Macabros 021: Abraxas Fluch des Magiers
Macabros: »Guten Abend, Herr Gablisczek.«
*
Die Menschen strömten aus dem Theater.
Abraxas hatte sofort nach seiner letzten Darbietung die Bühne
verlassen. Die Zuschauer hatten mit Beifall nicht gegeizt, sie hatten
getobt. Abraxas hatte sich jedoch kein zweites Mal mehr gezeigt. Das
war typisch für ihn.
Auf dem Weg zur Garderobe kamen ihm ein Bobby und ein Mann in
hellem Trenchcoat entgegen.
»Mister Stokan?« fragte der Zivilist.
Abraxas hob erstaunt den Blick. »Ja, bitte?«
»Inspektor Gustner«, stellte sich der Mann vor.
»Wir müssen Sie sprechen.«
Die Stimme klang gedämpft.
»Etwas Unangenehmes?«
»Leider ja. Darf ich Sie unter vier Augen sprechen?«
Abraxas, noch in voller Verkleidung, führte den Inspektor in
seine Garderobe. Unruhe erfüllte ihn, die er sich nicht
erklären konnte.
»Sie haben eine Frau, nicht wahr?«
»Ja.«
»Und eine Tochter?«
»Ja.« Stokan zuckte zusammen. »Ist etwas –
passiert?« stieß er plötzlich hervor. Die Art und
Weise, wie Inspektor Gustner mit ihm verkehrte, weckte sein
Mißtrauen.
»Ihre Frau und Ihre Tochter hatten einen Unfall.«
»Unfall? Aber das ist unmöglich!« Plötzlich
war er wieder beruhigt. Wahrscheinlich war es eine Verwechslung.
Jutta und Ruchena befanden sich im Hotel. Das sagte er dem
Inspektor.
»Würden Sie bitte dort anrufen, Mister Stokan?«
Er tat es. Der Portier meldete sich, aber er konnte nicht
verbinden. Im betreffenden Apartment sei niemand anwesend.
»Aber das ist doch unmöglich!« rief Abraxas in die
Sprechmuschel. »Meine Tochter ist krank. Meine Frau und meine
Tochter müssen da sein. Bitte, versuchen Sie’s noch
mal!«
Der Portier gab ihm zu verstehen, daß er selbst gesehen
hatte, wie Madame in Begleitung eines Arztes das Haus verließ.
Das Kind sei auf einer Trage abtransportiert worden.
Mit schwerer Hand legte Abraxas den Hörer auf die Gabel
zurück.
»Jutta und Ruchena gehen weg, ohne mich zu informieren? Da
stimmt doch etwas nicht…« Harten Blickes starrte er den
Inspektor an.
Der nickte. »Sie finden es ungewöhnlich, daß Ihre
Frau Sie vorher nicht unterrichtet hat?«
»Ja. So etwas kommt grundsätzlich nicht vor. Es war
verabredet, daß Dr. MacLean das Kind untersucht, aber daß
es gleich ins Krankenhaus muß…«
»Ihre Tochter ist nicht ins Krankenhaus gekommen, Mister
Stokan«, fiel Gustner ihm ins Wort.
»Nicht?«
»Sie wurde entführt! Wir konnten den Vorfall inzwischen
rekonstruieren. In ein altes Haus, in der Nähe des Tower, hat
man Ihre Frau und Ihre Tochter verschleppt. Von den Tätern fehlt
jede Spur, und ich bin gekommen, um auch hierüber mit Ihnen zu
sprechen, ob Sie uns einen Hinweis geben können, der die
eventuellen Täter betrifft. Ihre Frau und Ihre Tochter konnten
fliehen, Mister Stokan.«
»Na, wunderbar. Dann können sie Ihnen
doch…«
»Leider nein. Ich habe die undankbare Aufgabe, Ihnen eine
Mitteilung zu überbringen, die Sie stark treffen wird. Bei dem
Versuch zu fliehen – wurden beide getötet!«
*
Eine Bombe, in unmittelbarer Nähe gezündet, hätte
nicht schlimmer einschlagen können.
Abraxas erbleichte. Die Lippen in seinem Gesicht bildeten einen
einzigen Strich und verstärkten den harten Ausdruck seiner
Züge noch.
»Wie ist es passiert, Inspektor? Wurden sie –
erschossen?«
Gustner berichtete von dem IRA-Mann und dem Anschlag.
»Sie sind genau hineingelaufen. Man konnte nichts mehr
für sie tun.«
Abraxas’ Gesicht war starr wie eine Maske. »Führen
Sie mich an den Tatort«, murmelte er. »Ich möchte mir
einen Eindruck verschaffen. Zeigen Sie mir auch das Haus, in dem man
meine Frau und meine Tochter gefangenhielt!«
*
Gustner tat es.
Die Rollen schienen vertauscht. Plötzlich war es der Magier,
der Fragen stellte.
Er wollte alles wissen und ließ sich auch die Wohnung
zeigen. Blutflecke auf dem Boden, das Rasiermesser…
»Bei dem Versuch zu fliehen muß es zu einer kurzen
Auseinandersetzung gekommen sein, Mister Stokan«, hörte
Abraxas die Worte des Inspektors wie aus weiter Ferne. »Wir
wissen nicht, ob der Entführer verletzt wurde, oder Ihre Frau
oder Ihr Kind.«
»Von den Entführern gibt es keine Spur?«
»Bis jetzt nicht, nein.«
Abraxas stand am Fenster und starrte hinunter auf die
Straße. An der Ecke auf dem Bürgersteig wurden die letzten
Scherben und Verputzbrocken weggeräumt, die von der
detonierenden Bombe herrührten. Die Toten und Verletzten hatte
man zuerst beiseitegeschafft.
Der Polizei war
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