Lyonesse 3 - Madouc
und Chlodys mich ›Bastard‹ heißen und behaupten, daß es mir an jeglichem Stammbaum ermangele.«
»In einem streng formalen Sinne haben sie recht, wenngleich ihre Ausdrucksweise doch ein wenig rüde ist.«
Madouc sagte traurig: »Das hatte ich schon so vermutet. Trotzdem würde ich gern den Namen meines Vaters wissen und alle näheren Einzelheiten seiner Persönlichkeit und seines Standes erfahren.«
Twisk lachte. »Da stellst du mir ein Rätsel, das ich nimmer lösen kann.«
Madouc fragte erschrocken: »Du kannst dich seines Namens nicht entsinnen?«
»Nein.«
»Noch seines Standes? Noch seiner Rasse? Noch seines Aussehens?«
»Die Episode begab sich vor langer Zeit. Ich kann mich schließlich nicht an jeden belanglosen Vorfall in meinem Leben erinnern.«
»Gleichwohl, da er mein Vater war, war er doch gewißlich ein Edelherr von Rang, mit einem sehr langen und feinen Stammbaum.«
»Ich kann mich eines solchen Individuums nicht entsinnen.«
»Dann kann ich also nicht einmal behaupten, ein Bastard von hohem Stand zu sein!«
Twisk langweilte das Thema allmählich. »Behaupte, was immer du willst; niemand kann dich widerlegen, nicht einmal ich! In jedem Fall, ob Bastard oder nicht, giltst du immer noch als Prinzessin Madouc von Lyonesse! Das ist ein beneidenswerter Rang!«
Aus dem Augenwinkel nahm Madouc etwas Grünes und Blaues wahr. »Zocco ist zurückgekommen.«
Zocco meldete seine Funde. »Weder Leichnam noch Kadaver gab sich zu erkennen, worauf ich entschied, daß dieser Punkt strittig ist. Auf der Alten Straße entdeckte ich zwei Halunken zu Pferde. Der feiste Sammikin saß auf einem großen braunen Roß, ganz wie ein Höcker auf einem Kamel sitzt. Ossip Langbein ritt auf einem gefleckten Pony; seine Füße schlurften beiderseits über den Erdboden.«
»O weh, der arme Tyfer!« wehklagte Madouc.
Twisk fragte: »Und wie hast du den Fall gelöst?«
»Die Pferde stehen angebunden im Gehege. Die Spitzbuben rennen über die Lanklyn-Senke, verfolgt von Bären.«
»Vielleicht hättest du Sammikin in eine Kröte verwandeln sollen und Ossip in einen Salamander«, erwog Twisk. »Auch hätte ich Pymfyds Ableben sorgfältiger überprüft, und sei es nur, um das Wunder einer wandelnden Leiche schauen zu können.«
»Vielleicht ist er gar nicht tot?« gab Madouc hoffnungsvoll zu erwägen.
»Das ist natürlich möglich«, sagte Twisk.
Zocco murrte: »Wenn er für tot gehalten werden wollte, dann hätte er an Ort und Stelle bleiben müssen.«
»Ganz recht«, sagte Twisk. »Du darfst nun deines Weges gehen. Und daß du mir künftig keine verschlagenen Tricks mehr an meiner unschuldigen jungen Tochter ausprobierst!«
Zocco maulte: »Sie ist wohl jung, aber ich bezweifle, ob sie gar so unschuldig ist. Gleichwohl sage ich euch nun Lebewohl.« Zocco schien rücklings von dem Stein herunterzufallen und war verschwunden.
»Zocco ist für einen Wefkin kein schlechter Kerl«, sagte Twisk. »Je nun, die Zeit drängt. Es war mir ein Vergnügen, dich nach so vielen Jahren wiederzusehen, aber ...«
»So warte!« schrie Madouc. »Ich weiß noch immer nichts von meinem Vater, und auch nichts über meinen Stammbaum!«
»Ich werde darüber nachsinnen. In der Zwischenzeit ...«
»Noch nicht, liebe Mutter! Ich brauche deine Hilfe noch bei ein paar anderen kleinen Dingen!«
»Was sein muß, muß sein«, sagte Twisk. »Wo drückt der Schuh?«
»Pymfyd ist vielleicht in schlimmer Verfassung, wund und krank. Gib mir etwas, womit ich ihn heilen kann.«
»Nichts leichter als das.« Twisk pflückte ein Lorbeerblatt und spie elegant darauf. Sie faltete das Blatt fein zusammen, drückte es erst an ihre Stirn, dann an Nase und Kinn und überreichte es sodann Madouc. »Reibe dies auf Pymfyds Wunden, dann wird er rasch wieder bei guter Gesundheit sein. Wünschst du sonst noch etwas? Wenn nicht ...«
»Da ist noch etwas! Kann ich den Zinkelzeh-Kobolz auch an der Lady Desdea probieren? Sie könnte vielleicht so hoch springen, daß sie sich den Kopf an der Decke stößt!«
»Du hast ein freundliches Herz«, sagte Twisk. »Was den Zinkelzeh-Kobolz anbelangt, so mußt du lernen, sowohl die Finesse deiner Geste als auch den Schwung deines Kinns exakt zu taxieren. Mit einiger Übung wirst du die Kraft ihres Sprunges so präzise bestimmen können, daß sie stets die gewünschte Höhe erreicht. Sonst noch etwas?«
Madouc überlegte. »Ich möchte einen Zauberstab, eine Tarnkappe, Flugpantoffeln, um durch die Luft reisen zu können,
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