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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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anschlossen, sowie diversen Räumlichkeiten sanitärer Natur. Vier Erker mit diamantnen Fenstern gingen zum Vorgarten hinaus, und das gesamte Glas aller Fenster war mit Bannsprüchen niedriger Ordnung verhext, so daß sie allzeit blitzten und klar blieben und weder von Schmutz noch von Fliegendreck, noch von Staub getrübt wurden.
    Trilda war von Hilario geplant worden, einem unbedeutenden Magier mit vielen drolligen Einfällen, und erbaut worden war es in einer Nacht von einer Truppe von Goblin-Zimmerleuten, die sich für ihre Arbeit mit Käse entlohnen ließen. Einige Zeit später war Trilda in den Besitz von Murgen übergegangen, und der hatte es schließlich Shimrod geschenkt. Ein altes Bauernpaar hegte in Shimrods Abwesenheit die Gärten und hielt die Räume in Ordnung, mit Ausnahme des Arbeitszimmers, um das sie einen großen Bogen machten, als ob Dämonen hinter der Tür lauerten – eine Überzeugung, die Shimrod ihnen bewußt eingeimpft hatte. Die Kreaturen, die in der Tat dort standen und mit ihren gebleckten Fangzähnen und hocherhobenen schwarzen Pranken einen gar furchterregenden Anblick boten, ähnelten zwar Dämonen, waren aber lediglich harmlose Trugbilder.
    Bei seiner Ankunft in Trilda fand Shimrod alles zu seiner vollen Zufriedenheit vor. Die Haushälter hatten alles bis in den letzten Winkel peinlich sauber gehalten. Die Möbel glänzten von Bienenwachs und eifrigem Wienern; das Linnen lag frisch geplättet und nach Lavendel duftend in den Truhen und Schränken.
    Das einzige, was Shimrod zu beanstanden hatte,war ein Übermaß an Ordnung und Pingeligkeit. Er riß Türen und Fenster auf, damit frische Luft von der Wiese hereinströme und den abgestandenen Geruch vertreibe, und dann ging er von Raum zu Raum und rückte hier und schob da etwas zurecht, um die unerbittliche Exaktheit ein wenig aufzulockern, die seine Haushälter den Räumen aufgezwungen hatten.
    In der Küche angekommen, entzündete Shimrod ein Feuer und braute sich eine Kanne Tee, welchen er mit Poleiminze und Zitronen-Verbene würzte und sodann in seinen Tagessalon brachte.
    Trilda schien sehr still. Von der Wiese kam das
Tschirptschitschi
einer Lerche. Als ihr Lied verklungen war, wirkte die Stille tiefer denn je.
    Shimrod nippte an seinem Tee. Früher einmal, so erinnerte er sich, war die Einsamkeit ein Abenteuer gewesen, zu genießen um seiner selbst willen. Seitdem hatten die Ereignisse ihn verändert; er hatte die Fähigkeit zu lieben in sich entdeckt, und er hatte sich an die fröhliche Gesellschaft von Dhrun und Glyneth gewöhnt und seit jüngerer Zeit auch an die von Aillas.
    Melancthe? Shimrod grunzte vieldeutig. In Verbindung mit Melancthe schien das Wort ›Liebe‹ eine höchst zweideutige Bedeutung zu haben. Schönheit nötigte Bewunderung und erotisches Verlangen ab; solches war ihre organische Funktion. Doch vermochte sie niemals aus sich selbst heraus Liebe hervorzurufen, so versicherte sich Shimrod. Melancthe war eine Hülse, innerlich leer. Melancthe war nicht mehr als ein warmes atmendes Symbol großer Macht. Zu intellektuell sei er? Shimrod stieß ein verächtliches Schnauben aus. Erwartete sie, daß er nicht dachte?
    Shimrod trank erneut einen Schluck von seinem Tee. Die Zeit war gekommen, daß er seine Besessenheit beiseite schob und sich der Aufgabe widmete, die Murgen ihm übertragen hatte: eine Aufgabe, die ihm vielleicht mehr Aufregung bringen würde, als ihm lieb war, so daß er dann später womöglich noch einmal mit Sehnsucht an dieses friedliche Zwischenspiel zurückdenken würde.
    Murgen hatte ihn auf einiges gefaßt gemacht: »Du wirst Tamurellos Aufmerksamkeit und Zorn erregen! Du wirst ihn grob in seinem Wirken stören! Das sind keine Kleinigkeiten: Begeh ja keinen Fehler! Er wird Mittel und Wege finden, grobe oder feine, um sich zurächen, und du mußt auf Überraschungen jedweder Art vorbereitet sein!«
    Shimrod schob den Tee beiseite; er beruhigte ihn nicht länger. Er ging zu seinem Arbeitszimmer, entließ die Wächter aus ihrer Pflicht und trat ein. Der Raum war treffend bezeichnet: allenthalben lag Arbeit, die ihrer Erledigung harrte. Auf dem Tisch in der Mitte stapelten sich Gegenstände, die in Tintzin Fyral konfisziert worden waren: thaumaturgische Apparaturen,
materia magica
, Bücher und Gerätschaften, die es allesamt zu inspizieren und zu klassifizieren galt.
    Shimrods erste und dringendste Pflicht war es indes, die nötigen Maßnahmen für Tamurellos lückenlose Überwachung zu treffen,

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