Macabros 005: Die Schreckensgöttin
so aufzunehmen, als sei nichts
geschehen. Denn dies sei genau das, was auch James Fleet empfinde:
daß nichts geschehen war. Er begriff nicht, daß er
wirklich vier Jahre lang abwesend gewesen sein konnte.
Der Direktor akzeptierte den Vorschlag und gab Fleet seinen alten
Platz wieder. Nun konnten die Nachforschungen beginnen. Doch gestern
starb Fleet auf mysteriöse Weise, ohne daß geklärt
werden konnte, wo er sich vier Jahre lang herumgetrieben hatte. Dies
alles erinnert stark an Ihr eigenes Schicksal, Mister
Laughton.«
Der starrte vor sich hin, als schien er in einer imaginären
Ferne etwas zu beobachten. Er nickte mechanisch.
Laughton sagte leise: »Aber er konnte der Rache nicht
entkommen. Sie haben ihn aufgespürt und vernichtet.«
»Das ist der Punkt, worüber wir mit Ihnen sprechen
wollten, Mister Laughton«, hakte Patrick sofort nach.
Laughton zuckte die Achseln. »Ich kann Ihnen nicht mehr sagen
als das, was Sie schon wissen, Mister Patrick. Ich weiß nichts.
Ich kann Ihnen nur meine Gedankengänge schildern, die ich hatte,
als ich vom Schicksal Fleets las. Ich wußte ganz
plötzlich, daß es das war, wovor ich mich
versteckte.«
Björn Hellmark fragte: »Das bedeutet also, daß Ihr
Gedächtnis nach und nach wieder einsetzt.«
»Nein, so einfach ist das nicht. Ich weiß nur den Hund
zu deuten, die Katze. Es ist – wie ein Instinkt, verstehen Sie?
Ich weiß nur, daß ich dies oder jenes fürchten
muß – wie ein Vogel weiß, daß er vor der Katze
zu fliehen hat. Ich…« er stutzte plötzlich und sah sie
beide mißtrauisch an. »Aber Sie haben mir noch immer nicht
gesagt, wieso Sie ausgerechnet jetzt, in dieser Stunde, in der
Nähe meiner Wohnung aufgetaucht sind? Wieso wußten
Sie…?«
Er wirkte plötzlich wieder ängstlich. Er setzte sich so,
als käme es darauf an, in jeder Sekunde damit zu rechnen,
daß er angegriffen würde und fliehen müßte.
»Entschuldigen Sie, das hatte ich vergessen«, entgegnete
Richard Patrick schnell. »Ich bin ganz davon abgekommen.
Natürlich haben Sie ein Recht darauf, dies zu erfahren. Heute
mittag stieß Mister Hellmark zu mir. Wir besprachen die
mysteriöse Angelegenheit, soweit wir Kenntnis davon hatten. Und
dann versuchten wir für das Leben Fleets all jene Steinchen
zusammenzufügen, die wir bisher hatten. Ich entdeckte sehr viele
Parallelen, die in Ihre Geschichte paßten. Aber sie hatten mir
nicht detailliert davon berichtet, was oder wer sie bedroht. In
Fleets Schicksal konnte ich jedoch die Antwort lesen. Als Mister
Hellmark und ich sicher waren, daß Sie die gleiche Gefahr zu
befürchten hatten, machten wir uns auf den Weg. Wir wollten Sie
warnen. Wir kamen deshalb in die James Street. Der Zufall wollte es,
daß wir direkt in das Geschehen einbezogen wurden. Als wir
heranrollten, sahen wir Sie aus der Toreinfahrt rennen. Hinter Ihnen
der Höllenhund. So war das.«
»So war das«, echote Laughton. »Hm, gut. Dann habe
ich Ihnen mein Leben zu verdanken.« Er sah Hellmark lange an.
»Sie haben ein gutes Gesicht«, sagte der Maler. »Ich
habe Vertrauen zu Ihnen.«
»Danke.« Björn lächelte.
Laughton warf einen Blick aus dem Fenster, hinüber zu dem
dunklen Haus, wo er die letzten Monate gewohnt hatte. »Dort kann
ich nicht mehr bleiben«, murmelte er! »Jetzt wissen Sie
Bescheid.«
»Sie sagten vorhin etwas von einem Hund und einer
Katze«, bemerkte der Deutsche. »Wie kommen Sie gerade
darauf?«
»Ich habe die Vampirkatze gesehen. Sie kam über das Dach
des Hospitals und drang durchs Fenster in das Zimmer von James Fleet
ein.«
Patrick und Hellmark sahen sich an. Sie mußten an die
Ergebnisse ihrer Recherchen denken. Danach hatte ein Arzt des
Hospitals den Verdacht ausgesprochen, daß von einem Platzen der
Halsschlagader bei Fleet gar keine Rede sein konnte. Man hatte tiefe
und scharfe Bißwunden festgestellt, die aussahen, als
hätte ein Vampir Fleets Blut ausgesaugt. Aber da kein Mensch
mehr an Vampire glaubt, durfte man einen solchen Verdacht erst gar
nicht aussprechen.
Hellmark gab im Gespräch mit Laughton zu, daß er jetzt,
wo er den Höllenhund gesehen hatte, auch an die Vampirkatze
glaube, die das Leben Fleets ausgelöscht hatte. »Ich werde
mich um Sie kümmern«, versprach Björn. »Es ist
klar, daß Sie nicht mehr in diese Wohnung zurückkehren
können. Ihr Leben ist gefährdet. Bleiben Sie diese Nacht in
unserem Hotel! Wir werden ein Zimmer für Sie bekommen.«
Laughton sah ihn an. »Warum tun Sie das für
mich?«
»Erstens, um
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