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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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kleine Kapelle der Königin. Er verharrte schweigend, während Vater Umphred ihn mit geweihtem Wasser besprengte und mit salbungsvoller Stimme lateinische Phrasen rezitierte. Sodann murmelte er, souffliert von Vater Umphred, ein Vaterunser und eine Anzahl frommer Redensarten, die der Priester ihm ebenfalls vorsagte. Daraufhin ergriff Vater Umphred ein Kreuz und trat vor Casmir, das Kreuz hoch emporhaltend. »Auf die Knie, Bruder Casmir!« befahl der Priester. »In Demut und freudigem Entzücken küsse alljetzt das Kreuz und weihe dein Leben wohllöblichen Taten und dem Ruhme der Kirche!«
    Casmir sprach gleichmütig: »Hüte deine Zunge, Priester! Ich dulde keine Narren in meiner Gegenwart.« Er ließ den Blick durch die Kapelle schweifen und machte eine gebieterische Geste wider die, die der Zeremonie beigewohnt hatten. »Verschwindet!«
    Die Kapelle leerte sich bis auf Casmir, den Priester und Königin Sollace, an die Casmir sich jetzt mit den Worten wandte: »Meine liebe Königin, es wäre gut, wenn für dies eine Mal auch Ihr Euch entferntet.«
    Königin Sollace gab einen lauten Schnaufer der Empörung von sich. Steif vor Entrüstung stapfte sie aus dem Gotteshaus.
    König Casmir wandte sich dem Priester zu. »Wohlan! Sagt mir jetzt, was Ihr wißt! Wenn es unwahr oder töricht ist, werdet Ihr für lange Zeit im Dunkeln schmachten.«
    »Eure Hoheit, hier ist die Wahrheit! Vor langer Zeit ward ein junger Prinz halb ertrunken an den Strand am Fuße von Suldruns Garten gespült. Sein Name war Aillas, welcher jetzt König von Troicinet und weiteren Landen ist. Suldrun gebar ihm einen Sohn – denselben, der zur Sicherheit in den Wald von Tantrevalles gebracht wurde. Dort wurde der Sohn, dessen Name Dhrun war, von den Elfen gegen Madouc eingetauscht. Aillas wurde in das Verlies gesenkt, aber er entkam – wie, das übersteigt meine Kenntnis. Jetzt haßt er Euch leidenschaftlich. Auch sein Sohn, Prinz Dhrun, ist Euch mitnichten zugetan.«
    Casmir lauschte den Worten des Priesters mit offenem Munde. Die Information war bei weitem überraschender, als er erwartet hatte. Er murmelte: »Wie ist das möglich? Der Sohn müßte doch im gleichen Alter wie Madouc sein!«
    »Das Kind Dhrun weilte ein Jahr im Elfenhügel, nach Menschenzeit gerechnet. Aber dieses eine Jahr kam sieben oder mehr Elfenjahren gleich! So löst sich dieser Widerspruch!«
    König Casmir gab eine Reihe von leisen Grunzlauten von sich. »Habt Ihr Beweise für das, was Ihr da sagt?«
    »Ich habe keinen Beweis.«
    Casmir beharrte nicht weiter darauf. Es gab Fakten in seinem Besitz, die ihn schon lange verwirrt hatten: warum zum Beispiel war Ehirme, Suldruns einstige Dienerin, mit ihrer gesamten Familie plötzlich nach Troicinet verschwunden und dort mit üppigem Besitz ausgestattet worden? Noch verblüffender freilich war ein Faktum, das tausend phantastische Mutmaßungen ausgelöst hatte: wie konnte Aillas seinem Sohn Dhrun an Lebensalter so nahe sein? Nun ließ sich alles erklären.
    Die Fakten waren richtig und wahr. Casmir sagte düster: »Erzählt hiervon niemandem, gleich wem auch immer! Dies ist allein für meine Ohren bestimmt!«
    »Eure Hoheit hat gesprochen, und ich werde gehorchen!«
    »Geht!«
    Vater Umphred hastete mit wichtigtuerischer Gebärde aus der Kapelle. Casmir starrte mit abwesendem Blick auf das Kreuz an der Wand, das ihm keinen Deut mehr bedeutete als am Tag zuvor. Er sprach bei sich: »Aillas haßt mich also!« Dann, mit noch leiserer Stimme: »Und Dhrun ist's, der an dem Tisch Cairbra an Meadhan sitzen wird – bevor sein Leben verronnen ist. So sei es! Und so wird er denn sitzen und wird er denn herrschen vom Thron Evandig herab, und sei's nur, um einen Pagen nach einem Schnupftuch zu schicken. Aber so wird er noch vor seinem Tode sitzen und herrschen.«
     

7
    Abend legte sich über Burg Haidion. König Casmir saß allein im Großen Palas des Alten Turmes und verzehrte ein karges Abendmahl aus kaltem Rindfleisch und Bier.
    Sobald er sein Mahl beendet hatte, schwang er auf seinem Stuhl herum und stierte grübelnd ins Feuer.
    Seine Gedanken schweiften in die Vergangenheit zurück. Bilder zogen an seinem inneren Auge vorüber: Suldrun als goldhaariges Kind; Suldrun, wie er sie zum letzten Mal gesehen hatte: elend und kummervoll, aber immer noch trotzig. Als nächstes tauchte das Bild des hageren Jünglings vor ihm auf, den er mit solch rauhem Zorn in das dunkle Loch geworfen hatte. Die Zeit hatte das bleiche Antlitz verschwimmen

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