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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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eher den Verdacht, daß ihre erste Zählung bei Ebbe durchgeführt wurde; später dann, als Flut herrschte, nahmen sie ihre zweite Zählung vor und wurden so in die Irre geführt.«
    »Das ist eine praktische Erklärung«, stimmte ihm Murgen zu. »Sie scheint vernünftig.« Er warf Shimrod einen fragenden Blick zu. »Du trinkst nur spärlich. Ist das Bier dir zu dünn?«
    »Überhaupt nicht. Ich möchte bloß meine Sinne zusammenbehalten. Es wäre doch wohl sehr komisch, wenn wir beide benebelt einschliefen und beim Erwachen nicht sicher wären, wer von uns wer ist.«
    Murgen nahm einen Schluck aus seinem Seidel. »Die Gefahr ist gering.«
    »Gewiß. Dennoch möchte ich einen klaren Kopf behalten, bis ich erfahre, warum du mich nach Swer Smod gerufen hast.«
    »Warum wohl? Ich brauche deine Hilfe.«
    »Die kann ich dir nicht abschlagen und täte es nicht, selbst wenn ich könnte.«
    »Gut gesprochen, Shimrod! Ich will zur Sache kommen. Im wesentlichen geht es darum, daß ich über Tamurello verärgert bin. Er stößt sich an meiner Autorität und probt seine Macht an meiner; letztendlich hofft er natürlich, mich zu vernichten. Im Moment ist sein Wirken scheinbar belanglos, ja geradezu neckisch, doch wenn ihm kein Einhalt geboten wird, könnte es gefährlich werden, nach dieser Analogie: ein Mann, der von einer einzelnen Wespe angegriffen wird, hat wenig zu befürchten; so ihn aber tausend Wespen überfallen, ist er verloren. Ich kann Tamurellos Wühlen nicht die Aufmerksamkeit widmen, die ihm gebührt; das würde mich von anderen Werken von großer Wichtigkeit ablenken. Daher übertrage ich diese Aufgabe dir. Zumindest wird deine Wachsamkeit ihn in dem Maße ablenken, wie er mich abzulenken hofft.«
    Shimrod schaute stirnrunzelnd ins Feuer. »Es wäre klüger, ihn zu vernichten – ein für allemal.«
    »Das ist leichter gesagt als getan. Ich würde als Tyrann dastehen, so daß die anderen Magier womöglich beschließen würden, einen Schutzbund gegen mich zu formen, mit unvorhersehbaren Folgen.«
    Shimrod fragte: »Wie soll ich ihn überwachen? Worauf muß ich achtgeben?«
    »Ich werde dich zu gegebener Zeit in Kenntnis setzen. Doch nun erzähl mir, wie sich die Dinge in Süd-Ulfland entwickeln!«
    »Da gibt es nicht viel zu berichten. Aillas bildet ein Heer von Einheimischen aus und hat damit bisher beachtlichen Erfolg. Wenn er schreit: ›Rechts um!‹, tun die meisten das auch. Ich habe den Versuch unternommen, eine gesellige Beziehung zu Melancthe zu begründen, indes ohne Erfolg. Sie findet, ich lasse mich zu sehr vom Verstand lenken. Gewiß könnte ich eher ihren Beifall finden, wenn ich beschlösse, die vierte Stimme in ihrer Chorgruppe zu übernehmen.«
    »Interessant! Melancthe ist also musikalisch?«
    Shimrod berichtete von seinen Erlebnissen in der Nacht des abnehmenden Halbmondes. Dazu bemerkte Murgen: »Melancthe ist beklagenswert verwirrt, was ihre Identität angeht; Desmëi ließ diese absichtlich leer, aus Rache gegen die männliche Rasse.«
    Shimrod starrte finster ins Feuer. »Ich werde nicht mehr an sie denken; sie ist, wie sie ist.«
    »Ein weiser Entschluß. Doch nun zu Tamurello ...« Murgen instruierte Shimrod, woraufhin dieser sich verabschiedete und erneut auf den Winden davonritt, diesmal nach Südosten, nach Trilda, seinem Haus am Rande des Waldes von Tantrevalles.
     

V
    Die alte Straße durchquerte Lyonesse vom Kap des Wiedersehens im Westen nach Bulmer Skeme im Osten. An einem Punkt auf halbem Wege, nicht weit von dem Dorf Tawn Twillett, zweigte ein Pfad nachNorden ab. Über Berge und durch Täler führte dieser Pfad, vorbei an Weißdornhecken und alten Steinmauern, vorbei an verschlafenen Gehöften und über eine niedrige Steinbrücke, die den Fluß Sipp überspannte. Nach dem Eintritt in den Wald von Tantrevalles schlängelte sich der Pfad noch für eine Meile durch Sonne und Schatten, dann mündete er in die Lally-Wiese, führte an Shimrods Haus Trilda vorbei und endete schließlich am Lally-Wasser am Anlegeplatz eines Holzfällers.
    Das hervorstechende Merkmal von Trilda, einem Landhaus aus Stein und Holz mit einem großen Blumengarten, waren die sechs Fenster in seinem hohen Giebeldach, die sich paarweise auf die drei Schlafzimmer im oberen Stockwerk verteilten. Das Untergeschoß bestand aus einem Foyer, zwei Salons, einem Speisezimmer, vier Schlafzimmern, einer Bibliothek, die zugleich als Arbeitszimmer diente, einer Küche, an die sich eine Speisekammer und eine Anrichte

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