Macabros 030: Tempel der Versteinerten
weißen
Marmorstatuen! Nur ihre Entfernung zu Batskill schien das schlimmste
für sie bisher verhindert zu haben.
Was mochte Lee Batskill in diesen Minuten tun? Beschwor er wieder
die achtarmige Göttin, um seine magischen Kräfte
aufzuladen?
*
Fast hatte Clea Malcolm recht mit ihren Überlegungen.
Doch sie konnte nicht ahnen, was sich in dem Mini-Tempel wirklich
abspielte.
Die Skulptur lebte. Sie bewegte den Kopf, die Augen glänzten,
und sie redete. Sie ließ Lee Batskill wissen, daß sie mit
seinen Diensten bisher sehr zufrieden war. Der Zeitpunkt, sich ihm zu
offenbaren, sei gekommen, um das Geschaffene nicht infrage zu
stellen.
»Aii-Ko’on-Tak hat lange auf sich warten lassen«,
sagte Lee Batskill steif.
»Aii-Ko’on-Tak hat es nicht nötig, jedem Ruf zu
folgen. Nur die treusten Diener werden belohnt. Du hast deine Treue
über einen für deine Begriffe langen Zeitraum
aufrechterhalten. Du hast nicht aufgegeben. Dein Lohn ist dir sicher.
Ich kenne deine Wünsche. Ich bin damit einverstanden. Das Leben,
das ich für diese Zeit in dieser Gestalt durch deine Hilfe
errungen habe, reicht aus, den Tausch für kurze Zeit
vorzunehmen. Ich werde dich zu mir holen, während ich mich in
deiner Welt umsehe. Komm, Lee Batskill… komm näher…
näher an den Altar…!« Er folgte der Stimme, die einen
beinahe hypnotischen Zwang auf ihn ausübte. »Setz dich zu
Füßen des Altars… und schließe die Augen…
es wird wie eine Reise für dich sein…«
»Denke an die Fremde, Aii-Ko’on-Tak! – «
»Ich weiß. Ich sehe sie. Sie befindet sich in diesem
Moment in einem großen Gebäude. Ich sehe viele Gänge,
viele Türen. Auf eine Tür läuft sie zu. Das Gehen
fällt ihr schwer. Sie hat die Statuen berührt, und die
magische Kälte ist in ihren Körper eingedrungen. Aber die
allein reicht nicht aus, sie zu Fall zu bringen. Jetzt öffnet
sie eine Tür. Ein Vorzimmer…«
*
»Nanu, Miss Malcolm?« wunderte Pamela Derridge sich. Die
Frau war hager und hier im Vorzimmer beschäftigt. Sie sorgte
dafür, unangemeldete Gäste dem Chef vom Hals zu halten.
»Was ist denn mit Ihnen los?«
Die Frau mit der spitzen Nase war keine Schönheit, aber sie
war eine wunderbare Mitarbeiterin. Wenn man Sorgen hatte, dann konnte
man die mit Pamela besprechen und auch einen handfesten Rat
erwarten.
Pamela Derridge war bei allen beliebt. Besonders auch bei Don
Warren, dem Chiefinspektor, Sie kochte den besten Tee, und das war
bei dem aufreibenden Dienst in dieser Abteilung etwas wert.
Clea taumelte der Verbindungstür entgegen und drückte
die Klinke. Vor ihr war eine zweite Tür. Auch die öffnete
sie. Die Yardbeamtin kam ohne Anmeldung und nahm sich nicht mal die
Zeit, Pamela einige klärende Worte zu geben. Die Zeit
drängte!
Clea Malcolm fühlte instinktiv, daß ihr nicht mehr viel
Zeit zur Verfügung stand. Die Kälte griff nach ihrem
Herren.
»Chiefinspektor!« gurgelte sie, in den Raum
stürmend, in dem Don Warren gerade ein Telefongespräch
führte. Er starrte auf seine Kollegin und sah, daß etwas
nicht mit ihr stimmte. Clea machte den Eindruck einer Volltrunkenen
oder Rauschgiftsüchtigen.
Clea Malcolms Körper straffte sich. Eishauch aus dem
Unsichtbaren traf sie.
»Das Haus Batskills… ich komme von dort…
Chief…« Ihr Arm klappte herab. Sie konnte den Pudel nicht
länger halten. Das Tier kam mit allen vieren unmittelbar neben
ihr auf.
Dann glaubte Don Warren, die Augen würden ihm aus dem Kopf
fallen.
Clea Malcolms lederner Spezialanzug platzte auf.
Hell und makellos drang die Haut hervor.
»Er ist ein Hexenmeister… betet eine geheimnisvolle
Göttin an… legt ihm das Handwerk! Auch Jane Goodwin
ist…«
Die letzten Worte klangen wie klirrendes Eis, das in einem Glas
geschüttelt wird.
»Clea!« Don Warren ließ den Telefonhörer auf
die Gabel fallen, ohne sich bei seinem Gesprächspartner für
sein Verhalten zu entschuldigen. Der Chiefinspektor sprang um den
Schreibtisch herum.
Kälte strahlte ihn an.
Clea Malcolm, nackt und schön, wie Gott sie geschaffen hatte,
stand vor ihm. Ihr starrer Blick ging durch den Chiefinspektor
hindurch. Sie rührte sich nicht mehr.
Auch der Hund stand stocksteif da und hielt den Kopf leicht zur
Seite geneigt und den Blick nach oben gewandt, als sähe er
etwas, was ihm nicht ganz geheuer war. Seine Augen erinnerten an
Glaskugeln, die ihm jemand eingesetzt hatte.
*
Der Chiefinspektor schluckte. Das Grauen schnürte ihm die
Kehle zu.
Don Warren
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