Macabros 021: Abraxas Fluch des Magiers
Mannes, den seine eigenen
Katzen zerfleischten.
*
Abraxas ging durch den dunklen Hof, über den er gekommen war.
Seine Schritte waren schleppend. Er lief wie ein alter Mann, etwas
gebeugt und den Kopf gesenkt.
Auch er atmete schwer, als hätte er harte, körperliche
Arbeit vollbracht. Schweiß perlte auf seinem Gesicht. Seine
Lippen waren schmal und verkniffen, er wirkte alt und ausgelaugt.
Er taumelte auf die dunkle, feuchte Mauer zu, die den Hof vom
Nachbargrundstück trennte. Der Geruch aus Mülleimern stieg
in seine Nase.
Abraxas lehnte seinen Kopf an das kühle Mauerwerk und fand es
angenehm, seine heiße, fiebernde Stirn dagegen zu
drücken.
Drei Minuten stand er so da, schwer atmend, seine Hände
zitterten.
Dann richtete er sich wieder auf, und es war, als hätte er
neue Kraft geschöpft.
»Einer nach dem anderen«, murmelte er tonlos. »Ob
schuldig oder unschuldig… ich hasse euch… Case oder Smith
oder Miller… egal, wie immer du auch heißen magst, du
entkommst mir nicht. Du hast mich unterschätzt. Du bist in
dieser Nacht auf alle Fälle noch dran. Ich werde dich
finden… egal, wo du steckst.«
*
»Cindy? Hallo, Cindy? Mach auf!«
Er klopfte zweimal zaghaft an die verschlossene Tür und warf
einen ängstlichen Blick hinter sich.
Der Mann im düsteren Flur des Nachtlokals hoffte, daß
niemand ihn gesehen hatte.
Leise Schritte.
»Pit?« fragte eine angenehme weibliche Stimme.
»Ja.«
Die Tür ging auf. Der Rotblonde huschte sofort in den
Raum.
Die schwarzhaarige junge Frau, nur im Nighty, sah
verführerisch aus. Lange Beine ragten unter dem kurzen,
seegrünen Nachtgewand hervor, die aufregenden Kurven schimmerten
durch.
Cindy Ballanger ließ den Besucher ein.
»Du siehst nicht gut aus«, bemerkte sie. Rasch stellte
sie das Gläschen mit dem Nagellackentferner auf den Tisch
zurück und warf den Wattebausch achtlos in einen unter dem
Waschbecken neben der Tür stehenden Papierkorb. »Dir hat
eine das Gesicht zerkratzt«, bemerkte sie bissig. »Und
jetzt erinnerst du dich, daß du’s hier zärtlicher
haben kannst.«
Sie schien nicht gerade begeistert von dem späten Besuch.
»Es ist nicht ganz so«, knurrte Pit Rutherland. Er warf
einen schnellen Blick in den Spiegel über dem Becken. Die lange
Wunde sah schlimm aus. Das dunkle, verkrustete Blut lief quer
über sein Gesicht.
»Das waren keine Fingernägel, Darling«, knurrte er.
Er tupfte vorsichtig mit einem feuchten Handtuch die Wunden ab und
befreite sein Gesicht von den Blutflecken. »Das war ein
Rasiermesser.«
»Donnerwetter«, entfuhr es der Schwarzhaarigen. Sie
drehte ihren strammen Po herum, daß das Nighty in die Höhe
flog und vielversprechende Aussichten freigab. »Das ist ja mal
was ganz Neues. Wolltest du dir deinen Schnauzer wegrasieren und bist
abgerutscht? Hast du den Schnurrbart auf deinen Backenknochen
gesucht, Pit?«
»Ganz so war’s nicht.«
»Hätte mich auch gewundert.« Sie besaß eine
angenehme, verführerische Stimme und wirkte immer attraktiv. Er
ging auf sie zu, legte beide Hände auf ihre Schultern und zog
sie langsam an sich. Als er seinen Mund ihrem Gesicht näherte,
wandte Cindy sich ab.
»Was ist los, Pit? Ärger mit der Polizei? Und jetzt
suchst du hier Zuflucht? War’s so? Schlägerei
gehabt?«
»Beinahe.«
»Du redest in Rätseln, Mann. Wenn ich dich hier
häuslich aufnehmen soll, mußt du mir schon sagen, was los
war. Ich mag keine Schwierigkeiten.« Sie blickte zu ihm auf und
war bereits abgeschminkt, aber im Gegensatz zu ihren Kolleginnen hier
im ’Green Light’ sah sie auch ohne Make-up ansprechend und
appetitlich aus.
»Ich bin vor der Polizei getürmt. Aber es war keine
Schlägerei im Gang, jedenfalls kann man sie nicht so bezeichnen.
Ich hab ’ne Dummheit gemacht. Ich wollte schnell reich werden.
Dazu brauchte ich einen Tip.« Er schüttelte sich.
»Erinnerst du dich noch an unsere gemeinsamen
Auftritte?«
»Ich erinnere mich an alles, Pit, was wir je gemeinsam
gemacht haben.«
»Kartentricks, Kunststücke mit Stock und Zylinder, aus
denen meterweise bunte Tücher flatterten… Papierblumen, die
sich aus alten, zerrissenen Zeitungen wieder entfalteten…
tausendmal gesehen und gehabt, entlockt den meisten nicht mal mehr
ein Gähnen ich hatte die Schnauze voll. Abraxas gastiert in
London. Seit Wochen spukt mir kein anderer Gedanke mehr im Kopf
herum: wie macht er es. Keiner hat ihn je übertroffen,
geschweige denn erreicht. Ich muß verrückt gewesen sein.
Ich
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