Macabros 004: Konga, der Menschenfrosch
Augen waren auf die
Treppe nach oben gerichtet. Die Stufen knarrten, als der
Menschenfrosch die Stiege emporjagte.
Er schien genau zu wissen, wohin er sich zu wenden hatte. Er
brauchte nicht zu suchen.
Er fand die Tür, hinter der Carminia Brados Zimmer lag, auf
Anhieb. Er warf sich einfach dagegen. Es splitterte in den
Scharnieren. Holzspäne flogen durch die Luft, die Tür
kippte mit Donnergetöse nach innen.
Carminia Brado, mitten im Zimmer stehend, vom gellenden Aufschrei
des Wirts beim Lesen aufgeschreckt, wich mit ungläubig
aufgerissener. Augen zurück.
Ihr markerschütternder Schrei hallte durch das Haus, als
Konga das große Fleischermesser eiskalt hob und zustach.
*
Aber die Messerspitze senkte sich nicht in den Leib der
Brasilianerin.
Wie ein Schatten flog Macabros durch den Raum, riß die das
Messer führende Hand in die Höhe.
Konga wirbelte herum…
Das Ungetüm erzitterte. Die großen starren Augen
zuckten.
Kongas Blick fraß sich fest in der Dämonen-Maske, die
vor rund sechzig Jahren von einem Mann namens Dirk Tössfeld aus
der Haut eines leibhaftigen Dämons gefertigt worden war.
Konga hob beide Hände. Für den Bruchteil eines
Augenblicks schien es, als wollte er sie auf Macabros herabsausen
lassen.
Aber er war wie gelähmt. Er riß sein großes,
furchtbar rotes Maul auf. Ein schrecklicher Schrei kam aus der Tiefe
seiner Kehle.
Konga schrie. Carminia schrie.
Sie stand in der hintersten Ecke, hatte die Hände zur Faust
geballt, so daß die Fingernägel ihr ins Fleisch drangen.
Sie war unfähig, sich von der Stelle zu bewegen.
Konga erging es ebenso. Er war wie gebannt.
Macabros führte das auf die Dämonen-Maske
zurück.
Der Riesenfrosch zerfloß. Er wurde Zeuge der Auflösung.
Er war ein Dämon. Welche Kräfte auch immer hier frei
wurden: Macabros kannte sie nicht.
Er war nicht der Verursacher. Alles wurde durch die unheimliche
Maske gesteuert, die durchschlagende und ungeheuerliche Wirkung
zeigte.
Der unheimliche Frosch wankte hin und her. Er war nicht in der
Lage, seinen Standort zu wechseln und zur Tür hin zu
entkommen.
Grüne und gelbe Dämpfe stiegen aus seinem Körper.
Die Luft in dem kleinen Zimmer wurde stickig.
Das Licht veränderte sich. Es wurde düster, als
würde eine dunkle Wolke alles Licht verschlucken.
Da wurde die Tür aufgerissen.
Björn Hellmark tauchte auf. Originalkörper und Kopie
waren dicht beieinander. Hellmarks Fähigkeit, sich zu
verdoppeln, war nicht nur auf seine eigene Zellstruktur
beschränkt, sondern er konnte sie auch auf die Dinge erweitern,
die er unmittelbar am Körper trug und die zum Zeitpunkt der
Verdoppelung »zu ihm« gehörten.
Die beiden Masken, hatten verstärkte Wirkung und
beschleunigten den Vorgang. Die außergewöhnliche Gabe
Björns vermochte nicht nur die äußere Erscheinung zu
kopieren, sondern auch die Kraft und das Leben, das in ihnen wohnte.
Wäre dies nicht so gewesen, würde der
Ätherkörper, den er produzierte, ohne Leben gewesen sein.
Dieser Vorgang lief mechanisch ab und ohne daß er es
beeinflussen konnte, ebenso wenig wie ein Mensch Herzschlag und
Atmung beeinflussen konnte. Beides wurde vom vegetativen Nervensystem
aus gesteuert.
Konga schrumpfte.
Aus der Froschgestalt schälte sich die eines Menschen.
Aus weit aufgerissenen Augen starrte Dietrich Tössfeld auf
Macabros und Hellmark.
Konga und Dietrich Tössfeld waren ein und dieselbe
Person!
*
Björn mußte an die Prophetie Kan Takoors denken.
Der Sucher, der mit Dirk Tössfeld identisch war, würde
einen Sohn haben.
Als Rache dafür, daß Dirk Tössfeld den
Dämonen ein Geheimnis entrissen, hatten sie seinen einzigen Sohn
auf ihre Seite gezogen.
Dietrich Tössfeld bewegte seine zerfließenden
Lippen.
»Es ist mißglückt… ich habe meinen Auftrag
nicht erfüllt…« Stockend und verzerrt klangen die
Worte durch den düsteren, mit giftgrünen und schwefelgelben
Nebeln erfüllten Raum. »Ich hatte gehofft, dich in meiner
Sammlung zu haben… ausgenommen, ausgestopft, konserviert…
ich wollte das aus dir machen, was die Menschen aus meinen Helfern
gemacht haben… ausgestopfte Vögel, Katzen und Affen,
konservierte und aufgespießte Frösche… Häuser,
in denen die Helfer wohnten… vernichtet… ich wollte
Menschen… gleiche Weise heimzahlen… überall habe ich
sie gesucht… die Verlorenen… hatte ich sie gefunden, habe
ich sie an mich genommen…«
Seine Stimme wurde schwächer.
Konga war verschwunden. Nun verschwand auch
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