Lyonesse 3 - Madouc
lassen, aber jetzt erkannte er in ihm unzweifelhaft den jungen Aillas wieder. So war es also gewesen! Wie sehr Aillas ihn hassen mußte! Welch sehnliches Verlangen nach süßer Rache die Seele Aillas' beherrschen mußte!
Casmir stieß ein leises, trauriges Grunzen aus. Die jüngsten Ereignisse mußten jetzt aus einem neuen Blickwinkel betrachtet werden. Aillas hatte, indem er die Herrschaft über Nord- und Süd-Ulfland an sich gebracht hatte, seinen, Casmirs, Ambitionen einen schweren Schlag versetzt, und dasselbe hatte er erst jüngst wieder getan, nämlich in Zusammenhang mit Blaloc. Wie kunstvoll Aillas und Dhrun sich doch bei ihrem Besuch verstellt hatten! Wie schmeichlerisch sie auf Friedenspakte gedrungen hatten, während sie ihn in Wahrheit zutiefst verachteten und auf seinen Untergang hinwirkten!
Casmir stemmte sich entschlossen in seinem Stuhl hoch. Jetzt war es an der Zeit für Gegenschläge, hart und entschieden, wenngleich immer noch, wie stets, von Umsicht und Besonnenheit gezügelt; Casmir war niemand, der sich zu überstürzten Handlungen hinreißen ließ, die am Ende womöglich ihm selbst schadeten. Gleichzeitig mußte er eine Methode ersinnen, vermittels derer Persilians Weissagung null und nichtig gemacht werden konnte.
Casmir saß da und brütete, seine Möglichkeiten wägend und den Wert jeder einzelnen abschätzend. Fest stand, wenn Aillas stürbe, mußte dies Casmirs Interessen Vorschub leisten. In solch einem Fall würde Dhrun König werden. In diesem Augenblick, so kalkulierte Casmir, würde es ein leichtes sein, unter irgendeinem Vorwand ein Kolloquium nach Avallon einzuberufen. Dhrun würde an der Cairbra an Meadhan sitzen und irgendwie dazu gebracht werden, einen Befehl vom Throne Evandig aus zu erteilen. Der Rest wäre Routine: eine Bewegung im Schatten, das Schimmern von Stahl, ein Röcheln, eine Leiche am Boden – und Casmir würde seine Ziele frei von Furcht und nahezu unbehindert weiterverfolgen können.
Der Plan war schlicht und logisch und bedurfte nur noch der Ausführung.
Als erstes galt es, Aillas' Ableben zu bewirken, aber mit peinlichster Behutsamkeit und Vorsicht. Die Ermordung eines Königs ist eine riskante Sache, und ein verpfuschter Versuch hinterläßt für gewöhnlich eine deutliche Spur zum Anstifter der Tat, was, so befand Casmir, nicht günstig wäre.
Ein Name kam Casmir in den Sinn, wie von selbst.
Torqual.
Casmir überlegte eine Weile. Torquals Eignung für ein solches Unternehmen stand außer Frage, aber er war nicht leicht zu lenken. Genaugenommen ließ er sich überhaupt nicht lenken. Torqual mutete oft eher wie ein Feind denn wie ein Verbündeter an und gab sich kaum die Mühe, auch nur einen spöttischen Anschein von Kooperationsbereitschaft zu wahren.
Mit Bedauern schlug sich Casmir den Namen ›Torqual‹ aus dem Kopf. Fast unmittelbar danach fiel ihm ein anderer Name ein, und diesmal lehnte sich Casmir in seinen Stuhl zurück, nickte versonnen und spürte nicht die geringsten Bedenken.
Der Name war ›Sir Cory von Falonges‹ 11 – und er gehörte einem Mann, der mehr oder minder vom gleichen Schlag wie Torqual war. Im Unterschied zu letzterem indes konnte Sir Corys willfährige Mitarbeit als selbstverständlich vorausgesetzt werden, da er gegenwärtig in einem dunklen Kerker unter dem Peinhador schmorte, dem Streich von Zerlings Henkersbeil entgegenbangend. Indem er sich König Casmirs Wünschen fügte, hatte er mithin alles zu gewinnen und nichts zu verlieren.
Casmir gab dem Lakaien, der an der Tür stand, ein Zeichen. »Hol mir Sir Erls.«
Sir Erls, der Staatskanzler und einer von Casmirs treuesten Ratgebern, betrat wenig später den Palas: ein kleiner Mann von mittlerem Alter, mit wachen Augen, scharf geschnittenen Zügen, schönem silberweißen Haar und bleicher, elfenbeinfarbener Haut. Casmir hatte keine sonderliche Zuneigung zu dem mäkeligen, überpeniblen Sir Erls. Aber Sir Erls diente ihm mit pingeliger Tüchtigkeit und Effizienz, und Casmir sah über alles andere hinweg.
Casmir deutete auf einen Stuhl; nach einer steifen Verbeugung setzte sich Sir Erls. Casmir fragte: »Was wißt Ihr über Sir Cory, der im Peinhador schmachtet?«
Mit unverzüglicher Gewandtheit, als hätte er die Frage erwartet, antwortete Sir Erls: »Cory ist der zweitgeborene Sohn des mittlerweile verschiedenen Sir Claunay von Falonges. Der erste Sohn, Sir Camwyd, bekam das Anwesen, das im Norden der Westprovinz im Troagh liegt, hart an der Grenze zu Ulfland. Cory
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