Lyonesse 3 - Madouc
daher deine Erziehung lenken.«
»Aber Eure Hoheit, ich bitte Euch! Dies könnte die falsche Erziehung sein! Muß ich lernen, so zu sein wie die Lady Vosse?«
Lady Vosse sprach in gemessenem Ton: »Ihr werdet das lernen, was Euch zu lehren ich für richtig erachte! Ihr werdet es gut lernen! Und es wird Euch nützen!«
Königin Sollace wedelte mit der Hand. »Das ist alles, Madouc. Du darfst gehen. Es gibt zu dem Thema nichts mehr zu sagen.«
Fast sogleich gab Madoucs Betragen Lady Vosse Anlaß zur Klage. »Ich beabsichtige weder Zeit noch milde Worte an Euch zu verschwenden. Daß wir uns recht verstehen: entweder Ihr befolgt meine Anweisungen aufs Wort und ohne Ausflüchte, oder ich werde unverzüglich zu Königin Sollace gehen und ihre Erlaubnis einholen, Euch gehörig zu züchtigen.«
»Das wäre unschickliches Verhalten«, machte Madouc geltend.
»Da es privatim geschähe, würde es niemand außer Euch und mir erfahren. Außerdem würde es niemanden scheren – allein Euch und mich. Ich rate Euch: hütet Euch! Das Vorrecht, Euch zu prügeln, würde mir gewiß eingeräumt, und ich würde es sehr begrüßen, da Eure Aufsässigkeit ebenso widerwärtig ist wie Eure höhnische Überheblichkeit!«
Madouc sagte spröde: »Diese Bemerkungen sind unerhört, und ich verbiete Euch, mir unter die Augen zu treten, ehe Ihr Euch entschuldigt habt! Außerdem fordere ich Euch auf, öfter zu baden, da Ihr wie ein Ziegenbock riecht. Ihr seid für heute entlassen.«
Lady Vosse starrte Madouc mit offenem Mund an. Sie machte auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum. Eine Stunde später wurde Madouc in die Gemächer von Königin Sollace zitiert, wohin sie sich lustlosen Schritts und erfüllt von bösen Vorahnungen begab. Sie fand Königin Sollace auf einem Polstersessel sitzend, während Ermelgart ihr das Haar bürstete. Zu ihrer Linken stand Vater Umphred und las aus den Psalmen vor. Zu ihrer Rechten saß still und stumm auf einer Bank die Lady Vosse.
Königin Sollace sprach in gereiztem Ton: »Madouc, ich bin unzufrieden mit dir. Lady Vosse hat mir von deiner Frechheit und Aufsässigkeit berichtet. Beide scheinen wohlbedacht und vorsätzlich! Was hast du zu deiner Entschuldigung vorzubringen?«
»Lady Vosse ist keine nette Person.«
Königin Sollace ließ ein ungläubiges Lachen erschallen. »Selbst wenn deine Meinung zuträfe, was würde das ändern, so lange sie ihre Pflicht tut?«
Madouc bemühte sich um eine heitere Erwiderung. »Sie ist es, die sich der Anmaßung schuldig gemacht hat gegenüber mir, einer königlichen Prinzessin! So sie nicht auf der Stelle Abbitte tut, lasse ich sie einer ordentlichen Tracht Prügel unterziehen. Vater Umphred mag meinethalben die Gerte schwingen, solange er nur kräftig, oft und zielsicher zuhaut.«
»Tschah!« schrie Lady Vosse empört auf. »Welchen Unsinn das Kind doch daherplappert! Ist es von Sinnen?«
Vater Umphred konnte sich ein klangvolles Kichern nicht verkneifen. Lady Vosse warf ihm einen eisigen Blick aus ihren grauen Augen zu, und Vater Umphred verstummte jäh.
Königin Sollace sagte streng: »Madouc, dein tolles Gerede hat uns alle in Erstaunen gesetzt! Bedenke! Lady Vosse handelt an meiner Statt; wenn du ihr nicht gehorchst, gehorchst du mir nicht! Offenbar läßt du dir weder das Haupthaar ordentlich frisieren, noch bist du bereit, auf jene groben Kleider zu verzichten, die du in diesem Moment trägst. Pfui! Sie eignen sich für einen Bauernlümmel, aber nicht für eine niedliche königliche Prinzessin!«
»Genau!« rief Lady Vosse. »Sie ist kein kleines Kind mehr, sondern eine knospende Jungfer und muß jetzt die Anstandsformen beachten.«
Madouc blies empört die Backen auf. »Ich mag es nicht, wenn mein Haar so stramm gerafft wird, daß mir schier die Augen aus den Höhlen treten. Und was meine Kleider anbetrifft: ich trage, was vernünftig ist! Warum soll ich mit einem feinen Kleid in den Stall gehen, wo es nur mit Mist besudelt wird?«
Königin Sollace erwiderte scharf: »In dem Fall mußt du die Stallungen eben meiden! Siehst du mich vielleicht zwischen den Pferden herumtollen oder Lady Vosse fröhlich neben dem Misthaufen sitzen? Natürlich nicht! Wir halten uns an die feine Lebensart, die sich für Personen von Rang und Stand gehört! Und was dein Haar angeht, so will Lady Vosse es zu Recht in modischem Stil frisieren und dich elegantes Betragen lehren, auf daß die jungen Galane dich nicht für ein Monstrum halten, wenn sie dir auf einem Ball oder
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