Macabros 005: Die Schreckensgöttin
Ihnen zu helfen«, erwiderte Björn
Hellmark, »und zweitens ist auch ein bißchen Egoismus
dabei.«
»Und wie äußert der sich?«
»Sie wissen etwas. Etwas sehr Wichtiges. Man will verhindern,
daß dies den Menschen bekannt wird. Wer auch immer Ihre
Widersacher sind, sie kommen nicht aus dieser Welt. Oder finden Sie
eine Erklärung dafür, daß ein Hund, der sein Leben
ausgehaucht hat, so mir nichts dir nichts verschwindet? Die Existenz
soll nicht nachweisbar sein. Woher aber kam der Hund, und warum kam
er hierher? Es ist klar, daß unsichtbare Mächte,
rätselhafte und gefährliche Kräfte, hier ihre Hand im
Spiel haben. Von diesen Mächten wissen Sie etwas, Mister
Laughton. Es fällt Ihnen nur nicht ein. Wo sind Sie
dreißig Jahre lang gewesen?«
»Ich weiß es nicht. Es tut mir leid, aber ich kann mich
an nichts entsinnen.«
Laughtons Stimme klang dumpf und unglücklich. Er legte seine
Stirn in Falten, preßte die Augen zusammen und sah aus wie ein
Sterbender, der sich bemühte, mit allerletzter Kraft einen
Gedanken zu fassen, den er einem anderen mitteilen wollte. »Es
ist hoffnungslos, es ist nichts da.«
»Ich hätte eine Frage an Sie, Mister Laughton«,
sagte Hellmark.
»Ja, bitte?«
»Haben Sie eigentlich versucht, durch einen Psychologen
herausfinden zu lassen, was es mit Ihrer akuten
Gedächtnisstörung auf sich hat?«
»Nein. Erstens interessiert mich das wenig, zweitens kostet
das viel Geld. Und was hätte es genützt? Nichts.«
»Das kann man nicht so pauschal sagen«, widersprach
Björn. »Ihr Leben ist ungewöhnlich. Sie können
nicht einfach dreißig Jahre irgendwo verschwinden und dann
wieder auftauchen.«
Laughton lächelte bitter. »Wie Sie sehen, ist das doch
möglich. Ich weiß, ich habe London niemals verlassen. Ich
bin immer hier gewesen.«
»Eben das möchte ich genau wissen. Ich gehe von dem
Gedanken aus, daß Sie eine Botschaft haben. Eine Botschaft, die
vielleicht eine große Hilfe für mich ist.«
»Aber…«, Laughton wurde stutzig. »Wir kennen
uns nicht… wieso sollte ausgerechnet mein Lebensschicksal etwas
mit Ihnen zu tun haben?«
»Es gibt Anhaltspunkte dafür, die ich hier und zu diesem
Zeitpunkt nicht begründen kann, Mister Laughton.«
Björn sah Laughton in die Augen. »Wären Sie bereit
– auf meine Kosten – die Behandlung eines Psychologen in
Anspruch zu nehmen? Würden Sie sich einer tiefenhypnotischen
Sitzung unterziehen, um zu ergründen, ob Reste der Erinnerung
aus Ihrem Unterbewußtsein an die Oberfläche gefördert
werden können?«
Edgar Laughton dachte einen Moment lang nach. »Ja«,
sagte er dann, »ja, das würde ich tun. Wenn so etwas
möglich ist, ja.«
»Es ist möglich. Aber ob es erfolgreich sein wird, das
kann man nicht im voraus sagen. Sie werden noch einige
persönliche Dinge für Ihren Aufenthalt im Hotel
benötigen, Mister Laughton. Wenn es Ihnen recht ist, werde ich
Sie in Ihre Wohnung begleiten.«
»Ja, tun Sie das. Vielen Dank, Mister Hellmark.«
*
Er nahm einen kleinen Koffer mit, in den er Wasch- und Rasierzeug
und einige Kleidungs- und Wäschestücke packte.
Während er sich umzog, wartete Björn in dem kleinen
Wohnzimmer, das zum Arbeitszimmer umfunktioniert worden war. Hier
befand sich Laughtons Arbeitsecke. Unter denkbar schlechten
Lichtverhältnissen malte Laughton hier seine Ölbilder und
Aquarelle. An der Wand hingen diverse Arbeiten, die Hellmark
gefielen.
In einer Mappe lagen mehrere Aquarelle, die er sich ebenfalls
ansah.
Als Edgar Laughton zum Gehen bereit war, kam er in das Wohnzimmer
zurück. Hellmark äußerte sich anerkennend über
Laughtons Arbeit und gab zu erkennen, daß er am Kauf einer oder
auch zweier Arbeiten interessiert sei.
»Ihre Bilder gefallen mir. Ich habe ein großes Haus mit
vielen Wänden. Ich bin ein Kunstfreund. Wenn Sie mir etwas
verkaufen würden, täten Sie mir einen großen
Gefallen.«
»Welche Arbeiten gefallen Ihnen?«
Hellmark griff nach einem Frühlingsbild, das einen Apfelbaum
in voller Blüte zeigte. Im Hintergrund eine zerfallende
Gartenhütte.
Das zweite Bild war eine Herbstlandschaft in Wales. Flaches, im
Hintergrund ansteigendes Land, fast entlaubte Bäume. Auf dem
Boden gewaltige Lachen, in denen sich die Bäume spiegelten. Der
Himmel war noch grau, doch die Wolken zogen ab und im Hintergrund des
ansteigenden Landes glühte ein faszinierendes Rot. Es war eine
Wiesenlandschaft nach dem Regen, deren Stimmung Laughton mit
Meisterschaft eingefangen hatte.
»Diese beiden
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