Macabros 006: Horror-Trip
Überwindung der Dimensionsmauer
ermöglichte.«
Turnborgh sagte nun nichts mehr. Er war überzeugt davon, es
mit einem nicht normalen Menschen zu tun zu haben.
»Die Welt der vierten Dimension, die uns ständig umgibt
und die wir nicht sehen, ist ebenso groß und vielseitig wie
die, aus der wir kommen, Mister Turnborgh, mit zahllosen Kontinenten,
Meeren, Flüssen und Seen. Viele Teile sind unbewohnt, andere
quellen über von verschiedenen Stämmen, die gegenseitig
verfeindet sind. Es ist eine, reine Welt der Feindschaft. Hier hat
das Böse seinen Sieg errungen, und vieles deutet darauf hin,
daß auf dieser Seite der Welt alles vorbereitet wird, einen
Feldzug durch die dritte Dimension zu machen, um auch hier den
Dämonen und niederen Geistern alle Freiheiten zu schaffen, die
sie brauchen, um diese Welt ins Verderben zu stürzen. Die
Kräfte sind schon jetzt spürbar.«
»Eins verstehe ich nicht«, warf Turnborgh ein, als
Lekarim kurz schwieg. »Wie war das mit George Beard? Hat auch er
sein Gedächtnis verloren? War auch er hier gewesen
und…«
Ajit Lekarim zuckte zusammen. »Beard? Wie kommen Sie auf
diesen Namen?«
Turnborgh erzählte ausführlich seine Story.
»Nun begreife ich alles«, murmelte der Inder, als der
Engländer geendet hatte. »Jetzt erübrigen sich die
Fragen, die ich Ihnen stellen wollte. George ist tot! Und niemand
weiß, wie es passiert ist. Herzschlag, sagten Sie? Es war kein
Herzschlag gewesen, glauben Sie mir, Mister Turnborgh. George starb
keines natürlichen Todes.«
»Genau das hat Raquel auch gesagt.«
»Sie hat recht damit. George hat die Geister gesehen, die er
gerufen hat. Auf den letzten Exkursionen hat er mich
regelmäßig begleitet. Wir waren eng miteinander
befreundet, und ich vertraute George ebensosehr wie er mir. Ich
konnte ihn unter dem Schutz der magischen Formeln, die ich für
mich finden konnte, mit einem verhältnismäßig
geringen Risiko an den Abenteuern teilnehmen lassen. Das bedeutete,
daß er mit einer Teilerinnerung in die dritte Dimension
zurückkehren und dort seine Skizzen und Gedanken niederschreiben
konnte, seinen Blick in ein Geisterreich, wie er es oft bezeichnet
hat. Ich mußte ihn allerdings genauso zurücktransformieren
wie jene, die ich hier aufgriff oder die mich suchten, um meine Hilfe
in Anspruch zu nehmen. George Beard nahm die Umwandlung immer wieder
in Kauf, nur um dabei sein zu können. Im Gegensatz zu mir
bestand für ihn nicht die Möglichkeit, wieder über den
magischen Kreis im Zentrum der Totenschädel des Hauses auf dem
Hügel in seiner gewohnten Gestalt aufzutauchen. Er mußte
den Weg über den Mikrokosmos machen, deshalb wurde sein
Körper einem Schrumpfungsprozeß unterzogen.«
Turnborgh schluckte. Am liebsten hätte er nach einem Arzt
geschrien, in der Hoffnung, daß einer auftauchte und ihn hier
befreite.
Eingeschrumpfte Menschen! Was für ein Blödsinn! Doch
dann mußte er daran denken, was er mit eigenen Augen gesehen
hatte, und wofür es bis jetzt noch keine Erklärung gab. Der
kleine Mensch in der Glaskugel vorhin, der auf so furchtbare Weise
getötet worden war.
»Was geschieht mit ihnen, warum werden sie so klein?«
fragte er matt.
»Ich kämpfe gegen die Dämonen und Geister, die
jederzeit und ohne besondere Vorrichtungen in unsere Welt vordringen
können. Verfügte ich über einen jener magischen
Spiegel, von denen ich Ihnen erzählt habe, dann wäre alles
viel leichter. Durch dieses transdimensionale Tor könnte man
jederzeit ein- und ausgehen. Der Umweg über den Mikrokosmos
wäre dann für die, die ich retten will, nicht
notwendig.
Ich will nicht zu ausführlich werden. Sicher brummt Ihnen
schon jetzt der Schädel.« Er lächelte trotz des
Ernstes ihrer Lage. »Sicher halten Sie mich für
verrückt. Ich kann es Ihnen nicht verübeln. Es klingt
einfach alles zu phantastisch. Es ist eine Wunder-, eine
Märchenwelt.
George Beard sagte mal, daß er in seiner frühen
Kindheit nicht mehr von Lewis Carrolls Buch ’Alice im
Wunderland’ losgekommen sei. Merkwürdigerweise hätte
er als Junge überall in Wald und Flur nach jenem Loch gesucht,
wo das Kaninchen eventuell verschwunden sein könnte, dem Alice
schließlich nachgegangen war. Er konnte Carrolls Buch nie als
reine Phantasie begreifen. Er war überzeugt davon gewesen,
daß der der Autor einen Blick in eine andere, jenseitige Welt
geworfen hatte. Wissen wir es? Vielleicht hatte Carroll jenen
Spiegel, der das Tor zur vierten Dimension bedeutet. Carroll war
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