Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Macabros 005: Die Schreckensgöttin

Macabros 005: Die Schreckensgöttin

Titel: Macabros 005: Die Schreckensgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
Vom Netzwerk:
den Wänden
gab es Bilder und großzügig eingerichtete Regale, aus
denen die Bücherflut fast herausquoll. Ein schwerer,
handgewebter Afghan bedeckte den Boden, und rundum waren
Kleinmöbel verteilt, die Geschmack und Sinn für Harmonie
bewiesen.
    In Laughtons Bewußtsein war die Leere. Mit keinem Wort war
er dazu zu bringen, die Umgebung zu beschreiben, in der er sich
aufgehalten hatte und die er doch gesehen haben mußte.
    In seinem Unterbewußtsein war nichts davon
hängengeblieben. Jeder Versuch war ein Vorstoß ins
Leere.
    Tiefer führte Shaker Laughton in die Vergangenheit
zurück.
    Schritt für Schritt.
    Und es blieb so.
    Da griff er zu einer List.
    Er fing an, den Fall von unten her aufzurollen. Er bemühte
sich, jenen Tag in die Erinnerung Laughtons zurückzuführen,
an dem er das letzte Mal in London gewesen sein mußte.
    Was war vor dreißig Jahren in den Stunden, Minuten und
Sekunden vor seinem Verschwinden geschehen?
    Laughtons Gesicht entspannte sich.
    »Ich bin auf dem Trafalgar Square. Es ist ein wunderbarer
Tag. Ich habe gemalt… den Platz und dahinter die National
Gallery. Frühling. Niemand kaufte mir etwas ab. Ich habe Hunger.
Ich müßte dringend etwas verkaufen.« Laughton sprach
ruhig und langsam.
    »Was tun Sie jetzt, Mister Laughton?« fragte Shaker.
    »Ich packe meinen Farbkasten zusammen.«
    »Wie spät ist es?«
    »Ich weiß es nicht!«
    »Werfen Sie einen Blick auf Ihre Uhr.«
    Laughton drehte ein wenig den Kopf. Er blickte nicht auf seine
Armbanduhr, sondern in die entgegengesetzte Richtung des Zimmers,
ohne jedoch die Augen zu öffnen. »Es ist gleich vier
Uhr.«
    Irgendwo in der Nähe des Trafalgar Square mußte es eine
Normaluhr geben. Aus der Blickrichtung Laughtons ließ sich
sicherlich abschätzen, wohin er geblickt hatte, wenn man
wußte, wo diese Uhr stand. Björn nahm sich vor, darauf zu
achten, wenn er den Trafalgar Square unter die Lupe nahm.
    Hellmark und Patrick waren gespannt.
    Es kündigten sich Fortschritte an. Dank Shakers Geschick war
in Laughtons Bewußtsein ein Punkt erreicht, der sehr nahe an
dem alles auslöschenden Ereignis liegen mußte.
    »Was machen Sie jetzt, Mister Laughton?«
    »Ich gehe weg vom Square. Ich habe mich entschlossen, meine
Bilder ein paar Geschäftsleuten anzubieten.«
    Es ging in chronologischer Reihenfolge weiter. Jede einzelne
Person, die er an diesem Nachmittag angesprochen hatte, ist in seinem
Unterbewußtsein haften geblieben. Er kann sich an die Menschen
erinnern, kann die Geschäfte beschreiben, die er betreten
hat.
    Ein Souvenirladen, der Flirt mit der jungen Verkäuferin. Sie
bittet ihn, später noch einmal vorbeizukommen. Der Chef, der
über den Ankauf eines Bildes entscheiden muß, ist nicht
anwesend.
    Laughton geht weiter. Er befindet sich jetzt in der Whit Comb
Street, geht weiter zur Wardour Street. Dann überquert er die
Shaftesbury Avenue.
    Die kleinen Straßen im Herzen Sohos liegen vor ihm.
    Er spricht mit Gemüsehändlern, mit einem Metzger. Keiner
hat Geld für die Kunst, obwohl er seine Bilder zu einem
Spottpreis anbietet.
    Er gibt alles preis. Er erzählt alles. Ein Rädchen
greift ins andere. Jener offenbar entscheidende Tag wird für die
atemlos lauschenden Zeugen zur Gegenwart.
    Laughton verließ gerade enttäuscht ein Restaurant, in
dem er ein Bild abzusetzen gehofft hatte. Er war kilometerweit
gelaufen. Er ist müde.
    Er hat keine Lust mehr.
    Da wird er angesprochen. Von einer jungen Frau.
    Sie ist daran interessiert, seine Bilder zu sehen. Sie hat ihn
beobachtet, wie er erfolglos aus dem Restaurant gekommen ist.
    »Sie bietet mir an, mit ihr nach Hause zu kommen. Sie will
mir einen Tee machen«, sagte Laughton. Und seine Augenlider
zuckten. »Auch etwas zu essen will sie mir hinstellen. Sie ist
sehr nett.« Fast schien es, als mache es ihm Spaß, von
dieser Episode zu erzählen.
    Ein sehr glücklicher Tag in seinem Leben war angebrochen.
Alles wies darauf hin, daß er sich mit der Fremden sehr gut
verstand.
    Er beschrieb sie, als Dr. Shaker eine dem entsprechende Frage an
ihn richtete.
    »Sie sagt mir, daß sie zweiundzwanzig ist, ein Jahr
jünger als ich. Sie ist ausgesprochen hübsch. Sie
trägt das Haar schulterlang. Es ist pechschwarz. Wenn ich sie so
sehe, möchte ich sie malen.« Laughton geriet ins
Schwärmen. Es war erstaunlich, was der Psychologe aus der
Erinnerung des Malers herausholte.
    Shaker fertigte auf einem Blatt Papier eine Skizze des Weges an,
den Laughton bekanntgab. Schließlich erreichte er,

Weitere Kostenlose Bücher