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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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kehrte zum Anger zurück; das Pferd, das Zuck geritten hatte, führte er am Zügel hinter dem Wagen her.
    Er gab das Roß seinem Eigentümer zurück, und dieser fragte erstaunt: »Und wo ist der brave Zuck, der so geschwind davongeritten ist?«
    »Er will eine neue Warengattung begutachten«, sagte Yossip. »Ich muß derweilen den Stand versorgen.«
    »Das ist eine große Verantwortung für einen unerfahrenen Frischling wie dich! Wenn du auf Schwierigkeiten stoßen solltest, oder wenn du den Verdacht hast, daß dich jemand betrügt, dann rufe mich, und ich will die Sache wohl richten!«
    »Ich danke Euch, Herr! Da bin ich sehr erleichtert.«
    Es war immer noch zwei Stunden vor Sonnenuntergang. Yossip öffnete den Stand wieder, stellte die Blumen in Vasen und legte die grüne Perle nach kurzem Zögern in die Auslage auf einen Teller in einem der hinteren Regale. »Es ist ein wunderbares Kleinod«, sagte er bei sich. »Doch was nützt es mir? Ich bin keiner, der Ohrringe oder anderen Schmuck trägt. Nun, wir werden sehen. Das Kleinod muß einen guten Preis erzielen, oder ich verkaufe es nicht.«
    Am Morgen erschien Melancthe schon in aller Frühe und schaute hierhin und dorthin. Sie sah die Blumen und stieß einen Schrei des Entzückens aus. »Wo ist der gute Zuck?«
    »Er sucht neue Waren aus«, behauptete Yossip. »Der Stand ist in meiner Obhut.«
    »Wenigstens hat er Blumen für mich gefunden! Bring sie her; sie sind mein und nur mein. Niemand sonst darf sie kaufen.«
    »Wie Ihr es wünscht, o Herrin.«
    Melancthe nahm die Blumen in Besitz. Sie waren in der Tat von erstaunlicher Besonderheit und hatten Farben, die unter der Wucht ihrer Natur zu vibrieren schienen. Jede war anders, jede strahlte eine unverwechselbare Persönlichkeit aus. Die erste: Ein grelles Orangegelb, durchmischt mit Zinnoberrot, Pflaumenblau und Schwarz. Die zweite: Seegrün mit purpurnem Leuchten unter einem Glanz von käferschwarzem Blau. Die dritte: Schwarz und hart mit Stacheln von scharfem Ockergelb und einem scharlachroten Flausch in der Mitte. Die vierte: Ein Dutzend konzentrischer Ringe von kleinen Blütenblättern, abwechselnd rot, weiß und blau.
    Melancthe fragte nicht nach dem Preis. Sie warf vier goldene Kronen auf den Ladentisch. »Wann hast du mehr von diesen Blumen?«
    Yossip sah gleich, woher der Wind wehte. Zuck hatte ihn auch über den Umfang getäuscht; er war größer, als Yossip sich vorgestellt hatte. Wohl oder übel konnte er aber nun nicht ein zweitesmal bestraft werden. Yossip überlegte. »Morgen, gute Dame, habe ich vielleicht mehr Blumen.«
    »Vergiß nicht, sie müssen mir allein vorbehalten bleiben! Ich bin fasziniert von ihrer bizarren Vielfalt.«
    »Wenn Ihr Euch ihres Besitzes fest versichern wollt«, sagte Yossip geschmeidig, »so rate ich Euch, auf der Stelle eine hinreichende Summe Goldes anzuzahlen; sonst mag es sein, daß morgen jemand früher da ist als Ihr.«
    Verachtungsvoll warf Melancthe noch einmal fünf Kronen von gelbem Gold auf die Theke, und damit war der Handel besiegelt.
    Die Dämmerung senkte sich über den Anger. Lampen hingen in den Bäumen, und eine Vielfalt von Leuten, die die Nacht dem Tage vorzogen, schlenderten nun zwischen den Ständen umher und schacherten um Dinge, die ihr Interesse erregten.
    Im Gasthof nahm Melancthe ein bescheidenes Mahl zu sich, einen Hühnerflügel und eine Pastinake, in Honig und Butter gedünstet. Dann setzte sie sich vor ihre Blumen, die sie in vier Vasen gestellt hatte, um sie nacheinander oder alle zusammen, ganz nach Belieben, zu bewundern.
    Ein düsterer, dunkelhaariger Herr in prachtvollen Gewändern, der sich durch einen säuberlichen Schnurrbart, einen kurzen Kinnbart und scharfgeschnittene Züge auszeichnete, näherte sich ihrem Tisch. Er verneigte sich, nahm den Hut ab und setzte sich ohne weiteres auf einen Stuhl.
    Melancthe erkannte Tamurello, aber sie sagte nichts. Neugierig musterte er die Blumen. »Höchst faszinierend, und, wie ich glaube, einzigartig! Wo wachsen solche außergewöhnlichen Blumen?«
    »Was das angeht, so kann ich es nicht mit Sicherheit sagen«, antwortete Melancthe. »Ich kaufe sie an einem Stand auf dem Markt. Beschnuppere sie nur, eine nach der anderen. Jede riecht anders; jede trägt in ihrem Duft eine ganze Kaskade von Bedeutungen, und Bedeutungen von Bedeutungen; jede ist ein ganzes Festspiel von subtilen und namenlosen Düften.«
    Tamurello roch nacheinander an jeder Blume, und dann noch einmal. Er betrachtete sie mit

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