Lyonesse 3 - Madouc
bei einem Scharadenspiel begegnen.«
»Sie werden mich schon nicht für ein Monstrum halten, weil ich nämlich nicht zugegen sein werde – weder bei einem Ball noch bei einem Scharaden-spiel.«
Königin Sollace fixierte Madouc mit durchdringendem Blick. »Du wirst zugegen sein, wenn man es dir so befiehlt. Schon bald wird ernsthaft von Vermählung geredet werden, und du mußt vorteilhaft erscheinen. Bedenke stets: du bist Prinzessin Madouc von Lyonesse, und so mußt du erscheinen.«
»Ganz recht!« sagte Madouc. »Ich bin Prinzessin Madouc, und ich habe Rang und Gewicht! Ich habe eine Tracht Prügel für Lady Vosse angeordnet. Diese soll unverzüglich ins Werk gesetzt werden!«
»Ja«, sagte Königin Sollace grimmig. »Das soll sie in der Tat. Ermelgart, zupfe mir fünf lange Weidenruten aus dem Besen; und daß sie mir sowohl kräftig als auch biegsam sind!«
Ermelgart hastete pflichtschuldig davon. Wenig später kam sie mit den gewünschten Ruten zurück.
»Ja, die sind genau richtig«, sagte Königin Sollace. »Je nun, so lasset uns denn zur Tat schreiten! Madouc! Hierher!«
»Wozu?«
Königin Sollace wedelte mit dem Rutenbündel. »Ich bin nicht erpicht auf derlei Tun; es bringt mich ans Schwitzen. Doch ein Werk, das getan werden muß, muß gut getan werden! Komm her und entblöße dein Hinterteil!«
Madouc erwiderte mit bebender Stimme: »Ich würde mir töricht vorkommen, wenn ich täte, was Ihr vorschlagt. Es ist bei weitem vernünftiger, wenn ich mich so weit wie möglich von Euch und Eurer Rute fernhalte.«
»Willst du mir trotzen?« schrie Königin Sollace. Sie hievte sich aus dem Sessel. »Du wirst diese Rute schmecken!« Mit einem wütenden Schwenk ihres fülligen weißen Arms warf die Königin ihre Robe zurück und stapfte vorwärts. Vater Umphred klappte in erwartungsvoller Vorfreude sein Gebetsbuch zu und harrte gebannt der bevorstehenden Züchtigung; Lady Vosse saß starr und streng. Madouc blickte verzweifelt nach links und rechts. Wieder einmal schien Ungerechtigkeit zu obsiegen, waren alle begierig, ihren Stolz zu brechen!
Madouc leckte sich die Lippen, rieb die Finger aneinander und stieß ein leises Zischen aus. Königin Sollace hielt mitten im Schritt jählings inne, den Mund weit aufgerissen; sie begann am ganzen Leib zu zucken und zu beben; die Rute entfiel ihrer zitternden Hand, während ihre Zähne klapperten wie Kieselsteine, die in einer hölzernen Schachtel geschüttelt werden. Vater Umphred ließ sein Gebets-buch fallen und sonderte ein gurgelndes Quieken ab; dann kauerte er sich nieder, wobei er schnatterte wie eine wütende Gans, und begann mit den Füßen aufzustampfen und hin und her zu zappeln, als tanze er eine keltische Gigue. Ermelgart und Lady Vosse wurden ebenfalls gehörig durchgerüttelt, gaben aber nur ein planloses Zähneklappern von sich.
Madouc wandte sich friedlich zum Gehen, doch als sie die Tür öffnete, füllte die königliche Masse Casmirs den Rahmen aus. Er hielt inne und fragte streng: »Was geht hier vor? Warum sind alle so toll und wunderlich?«
Vater Umphred brachte mit wehklagender Stimme vor: »Majestät, Prinzessin Madouc hat Hexenkünste gelernt; sie kennt einen Trick, mit dem sie uns so zu verwirren vermag, daß unsere Zähne klappern und unsere Hirne sich im Kreise drehen wie Spinnräder.«
Königin Sollace krächzte: »Vater Umphred spricht die Wahrheit! Madouc zischte oder pfiff eine seltsame Weise – ich war zu erschüttert, um es genau zu ergründen – und sogleich wurden unsere Knochen weich, und alle unsere Zähne klapperten und ratterten und knirschten wieder und wieder!«
König Casmir schaute hinunter auf Madouc. »Was ist die volle Wahrheit?«
Madouc sagte nachdenklich: »Ich glaube, daß Königin Sollace sich schlecht beraten ließ und mich hauen wollte, dann aber, von ihrem gütigen Wesen gerührt, zurückschrak. Lady Vosse war's, für die ich die Prügel anordnete; ich hoffe, daß Ihr dies jetzt in die Hand nehmen werdet.«
»Ein Gewebe von dreisten Lügen!« krähte Lady Vosse. »Dieser rasende kleine Kobold zischte, und wir alle mußten zappeln und mit den Zähnen klappern!«
»Nun, Madouc?« schnarrte König Casmir.
»Es ist wirklich nichts Wichtiges.« Madouc versuchte, sich an König Casmir vorbeizuwinden, um die Tür zu gewinnen. »Majestät, wenn es Euch recht ist, dann entschuldigt mich jetzt.«
»Es ist mir mitnichten recht! Erst muß diese Angelegenheit zu meiner Zufriedenheit geklärt sein! Was hat es mit
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