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M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

Titel: M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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auf den die Beschreibung zutrifft?« Süden hatte zu viele Leute befragt, um das unauffällige Zögern der Wirtin nicht zu bemerken. Sie warf einen Blick zum Tresen, als kontrolliere sie die Arbeit ihres Angestellten. »Ich glaube, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen.«
    Süden schwieg. Das machte die Wirtin unruhig, und sie sah ihn fragend an. Süden zog den Reißverschluss seiner Jacke auf. Die Stimmen, die aus der von Geschirrklappern erfüllten Küche kamen, klangen in seinen Ohren um so vieles verständlicher als die in seinem Kopf.
    »Ich will Ihnen erklären, warum ich hier bin, Frau Biller«, sagte er. »Mein achtundsechzigjähriger Kollege ist gestern an den Verletzungen eines Überfalls gestorben. Er hat in einem Umfeld ermittelt, in dem auch der Mann, den ich suche, ein Polizist, als Ermittler arbeitet. Eine junge Kollegin von mir wurde betäubt und sollte vermutlich ermordet werden. Sie hatte Glück. Wir, die Detektei Liebergesell, sollen eingeschüchtert werden, wir sollen den Auftrag, den wir haben, niederlegen und uns nicht weiter in diesem Umfeld herumtreiben. Und unser ursprünglicher Auftrag war, den verschwundenen Siegfried Denning zu finden. Auftraggeberin war eine Frau aus dem Umfeld, das für den Tod meines Kollegen und den Mordversuch an meiner Kollegin mitverantwortlich ist.
    Ich weiß nicht, ob Denning tatsächlich bei Ihnen ist oder war. In der Wohnung seiner Freundin fand ich diesen Prospekt Ihres Hauses mit den handgeschriebenen Preisen auf der Rückseite. Sie sind meine letzte Hoffnung, Frau Biller. Möglicherweise renne ich in die Irre, oder der Mann ist längst tot, ermordet von denselben Leuten, die auch uns bedrohen. Das Einzige, was feststeht, ist, dass er für die Polizei arbeitet. Sein richtiger Name ist Michael Grieg, sein Vater war ein bekannter Bäcker und Konditor in München.« Er versank in Schweigen.
    Als die Wirtin sich einen Stuhl nahm und hinsetzte und auf die Bank an den Längsseite des Tisches zeigte, ließ Süden sich auf das weiß-blaue Kissen fallen. Er legte die Arme auf den Tisch und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. So viele leere Stühle, dachte er, für einen einzigen Vermissten.
    »Die Grieg-Brezen hatte schon mein Vater in seinem Gasthaus.« Anja Biller sprach mit munterer Stimme. Süden hörte ihr dankbar zu. »Nicht jeden Tag natürlich, er war ja dem einen oder anderen Bäcker im Landkreis ebenfalls verpflichtet. Aber zu besonderen Anlässen fuhr er extra nach München und holte beim Grieg in der Leopoldstraße tragerlweise frische Brezen. Manchmal durft ich mitfahren und gleich eine essen. Den Geschmack hab ich heut noch auf der Zunge. Das Salz, den Laugenteig, den Geruch aus der Backstube. Und die tolle Straße mit den Cafés und den vielen Menschen, das war immer was Besonderes. Für meinen Vater auch, glaube ich. Im Sommer hat er mir ein Eis im Adria spendiert. Wir haben uns immer ein wenig mehr Zeit gelassen, als wir eigentlich gedurft hätten. Die Brezen mussten ja resch auf den Tisch.
    Und irgendwann ist dann der Mille bei uns aufgetaucht, da war er fünfzehn oder sechzehn. Ich war sechs oder sieben, grad in der Schule. Der Mille war ein wilder Hund. Der ist quer über den Weiher geschwommen und hat alle seine Spezln abgehängt. Und tauchen konnte der! Ich hab immer Angst gehabt, er kommt nicht mehr raus. Für die Mädchen war der ein Supermann. Er hatte lange Haare, so wie Sie, bloß rabenschwarz, und dazu diese blauen Augen, und Muskeln überall. Bilde ich mir zumindest ein. Er ist ja immer noch gut beieinander. Wahrscheinlich könnte der heut noch einmal quer über den Weiher schwimmen und wieder zurück.
    Wenn er nicht in der Backstube oder im Café bei seinen Eltern aushelfen musste, kam er zu uns nach Erl. Mit dem Radl. Das war für den Mille kein Aufwand, den hat das nicht aus der Puste gebracht. Und abends wieder retour. Aber, komisch, eine Freundin hatte der nie dabei. Er war eher einer, der gern für sich blieb. Ja, seine Spezln waren dabei, aber wenn ich mich richtig erinner, ist er oft allein durch den Wald gelaufen oder einfach nur spazieren gegangen wie jemand, der schwer über was nachdenken muss.
    Einmal ist bei uns ein junges Mädchen ertrunken. Sie kam oft mit ihren Eltern aus der Stadt, sie tranken Kaffee bei uns. Sie ist rausgeschwommen und hat, denke ich, einen Krampf gekriegt. Der Mille, der sie aus der Stadt gekannt hat, glaube ich, hat gesehen, was los ist, und ist ihr hinterhergeschwommen. Er ist getaucht und hat sie

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