Macabros 021: Abraxas Fluch des Magiers
er die Stirn. Wer kam denn jetzt noch?
»Schon gut, Stan, schon gut«, murmelte der Hausmeister
und meinte damit den prachtvollen Kater, der um seine Beine strich,
als er auf die Tür zuging.
Sean Moore lebte allein und liebte Katzen. Aus diesem Grund hielt
er sich gleich drei Stück davon im Haus. Eine graugetigerte
Katze, einen Siamesen und Stan, die Tigerkatze.
Moore schloß den Gürtel wieder und zog den
Reißverschluß an seiner Hose hoch. Während er zur
Tür ging, griff er nach dem dunkelblauen, nicht mehr ganz
sauberen Morgenmantel und schlüpfte hinein.
An der Tür zog er den Riegel zurück und
öffnete.
»Ja?« fragte er, erstaunt. »Bitte? Sie
wünschen?«
Er blickte den Fremden aufmerksam an: ein hartes,
scharfgeschnittenes Gesicht, dunkle Augen, die wie Kohlen
glühten. Der Mann trug einen Umhang, der innen rot
gefüttert war. Der Stehkragen hatte gewaltige Ausmaße und
rahmte diesen markanten Kopf ein.
»Sie sind Sean Moore, der Hausmeister?«
»Ja.«
»Mein Name ist Stokan, Karel Stokan.«
Dieser Name sagte Moore nichts, aber irgendwie bekannt kam ihm das
Gesicht und die Aufmachung, in der der Fremde auftauchte, vor.
Plötzlich wußte er Bescheid.
Er hatte Plakate in London gesehen, Plakate von Abraxas, dem
Magier.
Das war er! Was wollte er hier?
»Ich möchte ein paar Fragen an Sie richten, Mister
Moore. Es geht um die dramatischen Ereignisse, die sich heute ganz in
der Nähe Ihres Hauses abspielten und hier teilweise ihren
Ausgangspunkt nahmen.«
Abraxas’ Stimme klang kühl und unpersönlich. Nichts
mehr war vorhanden von der Trauer oder dem Entsetzen in den Augen,
das ihm anzusehen war, als er die Todesnachricht erhielt.
»Bitte, Mister Stokan, treten Sie näher!« Moore tat
einen Schritt zur Seite.
Abraxas betrat den schummrigen Flur. Einfache, alte Möbel,
alle nicht sehr sauber, man sah auf den ersten Blick, daß hier
die ordnende Hand fehlte. Es roch nach abgestandenem Rauch, kaltem
Fett und Katzen.
Moore führte seinen Gast ins Wohnzimmer.
»Sind die Räume und Wohnungen in diesem Haus alle
vermietet?« fragte Abraxas.
»Nicht alle, nein.«
»Es wechselt?«
»Ja.«
»Wie ist das mit den Dachwohnungen, Mister Moore? Ich meine
da eine ganz bestimmte. Oben rechts. Ist die derzeit
vermietet?«
»Nicht für den ganzen Monat. Ein junger Mann ist dort
vor etwa drei Tagen eingezogen. Ein Seemann. Hat er jedenfalls
gesagt. Er heißt Case.«
»Er ist jetzt nicht da?«
»Soviel mir bekannt ist, nein.«
»War Mister Case heute abend im Haus?«
»Das kann ich nicht sagen. Ich spioniere den Mietern nicht
nach.«
»Aber Sie vermieten Räumlichkeiten, ohne sich zuvor
über die betreffenden Mieter zu erkundigen, nicht
wahr?«
Moores Augenschlitze wurden schmal. »Ich weiß nicht,
was Sie damit sagen wollen.«
»Ich will es Ihnen erläutern, Mister Moore: Sie haben
einem oder mehreren Verbrechern Unterkunft gewährt. Sie wissen,
was dort oben in der Dachwohnung passiert ist?«
Sean Moore gefiel dieses Gespräch nicht. Woher nahm der
andere die Stirn, so mit ihm zu sprechen? »Ich weiß nichts
Genaues. Inspektor Gustner war hier. Ich konnte auch ihm nichts
sagen.«
»Wie sah der Mann aus, der die Wohnung vor drei Tagen
gemietet hat?«
»Wieso interessieren Sie sich dafür? Ich habe keine
Veranlassung, Ihnen irgendwelche Auskünfte zu geben. Das ist
Sache der Polizei, das geht Sie überhaupt nichts an!«
»Es geht mich sehr viel an, Mister Moore.« Abraxas trat
um den Tisch herum. Seine langen, schmalen Hände kamen hinter
dem Umhang vor, und der Magier stützte sich an der Tischplatte.
»Meine Frau und meine Tochter wurden dort oben festgehalten. Ein
Kind, das dringend in ärztliche Behandlung mußte, das
Fieber hatte, wurde von dem Verbrecher, dem Sie Unterkunft
gewährten, daran gehindert.«
Dieser Mann war verbittert. Hart klangen seine Worte. Man konnte
es ihm nicht verübeln, wenn man bedachte, was passiert war.
»Wie sah der Mieter aus?«
»Dunkelhaarig, schlank.«
»Wie alt?«
»Vielleicht fünfundzwanzig, sechsundzwanzig.«
»War er allein dort oben?«
»Ich kann es nicht mit Gewißheit sagen. Möglich,
daß er Freunde mitgenommen hat. – Aber das alles kann
Ihnen die Polizei viel besser sagen. Warum belästigen Sie mich
damit?«
»Sie haben die Wohnung zur Verfügung gestellt. Sie
hätten sich die Leute, denen Sie vermieten, genauer ansehen
müssen.«
»Sie sind verrückt«, entfuhr es Moore. Was dieser
Mann von ihm verlangte!
»Ja, das bin ich vielleicht«,
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