Macabros 029: Marabur - Herr der Wahnsinnshallen
Mark
Ellis nach den vorhandenen Protokollen alles geäußert
hatte.
Mrs. Slayton preßte die Lippen zusammen. Gil Sanders sah,
daß sie an sich halten mußte, um nicht wieder zu weinen.
Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Gil nahm sie beiseite, als Larosh mit den Sanitätern und dem
wild schimpfenden und brüllenden Bankier im Untersuchungsraum
verschwand. Wenig später eilten zwei besonders stark gebaute
Pfleger herbei, denen man auf den ersten Blick zutraute, daß
sie ihren Beruf verfehlt und eigentlich in den Boxring gehört
hätten.
Der Reporter ging mit Mrs. Slayton durch den Gang und führte
sie in einen Wintergarten.
»Es ist schrecklich, Gil. Ich kann das nicht verstehen. Er
kommt mir so fremd vor.« Um ihre Lippen zuckte es, und nun fing
sie doch zu weinen an. »Wie konnte das nur passieren, Gil?
Thomas – verrückt? Ist es denn wirklich wahr?«
Sie sah ihn an. Er antwortete nicht. Sein stummer Blick aber sagte
ihr genug.
»Ich habe die ganze Nacht – wie er – kein Auge
geschlossen. Ich habe über alles nachgegrübelt, habe mir
überlegt, ob allem nicht doch etwas vorausgegangen ist. Ein
Mensch kann doch nicht einfach von einer Minute zur anderen den
Verstand verlieren, wenn kein zwingender Grund, kein besonders
starkes, bis tief in seine Seele durchschlagendes Erlebnis vorliegt.
– Aber seit seiner Rückkehr ist er mir verändert
vorgekommen. Vielleicht hängt es damit zusammen.«
»Womit, Misses Slayton?«
»Mit seiner letzten Reise. Sie wissen doch, daß seine
große Liebe der Archäologie gehörte.«
Sanders nickte. Das war ihm bekannt. Anfangs hatte Slayton oft von
seinem Hobby und seinen Reisen berichtet. Er hatte Rom und Neapel
gesehen, den Vesuv. Ausgrabungsstätten in Griechenland und auf
Kreta ebenso wie in Deutschland. Frankreich und auf Inseln in aller
Welt. Slayton hatte sich für die afrikanische Kultur ebenso
interessiert wie für das römische Imperium. Nachdem der
Zweck der ›Montag-Abend-Treffen‹ sich geändert hatte,
waren auch diese Gespräche ganz in den Hintergrund getreten. Nur
noch spontan berichtete Slayton, wenn er gezielt gefragt wurde. Man
wußte von seinen Reisen, aber im großen und ganzen ging
das unter im ›Gesamtprogramm‹ der Abende.
»Ja, er hat oft davon berichtet«, sagte Sanders.
»Hat er auch – von der Insel erzählt, die er
zuletzt besuchte? Ich wollte nicht, daß er nach dort
fährt, aber er wollte ja nicht hören. Wäre er doch nie
nach Tuamoa gegangen!«
Sanders glaubte in der Erde zu versinken.
»Tuamoa – Misses Slayton – sagten Sie:
Tuamoa?«
»Ja, Mister Sanders.« Er hörte ihre Stimme, und es
kam ihm vor, als vernähme er sie durch eine Wattewand.
Er hörte sich Fragen stellen, und sie wurden ihm
beantwortet.
»Tuamoa… die Insel tauchte Ende 1956 im Pazifik auf
irgendwo in der Nähe von Tahiti… ich weiß das nicht
so genau, diese Geographie ist mir fremd… Tom hörte davon,
er las Berichte, in denen Eingeborene zitiert wurden, die
behaupteten, es sei eine Teufelsinsel. Man warnte davor, sie zu
betreten… Tuamoa sei nicht vulkanischen Ursprungs, sie sei
fertig wie eine kleine Welt aus den Fluten gestiegen und die
eingeborenen Fischer, die seinerzeit Zeuge wurden, waren entsetzt
geflohen… das Ganze hört sich an wie ein Märchen,
nicht wahr? Tom studierte die Berichte sehr eingehend, ich habe ihn
noch nie so besessen erlebt. Als er zum ersten Mal durch einen Zufall
vor zwei oder drei Jahren von Tuamoa hörte, las und sammelte er
alles, was er darüber in die Hände bekommen konnte. Er
schrieb an Wissenschaftler und Geologen, und trieb sogar eine Adresse
auf von einem jungen Franzosen, der sich seinerzeit auf einer der
großen Inseln – ich glaube, sie hieß Apataki oder so
ähnlich – aufhielt und zuerst mit denen sprach, die
erschreckt zurückkehrten. Mehr als Zweidrittel der Fischer
sollen danach kurz hintereinander an einer Geisteskrankheit gestorben
sein. Tom nahm solche Dinge nicht ernst. Ich dagegen neige eher dazu,
solche merkwürdigen Ereignisse zu glauben. Nun, es kam so, wie
es kommen mußte… hatte er erst mal von einer Idee Feuer
gefangen, dann war er nicht mehr davon loszubringen. Im letzten Jahr
war es so weit. Vor sechs Monaten reiste er für zwei Wochen in
die Südsee, und er sah sich auch die geheimnisvolle Insel
an… ob er Aufnahmen von dort gemacht hat? Nein, seltsamerweise
nicht. Mister Sanders. Von allen anderen Reisen hat er dicke Alben
angelegt. Dias und Filme gemacht. Nichts von alledem von
Weitere Kostenlose Bücher