Lyonesse 2 - Die grüne Perle
Geburt?«
»Herr, ich habe keine Kenntnis über meine Herkunft, wenngleich gewisse Anzeichen mir zu vermuten geben, daß ich die illegitime Frucht einer herzöglichen Liebschaft war. Meine frühesten Kindheitserinnerungen gehen zurück auf einen Bauernhof im hohen Norden von Dahaut, hart an der Grenze zu Wysrod. Als namenloser Findling ward ich in ein Leben von verdummender, hirnloser Plackerei gepreßt. Zu gehöriger Zeit floh ich den Bauernhof und verdingte mich zuerst als Diener, dann als Lehrling bei dem Magier Hippolito in Maule. Ich lernte Axiome und Prinzipien der Großen Kunst; ich war auf dem besten Wege zu großen Taten!
Doch leider ist nichts jemals von Dauer. Vor zehn Jahren, am Glamusabend, flog Hippolito auf einer Dachschindel von Maule fort und kam nie mehr zurück. Nach einer angemessenen Frist übernahm ich die Herrschaft über das Anwesen, und vielleicht war ich zu kühn, aber das ist meine Art; ich marschiere zu einer Musik, die gewöhnlichen Ohren verborgen ist! Schmetternde Trompeten, schallende ...«
König Casmir machte eine unwirsche Geste. »Mich interessieren weniger Eure inneren Klänge als konkrete Einzelheiten Eurer Fähigkeiten.«
»Sehr wohl, Herr. Mein Ehrgeiz erregte den Groll eines eifersüchtigen Klüngels, und ich mußte um mein Leben fliehen. Ich spannte Hippolitos eisenbeinige Ziege vor einen Karren und sprengte in wildem Galopp von Maule fort. Alsbald verbündete ich mich mit Tamurello, und wir unterwiesen einander in unseren speziellen Fähigkeiten und Lehren.
Im Augenblick bin ich ohne feste Beschäftigung, und als Tamurello Eure Nöte erwähnte und mich bat, Euch aus Euren Schwierigkeiten zu helfen, erklärte ich mich sofort einverstanden. Erklärt mir also Eure Probleme, damit ich sie meiner besten Analyse unterziehen kann.«
»Der Fall ist einfach«, sagte König Casmir. »Vor fünf Jahren gebar die damalige Prinzessin Suldrun eine Tochter: die jetzige Prinzessin Madouc. Gewisse Umstände bezüglich der Geburt geben Anlaß zu Mutmaßungen. Zum Beispiel: Ist es möglich, daß Suldrun Zwillinge gebar? Zu dem Zeitpunkt, da diese Angelegenheiten mir zu Ohren kamen, waren sowohl Suldrun als auch der Vater bereits tot.«
»Und Euch bezeugte man die Geburt eines einzigen Säuglings?«
»Ganz recht. Das Kind gelangte zunächst in die Obhut einer gewissen Ehirme, einer Dienstmagd, ehe diese es an ihre Eltern weitergab, von welchen wir es zurückholten. Ich wünsche alle Fakten zu erfahren, die in dieser Sache von Bedeutung sind; seinerzeit habe ich den Fall vernachlässigt.«
»Ah, ha! Wer war der Vater?«
»Dieses Faktum ward nie geklärt. Ich sehe keinen anderen Ansatzpunkt in dieser Sache als die Dienstmagd, die zu jener Zeit ein kleines Gehöft am Lir-long-Pfad im Süden bewohnte. Die Fakten sind nunmehr fünf Jahre alt; ihre Spuren könnten die Zeit überdauert haben.«
»Da bin ich zuversichtlich! Die volle Wahrheit wird gewiß bald ans Licht kommen.«
V
Nach angemessener Frist kehrte Vishbume nach Haidion zurück und berichtete dort, was er herausgebracht hatte. In seiner überschäumenden Begeisterung stürmte er auf König Casmir zu und blieb erst stehen, als er fast auf Tuchfühlung mit dem Monarchen war. Dann reckte er zu allem Überfluß auch noch den Kopf vor. »Ehirme, die Dienstmagd, ist mit ihrer gesamten Familie nach Troicinet übergesiedelt!«
König Casmir wich demonstrativ vor dem ihn dumpfig-feucht umfächelnden Atem Vishbumes zurück und wies auf einen Stuhl. »Setzt Euch ... Troicinet, sagt Ihr. Wo erfuhrt Ihr dies?«
Vishbume setzte sich mit gezierten Bewegungen. »Ich erhielt die Nachricht von Ehirmes Schwester, deren Gespons aus Tooks Loch fischt. Ferner«, – hier legte Vishbume neckisch den Kopf schief –, »erratet Ihr's?«
»Nein. So redet schon!«
»Graithe und Wynes sind die Eltern Ehirmes. Auch sie sind mit Sack und Pack nach Troicinet gezogen. Die Schwester sagt, sie alle lebten in Wohlstand und führten das Leben von Landadligen, und hierin entdecke ich mehr als bloß eine Spur von Neid, welcher die Aussage vielleicht färben mag.«
»In der Tat.« Hier war Raum für Spekulationen. Konnte es sein, daß König Aillas sich für seine persönlichen Angelegenheiten interessierte? »Wie lange leben sie schon in Troicinet?«
»Mehrere Jahre lang. Die Frau vermag keine exakte Zahl zu nennen. Ich glaube, sie hat kein Zeitgefühl.«
»Je nun, egal. Es scheint ganz so, daß Ihr jetzt wohl über den Lir nach Troicinet reisen
Weitere Kostenlose Bücher