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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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umhinkommen wirst, ihr die Flügel zu stutzen, damit sie nicht entfleucht. Einen Monat lang mußt du ihrer normalen Nahrung einen Absud von gutem Baldrian beimengen, in welchem du zuvor sechs Haare vom Bart eines weisen Philosophen gekocht hast. Am Ende des Monats mußt du sagen:
Krähe, liebe Krähe: hör mich nun an! Wenn ich den Finger hebe, mußt du sprechen! Mögen deine Worte klug und triftig sein, zu unser beider Freude, da wir so einander vielleicht in unserer Einsamkeit trösten können! Sprich, Krähe!

    ›Ich befolgte die Anleitung auf das sorgfältigste; aber meine Krähen blieben allesamt stumm und sprachlos, und meine Einsamkeit ward nimmer gelindert.‹«
    »Höchst merkwürdig«, sagte Sir Pom-Pom mit nachdenklich gekräuselter Stirn. »Ich vermute, daß der ›Philosoph‹, aus dessen Bart sie die sechs Haare zupfte, nicht wirklich weise war oder aber daß er sie bezüglich seiner Qualifikation hinters Licht führte.«
    »Das wäre möglich«, sagte Madouc.
    »An einem so einsamen Ort kann ein argloses Mägdelein leicht getäuscht werden«, sagte Travante. »Sogar von einem Philosophen.«
    Madouc wandte sich wieder dem Büchlein zu. »Hier ist noch ein Rezept. Es heißt: ›Unfehlbares Mittel, einem, den man liebt, Eherne Treue und Glühende Liebe einzuflößen.‹«
    »Das dürfte interessant sein«, sagte Sir Pom-Pom. »Seid so gut und lest das Rezept vor, und bitte mit exakter Sorgfalt und Genauigkeit!«
    Madouc las: »›Wenn der schwindende Mond tief am Himmel steht und einem Geisterschiff gleich durch die Wolken schwimmt, dann ist es Zeit, sich bereitzuhalten, denn oft verdichtet sich ein Dunst-hauch und rinnt an der leuchtenden Hülse herunter, um am unteren Horn als Tropfen zu hangen. Dort schwillt er mählich an, bis er schließlich herunterfällt, und wenn jemand, der drunten steht, den Tropfen in einer silbernen Schale aufzufangen vermag, dann hat er ein Elixier von höchster Vortrefflichkeit gewonnen. Wird nun ein Tropfen von diesem Safte in einen Kelch weißen Weines gemengt, und trinken zwei zusammen aus diesem Kelch, dann entbrennen diese zwei unweigerlich in süßer Liebe zueinander. So habe ich denn nun meinen Entschluß gefällt: Eines Nachts, wenn der Mond tief am Himmel wandert, werde ich mit meiner Schale von diesem Orte fortrennen und nicht rasten, bis ich unter dem Horn des Mondes stehe, und dort werde ich warten, bis der wunderbare Tropfen herunterfällt, und ihn auffangen.‹«
    Travante frug: »Finden sich hierzu noch weitere Aufzeichnungen?«
    »Nein; das ist das ganze Rezept.«
    »Ich frage mich, ob die Maid wahrhaftig durch die Nacht gerannt ist und ob sie am Ende ihren köstlichen Tropfen aufgefangen hat.«
    Madouc blätterte die pergamentenen Seiten weiter. »Mehr steht hier nicht; der Regen hat den Rest verwischt.«
    Sir Pom-Pom rieb sich das Kinn. Er spähte hinüber zu dem heiligen Kelch, der auf einem Kissen ruhte; dann erhob er sich, trat zur Tür des Zeltes und blickte über die Lichtung.
    Travante fragte: »Nun, wie ist die Nacht, Sir Pom-Pom?«
    »Der Mond ist beinahe voll, und der Himmel ist klar.«
    »Aha! Dann wird es heute nacht also keinen Mondsirup geben.«
    Madouc fragte Sir Pom-Pom: »Hattest du etwa vor, mit einer Schale durch den Wald zu rennen, um Sickerwasser vom Mond aufzufangen?«
    Sir Pom-Pom erwiderte würdevoll: »Warum nicht? Ein oder zwei Tropfen von dem wundersamen Mondelixier könnten vielleicht eines Tages noch ganz nützlich sein.« Er warf einen kurzen Blick auf Madouc. »Ich bin immer noch unschlüssig hinsichtlich der Belohnung, die ich verlangen werde.«
    »Ich dachte, du hättest beschlossen, Baron zu werden und Devonet zu freien.«
    »Die Vermählung mit einer königlichen Prinzessin könnte womöglich höheres Ansehen zeitigen, wenn Ihr versteht, was ich meine.«
    Madouc lachte. »Ich verstehe sehr wohl, was du meinst, Sir Pom-Pom, und deshalb werde ich auf der Hut vor deinem Weißwein sein, und wenn du ihn selbst gallonenweise und auf den Knien vor mir liegend darbötest.«
    »Bah!« stieß Sir Pom-Pom beleidigt hervor. »Ihr seid absolut unvernünftig.«
    »Wohl wahr«, seufzte Madouc. »Du mußt eben mit Devonet vorliebnehmen.«
    »Ich werde es mir überlegen.«
    Am Morgen brachen die drei zeitig auf und zogen weiter auf dem Munkins-Weg. Sie waren eine Stunde gewandert, als Travante plötzlich einen erschreckten Schrei ausstieß. Madouc fuhr herum und sah ihn in den Wald starren.
    »Ich habe sie gesehen!« schrie Travante.

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