, eins zu werden mit dieser Welt, die sie sosehr liebte. Manchmal wurden die Gefühle übermächtig, und sie richtete sich schnell auf und saß da, die Arme um die Knie geschlungen, und weinte, tief gerührt und bewegt vom Glück dieser stillen, friedlichen Momente.
    So schwelgte Glyneth in romantischen Glücksräuschen, und bisweilen fragte sie sich, ob sie vielleicht jemand bezaubert hatte. Dame Flora begann sich nebelhaft zu sorgen, weil ihr Schatz Glyneth noch nicht einmal auf einen Baum geklettert oder über Zäune gesprungen war.
    Die Tage verstrichen, und Glyneth begann sich einsam zu fühlen. Gelegentlich ritt sie ins Dorf und besuchte ihre Freundin, die Lady Alicia, in Haus Schwarzeiche. Oft spazierte sie auch ins Wildholz und sammelte Erdbeeren.
    An dem Tag, bevor Dhrun zurückkehren sollte, stand Glyneth früh auf und beschloß nach einigemÜberlegen, Erdbeeren zu sammeln. Sie gab Dame Flora einen Abschiedskuß, nahm ihren Korb und brach zum Wildholz auf.
    Zu Mittag war Glyneth noch nicht nach Watershade zurückgekehrt; als sie auch bei Sonnenuntergang noch nicht da war, machten sich die Knechte und Mägde auf, sie zu suchen. Sie fanden nichts.
    Gleich am nächsten Morgen wurde ein Bote nach Domreis entsandt; er begegnete unterwegs Dhrun, und beide ritten in großer Hast nach Miraldra.
     

Kapitel 10

I
    Aillas sah sich durch die Besetzung Suarachs durch die Ska vor mehr als nur ein militärisches Dilemma gestellt; der Akt, so kalt überlegt und berechnet, bedeutete für ihn auch eine persönliche Demütigung. In den Augen der Ulfländer erforderte eine solche Provokation zwingend schärfste Vergeltung, da einer Person, der durch einen anderen absichtlich und bewußt Schmach bereitet worden war, der Geruch der Schande so lange anhaftete, bis sie ihren Feind bestraft hatte oder bei dem Versuch ums Leben gekommen war. Daher fühlte sich Aillas besudelt und mit dem Makel der Schande behaftet, und er wußte, daß alle Augen auf ihn gerichtet waren.
    Aillas übersah die versteckte Aufmerksamkeit so gut wie möglich und trieb die Ausbildung seiner Brigaden mit noch größerem Eifer voran. In jüngster Zeit hatte er einen erfreulichen neuen Geist unter den Truppen bemerkt: eine Munterkeit und Exaktheit, wo bisher der ulfische Schlendrian und der Unwillen, sich nach ungewohntem Takt zu bewegen, vorgeherrscht hatten. Diese Veränderungen schienen ein widerwilliges Vertrauen in die Kampfkraft der Armee widerzuspiegeln. Aillas fragte sich immer noch, wie es wohl um ihre Zähigkeit und Widerstandskraft bestellt sein würde, wenn sie sich den wuchtigen und mit gnadenloser Genauigkeit vorgetragenen Anstürmen der Ska gegenübersehen würden, die in der Vergangenheit nicht nur nordulfische Heere, sondern auch godelische und dautische Armeen von überlegener Zahl vernichtet hatten.
    Es war ein unbarmherziges Problem, das keine bequemen Lösungen zuließ. Wenn Aillas eine Auseinandersetzung riskierte und diese zu seinen Ungunsten ausging, wäre die Moral seiner Truppen zerstört, und er würde seine Glaubwürdigkeit als Befehlshaber verlieren. Als die Ska Suarach okkupierten, spekulierten sie ganz offensichtlich darauf, ihn zu einer leichtsinnigen Schlacht zu verlocken, bei der ihre schwere Reiterei die ulfische Armee zerschmettern konnte, wie ein Hammer eine Nuß zertrümmert. Aillas hatte nicht die Absicht, ein solches Gefecht zu riskieren, und schon gar nicht zu diesem Zeitpunkt. Andererseits, wenn er zu lange wartete, bevor er in irgendeiner Weise reagierte, lief er Gefahr, daß die Ulf, die von ihrem Temperament her bei Provokationen zu rascher und harter Vergeltung neigten, ihren Biß verloren und lustlos wurden.
    Sir Pirmence, der mit einem Aufgebot frisch ausgehobener Rekruten aus den Hochmooren zurückkehrte, bestärkte Aillas noch in seinen Befürchtungen. »Ihr werdet sie niemals besser ausbilden, als sie jetzt sind«, sagte Pirmence. »Sie müssen sich selbst erproben und sich vergewissern, daß Eure

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