Macabros 027: Totenbarke nach Xantilon
etwas sagen und den Namen dieses
Mannes nennen, den sie kannte!
»W-a-r-n-a-k«, entrann es tonlos ihren Lippen.
Das war der Kräuterzüchter, wie er leibte und lebte, und
doch war er anders. Er war jünger, als hätte er einen
Jungbrunnen genossen, und seine glatte, faltenlose Haut zeigte nicht
die geringste Spur von Verletzungen, die er bei seiner Begegnung mit
den unheimlichen Dämonendienern, den Kugelköpfen,
davongetragen hatte.
»Ich bin es wirklich, meine Tochter. Ich bin kein Geist,
keine von den Dämonen ausgenutzte Seele, die ihr vampirisches
Dasein in den Dienst der bösen Sache stellt. Ich bin Warnak, der
den Tod überwunden hat zu einem neuen Leben, das ihn nach
Xantilon führen wird. Komm, folge mir!«
»Throx, wir müssen ihm helfen…«
»Wir können ihm nicht mehr helfen, nicht hier. Wenn es
eine Möglichkeit gibt, dann nur in Xantilon selbst.«
Sie starrte auf den durch die Luft taumelnden Dämonenvogel,
der nicht mehr richtig in die Höhe kam, dessen flatternde
Flügel die Luft peitschten, dessen Blut zu Boden tropfte.
Nebel huschten über Aminas Augen. Sie merkte, wie die
Kräfte sie verließen.
Wie aus weiter Ferne vernahm sie noch die Stimme ihres
Beschützers.
»Selbst in das Totenreich sind sie eingedrungen. Die weisen
Wächter haben es nicht verhindern können. Das ist schlimm,
denn es beweist, daß die Schwarzen Priester und ihre
Anhänger auf dem Weg sind, Kräfte zu beschwören, die
seit undenklichen Zeiten existieren und die einst verbannt wurden.
Ich denke an die Unterirdischen. Dämonen und Geister allein sind
nicht in der Lage, diese Kräfte zu entwickeln, um die geistigen
Schranken niederzureißen, die das Reich der Toten von der Welt
der Lebenden abschirmen. Der Auszug der Toten hat begonnen, meine
Tochter. Das Tor in das Reich der Lebenden steht weit offen. Die
ersten Barken werden gen Xantilon gesteuert. Wir müssen uns
beeilen, um den Anschluß nicht zu verpassen, wir müssen
das Totenreich verlassen, ehe die Dämonen mit Hilfe der
Unterirdischen weiteres Terrain erobern. Die armen Unglücklichen
da vorn…« Er starrte in die brodelnde Finsternis jenseits
der Stalagmiten und Stalaktiten, jenseits der endlosen Stufen, die
zur Oberwelt führten und hinter denen die brüchigen,
geheimnisvollen Netze hingen mit den Körpern der Verstorbenen,
die für den Kampf gegen die Dämonen verloren waren.
»Für sie gibt es keine Hilfe, keine Rettung mehr. Ihre
Seelen gehorchen den Dämonen, und sie werden im Kampf gegen uns
antreten, statt uns zu unterstützen.«
Amina wollte etwas sagen. Die geheimnisvollen Unterirdischen
tauchten immer wieder in den Gedanken und den Worten dieser Menschen
auf. Aber etwas Genaues wußte bis zur Stunde noch niemand von
ihnen.
Arsons junge Frau kippte plötzlich um. Sie spürte den
Schwächeanfall kommen, konnte ihn jedoch nicht verhindern.
Warnak fing den leichten Körper auf und warf ihn sich
über die Schulter. Der kleine, weinende Taaro griff nach der
schlaffen Hand seiner Mutter und hielt sie fest, als wolle er sie nie
mehr loslassen. Er lief mit kleinen, schnellen Schritten hinter dem
kraftvollen Warnak her, der noch einen Blick zurückwarf zur
Grenze, wo sich das von Dämonen kontrollierte Totenreich mit den
dunklen, stillen Wassern des Totenflusses traf.
*
Throx schlug wie von Sinnen um sich und machte dem
geflügelten Dämon deutlich zu schaffen. Die grüne,
schuppige Bestie mit den hervorquellenden, blutroten Augen torkelte
durch die Luft. Sie kam nicht in die Höhe. Throx berührte
mit den Füßen bereits den dunklen, glitschigen Felsboden.
Der eingehackte Flügel des Dämons hing schlaff herab und
zuckte noch. Das Ungetüm kam jetzt mit seinen klauenartigen
Füßen auf. Das würde das Ende für Throx
sein.
Wenn der Koloß sich mit seinem ganzen Gewicht auf den
verwundeten Krieger legte mußte Throx ersticken.
Aber da war plötzlich etwas, das Warnak selbst nicht
begriff.
Auf den schwarzen Stufen zum Meer der Toten erschien eine
Gestalt.
Kraftvoll, braungebrannt, mit blondem Haar, einem energischen,
jugendlichen Gesicht, auf dem ein jungenhaftes Lächeln lag.
Der Fremde in einer fremden Kleidung hielt wie durch Zauberei
plötzlich ein Schwert in der Hand, und ehe Warnak sich versah,
stach er damit auf den geflügelten Dämon ein. Für den
kam dieser Angriff überraschend.
Die blitzende Spitze bohrte sich tief in die mit lederartigen
Federn besetzte Brust des Kolosses, und ein Strahl schwarzblauen
Blutes schoß hervor und
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