Macabros 005: Die Schreckensgöttin
Traumwelt. Das Innere des
Tempels… dieser Tempel ist sein Hirn. Er steht unter furchtbaren
höllischen Ängsten. Das Vergessen, das über ihn
gekommen ist, mag vielleicht sein einziger Schutz sein, den er hat.
Er muß diese schrecklichen Bilder irgendwie
loswerden.«
Hellmark biß sich auf die Lippen. »Aber er könnte
auch eine Welt geschildert haben, die er wirklich gesehen hat«,
brachte er tonlos hervor. Man sah ihm an, wie sehr er sich mit den
gestellten Problemen beschäftigte.
»Aber das sind Phantastereien, Mister Hellmark!« entfuhr
es Shaker. »Wo anders soll es eine solche Welt geben als in dem
kranken Geist von Mister Laughton?«
»Die detaillierte Beschreibung gibt mir zu denken,
Doc.«
»Haben Sie eine Ahnung, was für Bilder in den Hirnen
mancher Menschen vorkommen? Würde man alles offenlegen
können, es wäre entsetzlich«, konterte Shaker.
»Er weiß, wo die Höllenhunde zu Hause sind. Im
Tempel der Schreckensgöttin. Haben Sie die Zeitungen gestern
gelesen?« fügte Björn seiner Frage an.
Shaker winkte ab. »Die Story von dem Hund? Ich weiß.
Massenpsychose!«
»Der Hund war Wirklichkeit, Doc. Ich habe ihn letzte Nacht
gesehen. Er war Laughton auf den Fersen. Ich habe den Hund ablenken
können. Ich habe ihn getötet.«
Shaker riß die Augen auf. »Na, wunderbar! Dann zeigen
Sie mir dieses Urviech.«
Hellmark zuckte die Achseln. »Das ist leider nicht
möglich.«
»Und weshalb nicht?«
»Der Hund hat sich nach seinem Tod aufgelöst.«
Shaker schluckte. Er sah Björn Hellmark an, als sei es
dringend an der Zeit, daß auch er sich so schnell wie
möglich in die Behandlung begäbe. »Er hat sich
aufgelöst, so. Einfach in Luft, wie?«
»Ja«, kam Schützenhilfe von der Seite des
amerikanischen Verlegers, der sich die ganze Zeit sehr schweigsam
verhalten hatte. »Ich habe es mit eigenen Augen
gesehen.«
*
Hellmark war es, der einsah, daß es keinen Sinn hatte, mit
Shaker weiter diese Dinge zu erörtern. Shaker war zu anderen
Schlüssen gekommen. Für ihn mußte alles andere
phantastisch und unlogisch sein. Das konnte man ihm nicht
verübeln.
»Ich muß Laughton noch einmal etwas fragen«,
meinte Björn unvermittelt.
»Das kann ich nicht verantworten. Ich riskiere es nicht ein
zweitesmal, ihn in jene Schreckenswelt zu versetzen.« Der
Psychologe schüttelte den Kopf. »Wenn ich noch einmal jene
Situation provoziere, kann es den Tod Laughtons bedeuten. Er steht
vor dem Eingang zur Hölle. Ich möchte nicht, daß er
ihn passiert.«
»Auch ich möchte das nicht Laughton soll nicht
gefährdet werden, Doc.« Björn Hellmarks Stimme klang
fest und sicher. Er wußte offenbar genau, wovon er sprach.
»Es wäre jedoch kein Risiko, Laughtons Gedächtnis noch
einmal an jene Stelle zurückzuführen, wo er die Wohnung
seiner hübschen Begleiterin betritt. Vielleicht könnte man
die Hausnummer erfahren, den Namen der Dame.«
»Das müßte zu machen sein. Und was versprechen Sie
sich davon, Mister Hellmark?«
»Ich suche den Eingang zur Hölle, Doc«, entgegnete
der Deutsche ernst. »Ich kriege das Gefühl nicht los,
daß sich dieser Eingang im Schlafzimmer der bis jetzt noch
unbekannten jungen Frau befindet.«
Shaker sah Hellmark an, als hätte der endgültig den
Verstand verloren.
Björn ahnte, was der Psychologe dachte. Aber er machte sich
nichts daraus.
*
Shaker ließ Laughton eine halbe Stunde lang ruhen.
Dann führte er die Sitzung weiter.
Der Maler schien sich erholt zu haben. Sein Gefühlsausbruch
wiederholte sich nicht.
Der Psychologe konnte das nun folgende Zwiegespräch in einer
ruhigen und entspannten Atmosphäre fortsetzen und noch einmal
jenen Punkt in die Erinnerung Laughtons zurückholen, wo er mit
dem fremden Mädchen in dessen Wohnung gegangen war.
Noch stand er davor, sah vor seinem geistigen Auge die Bilder, die
sein Unterbewußtsein freigab und von denen er glaubte,
daß dies jetzt die Gegenwart sei, in der sich alles abspielte.
Zu diesem Zeitpunkt wußte er noch nichts von der Furcht, er war
gelöst und frei.
Laughton beschrieb das Haus, gab die blatternarbige Fassade an,
die er zu Gesicht bekam, erwähnte die verwitterte Tür,
durch die sie gingen, um schließlich über einen muffigen
Hausflur und eine knarrende Treppe in die Dachwohnung zu gelangen, in
der die junge Frau wohnte.
Sie hieß Betty Roughly und wohnte im Haus Nr. 156 in der
Bourchier Street.
Nach diesem Gespräch weckte Dr. Shaker Edgar Laughton
auf.
Der Maler war sofort bei vollem
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