Lyra: Roman
fremden Frau gesehen hatte, dann... nun ja, dann konnte es nur so gewesen sein, oder?!
»Fickst du sie?«
»Scheiße, Sunny, was soll das?«
Der Verkehr kam zum Stillstand.
»Wolltest du deswegen nicht, dass ich mit ins Studio komme?«
»Was?«
»Du hast das alles geplant.«
»Du wolltest nicht mitkommen«, verteidigte er sich halbherzig. »Du hast die Takes doch...«
Sie fiel ihm ins Wort: »Ach, halt die Klappe!«
»Sunny, ich...«
Sie schlug ihm wieder mit der Faust aufs Bein. Tränen schimmerten in ihren Augen. »Du bist so ein erbärmliches Arschloch.« Sie schluckte. »Ich will dich nie wieder sehen.« Mit diesen Worten zog sie Hink den Zündschlüssel, und der Wagen machte einen großen Satz nach vorn.
»Scheiße«, fluchte Danny.
Es schepperte laut und blechern, als sich der Buick ins Heck des vor ihm stehenden Wagens bohrte.
»Sunny, was soll das?« Danny lockerte den Gurt, der plötzlich viel zu straff saß.
Er sah sich um. Der Sitz neben ihm war verwaist.
Sunny war bereits draußen.
Lautstark schlug sie die Tür zu. »Und wenn du denkst, du kannst dir diese Nummer leisten, bloß weil ich jetzt schwanger und auf dich angewiesen bin, dann hast du dich geschnitten.«
»Ich...« Er wusste, dass man nicht mit ihr reden konnte, wenn sie wütend war. Sunny konnte die Elemente entfesseln, wenn ihr etwas gegen den Strich ging. Sie konnte mit Gegenständen um sich werfen und mit Worten töten.
Sie hielt die Autoschlüssel in der Hand, schenkte ihm ein Lächeln, das kaum mehr als eine hilflose Grimasse war. Was immer sie gesehen hatte, es hatte sie bis ins Mark verletzt.
»Sunny...« Danny ahnte, was jetzt kam.
Er kannte sie gut.
Sie holte ein wenig aus, dann waren die Schlüssel nur mehr ein fernes Aufblitzen über den Dächern der anderen Autos. Und bevor Danny noch etwas sagen konnte, drehte ihm Sunny den Rücken zu und wanderte hoch erhobenen Hauptes durch den Verkehr.
Danny starrte ihr wie gelähmt hinterher.
Sie hatte es wirklich getan.
Aber selbst jetzt bewunderte er Sunny. Sie hatte Schneid, das musste man ihr lassen.
Und sie war atemberaubend schön, wenn sie wütend war. Was ihm, das sah er ein, in seiner Situation nicht viel brachte.
Er spürte, wie die Verzweiflung an ihm zu nagen begann.
Ein hungriges Tier war sie, das seine Schwäche witterte und sie sich zunutze machtc. Denk nach!
Was, in aller Welt, war da passiert?
Seine Frau hatte ihn mit diesem Groupie-Flittchen gesehen, da biss die Maus keinen Faden ab, wie man in Portpatrick so schön sagte.
Aber ebenso wusste er, dass er nie dort gewesen war. Er kannte kein Cafe mit dem bescheuerten Namen Going going.
Das war das Tragische daran.
Danny Darcy wusste, dass er seine Frau niemals betrogen hatte, doch er wusste zugleich, dass es keinen Weg gab, ihr das zu sagen, ohne dass sie ihn für völlig verrückt erklärte. Denn was sie mit eigenen Augen gesehen hatte, konnte niemand leugnen.
Man glaubt, was man sieht.
Auch das gehörte zu den Dingen, die mit der Maus und dem Faden zu tun hatten.
Und irgendwo in dieser Sommerhitze war Danny sich sicher, dass Sunny ihn wirklich mit dieser Frau gesehen hatte.
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Was sollte er jetzt tun?
Er schloss die Augen.
Atmete tief durch.
Blickte der Wirklichkeit schnell wieder ins Angesicht.
Hitze waberte im Straßenverkehr. Aus dem Wagen vor ihm stieg ein wütender Anzugmensch aus. Scheiße, das hatte ihm noch gefehlt.
Der Kerl sah aus wie ein Anwalt, der einen richtig miesen Tag hinter sich hatte. Er sah aus wie jemand, der sein Auto aufrichtiger liebt als jedes Wesen, das atmet.
Danny setzte ein Lächeln auf.
Der Anzogmann lächelte nicht. Der Wagen, den er fuhr, war ein BWM, ein Cabriolet, schwarz, schnittig, elegant. Teuer. Das Liebste, was der Anzugmann im Leben hatte.
Wie benommen schritt er seinen Wagen ab und betrachtete völlig fassungslos das zertrümmerte Heck.
Glasscherben bedeckten wohl den Boden, denn der Anzugmann kniete sich kurz hin und berührte mit schierem Entsetzen in den Augen, was immer dort auf der Straße lag. Dann erhob er sich wieder. Sein rundes Gesicht wurde rot.
Er lockerte die Krawatte.
Schnaufte.
Danny starrte das leere Zündschloss an. Es war aussichtslos, die Schlüssel zu suchen. Unnötig, auf Sunnys Rückkehr zu warten. Sie würde nicht kommen.
Sie hatte ihren Stolz, o ja, den hatte sie. Sie war sauer, verletzt, wie von Sinnen. Sie glaubte, dass ihr Mann sie betrogen hatte. Die Fakten waren wie
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