Lyonesse 3 - Madouc
aber lästigen Provokationen zwischen seinen eigenen Grenzbaronen und jenen unter den abtrünnigen Provinzfürsten Blalocs, deren Länder für die Übung geeignet waren. Jeden Tag wurde irgendein neuer kleiner Einfall nach Blaloc von den abgelegenen Winkeln Lyonesses aus unternommen. Früher oder später, so hoffte Casmir, würde sich irgendeiner der hitzköpfigen blalocschen Herzöge, um seine Hoheitsrechte besorgt, zu einem Vergeltungsschlag hinreißen lassen – woraufhin er, Casmir, unter dem Vorwand, Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten, den Frieden zu bewahren und die Herrschaft König Milos zu stützen, eine überwältigende Streitmacht von der nahegelegenen Feste Mael aus in Marsch setzen und die Kontrolle über Blaloc an sich reißen würde. Sodann würde er – auf das Drängen jener Parteien hin, die gegen Prinz Brezante opponierten – sich gnädig dazu herbeilassen, die Krone von Blaloc anzunehmen und damit Blaloc Lyonesse einverleiben. Und weder König Audry von Dahaut noch König Aillas von Troicinet würden ihn ungewöhnlichen Verhaltens zeihen können.
Tage vergingen und Wochen, alldieweil König Casmir ein höchst delikates und behutsames Spiel spielte. Die sezessionistischen Herzöge von Blaloc, wenn schon erzürnt über die Übergriffe aus Lyonesse, spürten die Gefahr, die ein Vergeltungsakt heraufbeschwören würde, und hielten zähneknirschend still. Prinz Brezante, der erst kürzlich an eine junge Prinzessin aus dem Königreich Bor in Südwales verheiratet worden war, machte sich lange genug von seinen ehelichen Pflichten frei, um zu der Erkenntnis zu gelangen, daß nicht alles im Lande zum besten bestellt war. Edelmänner, die treu zu König Milo standen, beknieten und bedrängten ihn solange, bis er schließlich Eilbotschaften an König Audry und König Aillas sandte, in denen er sie auf die merkwürdige Häufung von Übergriffen, Provokationen und räuberischen Einfällen entlang der Grenze zu Lyonesse aufmerksam machte.
König Audrys Antwort war in allgemeine Worte gefaßt. Er gab zu erwägen, daß König Milo und Prinz Brezante vielleicht bloß ein paar widrige, aber wahrscheinlich unbedeutende Vorfälle mißdeutet hätten, und riet Prinz Brezante zu Besonnenheit. »Vor allem«, so mahnte er, »müssen wir uns vor vorschnellen Verdächtigungen und übereilten Mutmaßungen hüten – ›Sprünge ins Dunkle‹, wie ich es auszudrücken pflege. Solch überhastetes Handeln ist oft nutzlos und allein von Inbrunst geprägt. Nicht jede Buchecker, die uns aufs Haupt fällt, sollte uns dazu treiben, lauthals zu klagen, der Himmel stürze auf uns herab. Dieses Prinzip einer starken und gleichmütigen Regierungskunst ist meine persönliche Vorliebe, und ich empfehle es auch Euch an in der Hoffnung, daß Ihr es ebenso nützlich finden möget. Seid in jedem Fall unserer wohlwollenden guten Wünsche versichert.«
König Aillas reagierte anders. Er stach von Dom-reis aus mit einer Flottille von neun Kriegsschiffen in See, um – wie er es nannte – ›Seemanöver‹ abzuhalten. Wie aus einer spontanen Eingebung heraus stattete er im Zuge dieser ›Manöver‹ der Stadt Lyonesse einen außerplanmäßigen Besuch an Bord der
Sangranada
, einer Dreimastgaleasse, ab.
Aillas ließ die
Sangranada
vor der Küste beidrehen und sandte ein Boot in den Hafen mit einer Depesche für König Casmir, in welcher er Erlaubnis zur Einfahrt in den Hafen erbat. Sein Besuch, führte er aus, sei, da zufälliger Natur, formlos und bar jeden Zeremoniells; gleichwohl sei ihm an einem Meinungsaustausch mit König Casmir über Angelegenheiten von beiderseitigem Interesse gelegen.
Die Genehmigung zum Einlaufen in den Hafen erfolgte postwendend; die
Sangranada
glitt durch die Hafeneinfahrt und wurde ins Dock geholt. Der Rest der Flottille ging auf Reede vor Anker.
Mit einem kleinen Gefolge schifften sich Aillas und Dhrun von der
Sangranada
aus. König Casmir erwartete sie in seiner Staatskarosse. Sie stiegen ein und fuhren den Sfer Arct hinauf zur Burg Haidion.
Unterwegs brachte Casmir Besorgnis wegen der auf Reede ankernden Schiffe zum Ausdruck. »Solange der Wind schwach ist und ablandig oder vom Westen her bläst, besteht keine Gefahr. Sollte der Wind jedoch umschlagen, müssen Eure Schiffe unverzüglich in See stechen.«
»Aus diesem Grunde wird unser Aufenthalt von kurzer Dauer sein«, sagte Aillas. »Doch dürfte das Wetter noch einen oder zwei Tage halten.«
»Es ist schade, daß Ihr so bald schon wieder aufbrechen
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