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Macabros 027: Totenbarke nach Xantilon

Macabros 027: Totenbarke nach Xantilon

Titel: Macabros 027: Totenbarke nach Xantilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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konnten sie nicht
erfüllen.
    Diese Vermutung sprach Throx aus, und er konnte nicht ahnen, wie
genau seine Überlegungen mit der Wirklichkeit
übereinstimmten.
    Amina atmete flach und schnell. Sie zwang sich dazu, immer nur
eine Stufe weiter zu blicken. Wenn sie den Blick in die Tiefe
richtete, wurde ihr schwindelig. Wenn sie hier auf den scharfkantigen
Stufen ins Rutschen kam – war sie verloren. Unwillkürlich
krallten sich ihre Finger fester in die Schultern ihres Sohnes, als
wolle sie mit ihm verwachsen. Ständig ermahnte sie ihn mit
ruhiger, fester Stimme, auf jeden Schritt zu achten und keine
Dummheilen zu machen.
    Die geheimnisvollen und sirrenden Klänge stiegen aus der
Tiefe empor, aus den brüchigen Felsen und der Dunkelheit und wie
ein Wind säuselten die rätselhaften Laute.
    Das sphärenhafte Kingen war überall und schien sie zu
locken. Es klang fröhlich, heiter wie ein
Auferstehungsgesang.
    Groteske Formen aus Fels und blauviolett schillernden Tropfsteinen
ragten aus unübersehbarer Tiefe empor und hingen von der
bizarren Decke herab, die so hoch war, daß ihr Blick sie nicht
mehr streifen konnte.
    Ein leises Plätschern mischte sich in die sphärenhafte
Musik, in den frohen Chor der Toten.
    »Wasser!« entfuhr es Throx. Seine angespannten Züge
glätteten sich. »Wir sind auf dem richtigen Weg. Der
unterirdische Fluß, der geheimnisvolle Todesfluß, der die
Barken gen Xantilon trägt, liegt unmittelbar vor uns!«
    Wie ein Tor, ein gigantischer Durchlaß wirkte der Fels aus
Tropfsteinen, der vor ihnen aufstieg. Dazwischen wieder das Gespinst
und die pergamentartig wirkenden Toten, die hier eingeschrumpft
waren.
    Plötzlich blieb Throx stehen.
    »Dort, Amina! Dort unten – wir sind am Ziel«,
wisperte er. Er streckte die Hand mit der Fackel aus und deutete in
die Richtung, die er meinte. Er brachte es dabei selbst nicht fertig,
seine Augen auf dieser einen Stelle ruhen zu lassen. In dem Gewimmel,
auf das sie herabblickten, suchte er jemand.
    »Viona!« murmelte er, »Viona! Ich muß dich
finden…« Er merkte nicht, daß diese Worte über
seine Lippen kamen.
    Amina hielt den Atem an. Sie sah das unendliche Wasser. Darauf
schwammen schwarze Barken, in denen die Menschen – die Toten
– wie winzige Punkte wirkten, die sich ständig
bewegten.
    In der Ferne lösten sich bereits erste Barken vom ufernahen
Felsrand und tauchten ein in ein Tor, vor dem ein Wasserfall
plätscherte und zu einem dichten Vorhang wurde, der die
Davonfahrenden verbarg.
    Waren es Hunderte von Totenbarken, Tausende?
    Sie konnte die Zahl nicht mal abschätzen.
    Hinter dem spitz aufragenden Bug der schwarzen Boote saßen
seltsam gekleidete Gestalten. Amina sah es golden glitzern. Goldene
Gewänder und Helme? Konnte es das sein?
    Wie verzaubert stiegen sie weiter in die Tiefe und brachten die
letzten Stufen hinter sich.
    Noch mal folgte eine Brücke. Eine letzte, schmale
Brücke, die über schwarzes, gurgelndes Wasser führte,
und erst hier wurde ihnen klar, wie weit das große, stille
Gewässer noch entfernt lag, wie sehr die Entfernung aus der
Höhe getäuscht hatte.
    Hier unten war es wieder schummeriger und man konnte die Bewegung
auf dem Wasser mehr ahnen als wirklich wahrnehmen.
    Vor ihnen stand ein riesiges Gespinst aus Felsen und Tropfsteinen.
Dunkles Rot, wie gefrorenes Blut, glühte in den Kristallen. Eine
unerhörte Farbenpracht tat sich plötzlich auf, und die
sphärenhafte Musik hallte wie in einem verzauberten Tempel.
    Dieses Reich versprach Verheißung, Ruhe und Frieden. Wie
sehr unterschied es sich von dem Weg, den sie vom Eingang bis hierher
zurückgelegt hatten.
    Dieser Widerspruch war eklatant und konnte nur so verstanden
werden, daß finstere Mächte bereits das einst so sichere
Reich der Toten zu Fall und unter ihre Kontrolle bringen wollten. Die
verdörrten Leiber im Labyrinth der brüchigen Felsen und
Gewebe ließen diesen Schluß zu. Sie hatten nicht gerettet
werden können.
    Da war es, als würden sich tausend Flügel gleichzeitig
bewegen. Ein Rauschen erfüllte die Luft und drängte das
sphärenhafte Klingen zurück.
    Ein riesiger Schatten fiel auf sie nieder.
    Amina schrie gellend auf und riß den Knaben an sich, der
ebenfalls zu schreien anfing als stecke er am Spieß.
    Throx warf den Kopf in die Höhe.
    Was da aus einer verborgenen, schattigen Gruft auf sie zukam, war
erschreckend.
    Ein riesiger, geflügelter Dämon, dessen gezackte,
lederartige Schwingen die modrige Luft peitschten, stürzte sich
mit

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