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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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soll mir recht sein.«
    »Laß es mich dir zuvor erklären. Sein Name lautet Vishbume. Er ist ein Hexer mit sehr begrenzten Fähigkeiten und gewissen eigenartigen Gewohnheiten, welche womöglich auf gelben Flaum in den Gehirnwindungen zurückzuführen sind. Du mußt über seine Eigenheiten hinwegsehen und exakte Anweisungen geben, da er bisweilen fahrig und zerstreut ist. Vishbume ist bar jeder Skrupel; willst du deine Großmütter erwürgen lassen, so wird Vishbume dir ohne Zögern gefällig sein.«
    Casmir stieß ein skeptisches Grunzen aus. »Kann man seiner Standhaftigkeit vertrauen?«
    »O ja! Hat er einmal damit begonnen, so verfolgt er sein Ziel mit Besessenheit; er ruht und rastet nicht, als würde er von einem stetigen Rhythmus im Kopf vorwärtsgetrieben. Er läßt sich weder von Furcht noch von Hunger oder Fleischeslust abschrecken; er hat keinerlei Interesse an normalen sexuellen Verhaltensweisen, und ich bin nicht einmal neugierig, was seine persönlichen Gepflogenheiten anbelangt.«
    Wieder grunzte Casmir. »Ich interessiere mich nicht für solche Dinge, solange er nur seine Arbeit tut.«
    »Er ist äußerst zielstrebig. Trotzdem: Überwach ihn genau, da er von merkwürdiger Persönlichkeit ist.«
     

IV
    Einmal in jeder Woche saß König Casmir in dem kalten grauen Gerichtssaal neben der alten Großen Halle, um königliches Recht zu sprechen. Sein Stuhl stand auf einem niedrigen Podest hinter einem schweren massiven Tisch, flankiert von zwei Soldaten, die Hellebarden in Hab-Acht-Stellung.
    Zu diesem Anlaß trug Casmir immer eine Mütze aus schwarzem Samt und eine leichte silberne Krone, zusammen mit einem wallenden Umhang aus schwarzer Seide. Dieses Kostüm unterstrich, wie er glaubte – und dies zu Recht –, die Stimmung von düsterer und unerbittlicher Justiz, die schon so schwer über dem Raum hing.
    Während der Zeugenaussagen saß König Casmir regungslos da und starrte den Zeugen mit kalten blauen Augen an. Er verkündete seine Urteile knapp und bündig, in ruhigem, leidenschaftslosem Ton, ohne Rücksicht auf Rang oder Status, und in aller Regel angemessen, ohne extremes oder allzu hartes Strafmaß, auf daß er seinen Ruf im Lande als weiser und gleichmütiger Herrscher mehre.
    Als die Sitzung beendet war, trat ein Unterkämmerer vor den Tisch: »Herr, ein gewisser Vishbume erheischt Audienz; er behauptet, er sei auf Euer Geheiß hier.«
    »Bring ihn her!« Casmir entließ die Gerichtsbeamten mit knapper Handbewegung und hieß die Wächter, ihre Posten vor der Tür einzunehmen.
    Als Vishbume den düsteren ehrwürdigen Saal betrat, sah er sich allein mit dem König. Er trat mit raumgreifenden langen Schritten vor den Tisch, blieb dort stehen und musterte König Casmir mit seelenruhiger, vogelartiger Neugier und ohne das geringste Anzeichen von Ehrfurcht.
    König Casmir wich verwirrt zurück vor Vishbumes prüfendem Blick, den er als respektlos, wenn nicht gar als unverschämt empfand. Er runzelte die Stirn, und sofort setzte Vishbume ein einnehmendes Lächeln auf.
    König Casmir deutete auf einen Stuhl. »Setzt Euch!« Wie Tamurello schon angedeutet hatte, machte Vishbume auf den ersten Blick keinen günstigen Eindruck. Er war hochgewachsen, hatte schmale Schultern, eine hagere Brust und breite knochige Hüften und stand vornübergebeugt, wie in erwartungsvoll-gespanntem Eifer, die bevorstehenden Dienste in Angriff zu nehmen. Kopf und Nase waren schmal und lang; das dünne schwarze Haar wirkte wie auf den Schädel aufgemalt und stand in völligem Kontrast zu der bleichen Haut. Arsenisch anmutende Schattenringe umrahmten die Augen; der Mund hing in schlafflippigen Falten über das spitze Kinn.
    Vishbume nahm Platz. König Casmir fragte: »Ihr seid Vishbume, hierher gesandt von Tamurello?«
    »Der bin ich, Herr.«
    König Casmir faltete die Hände und fixierte Vishbume mit seinem kältesten Blick. »Erzählt mir doch von Euch!«
    »Gern! Ich bin eine Person mit mannigfachen Talenten, von denen manche ungewöhnlich, wenn nicht gar einzigartig sind, wiewohl ich bei oberflächlicher Betrachtung wie eine Person von gewöhnlicher Vornehmheit erscheine. Meine Fähigkeiten übertreffen mein Aussehen; ich bin gerissen und scharfsinnig; ich studiere die geheimen Wissenschaften; ich habe ein unbestechliches Gedächtnis. Ich bin ein Experte im Entschleiern von Geheimnissen.«
    »Das ist ein eindrucksvoller Katalog von Attributen«, sprach König Casmir. »Ich darf annehmen, Ihr seid von edler

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