Macabros 045: Das Geheimnis der grauen Riesen
voller Verwunderung feststellen müssen! Sie
aber sprach davon, daß der Arbeitstisch fein säuberlich
aufgeräumt sei, daß die Glasbehälter gereinigt und
sämtliche Apparaturen abgeschaltet wären. Im Labor
befände sich niemand.«
»Entweder ich bin verrückt – oder die Schwester
lügt, Liz! Laß uns hinfahren, damit wir meine Worte an Ort
und Stelle nachprüfen können.«
*
Sie fuhren umgehend los. In der Klinik betrat Liz Herold zuerst
das Zimmer ihres Mannes, in dem er sich stets privat aufzuhalten
pflegte.
Kenneth Herold erlebte eine Überraschung. In dem Zimmer stand
alles wieder so, wie man es von einem ordentlichen Menschen erwarten
durfte. Tisch und Stühle waren nicht verrückt, die
Schubladen im Schreibtisch nicht durchwühlt und die Papiere auf
dem Schreibtisch geordnet.
Liz und Kenneth Herold sahen sich an. »Es ist so, wie ich dir
sagte, Liz. Ich – versteh das nicht…«
Die dunkelhaarige Frau seufzte und wandte sich um. Sie hatte ihren
Schwager, den Anwalt, nie so ratlos gesehen wie in diesen Minuten.
War Kenneth krank? Sie ließ sich nicht anmerken, was sie
dachte…
Kenneth Herold lernte durch Liz Henrys Kollegen kennen. Die
Männer machten durchweg einen besorgten Eindruck und wollten von
Liz Herold wissen, ob sie schon Näheres in Erfahrung gebracht
hätte. Bisher, so entgegnete sie, habe ich noch keine
Vermißtenanzeige aufgegeben und wollte erst noch abwarten.
Niemand verstand das so recht.
Ein jüngerer Kollege Henrys begleitete sie nach unten.
Kenneth verwickelte ihn in ein Gespräch, und es kam heraus,
daß hier in der Klinik kein Mensch wußte, was Henry
Herold in seinem angeblichen Labor eigentlich für Versuche
machte. Fest stand nur, daß er sich oft stundenlang dort
einschloß.
Die Tür zu dem Labor war nicht verschlossen.
Henry hatte den Schlüssel mitgenommen…
Liz Herold drückte die Klinke vorsichtig herab, und die
ernste Frau hielt den Atem an, als sie über die Schwelle trat,
in diesen Minuten daran denkend, was ihr Schwager ihr über
diesen Raum gesagt hatte.
Sie tastete nach dem Lichtschalter und betätigte ihn.
Helles Licht flammte an der Decke auf.
Kenneth Herold schüttelte den Kopf. »Diese
Neonröhren – gab es nicht, Liz«, entfuhr es ihm, und
es blieb nicht aus, daß ihr Begleiter einen fragenden Blick auf
die Frau und den Sprecher warf. »Eine einfache nackte Birne hing
an der Decke!« raunte er ihr bleich zu.
Sie sagte nichts, sondern trat ein in das sauber eingerichtete
Labor. Es gab einen langen weißen Tisch darin, einen
abschließbaren Schrank, eine Reihe medizinisch-technischer
Apparaturen, Bunsenbrenner und Reagenzgläser.
Mit brennenden Augen starrte Kenneth Herold zu der Wand links
neben der Tür, ging darauf zu und betastete sie vorsichtig. Er
wollte darüber sprechen, daß es hinter dieser Wand eine
zweite, uralte Mauer gab, daß auf dieser Mauer wiederum
seltsame Zeichen und mathematische Formeln existierten, deren Sinn
sein Bruder enträtseln konnte. Er wollte auch davon sprechen,
daß links und rechts neben der aufgerissenen Mauer Schuttberge
von Mörtel und Steinen lagen – aber er sah sie selbst nicht
mehr.
Seine Stimme versagte ihm den Dienst, und sein Herz klopfte so
heftig, daß er fürchtete, Liz und Henrys Kollege
würden das starke Pochen vernehmen.
»Womit hat er sich bloß beschäftigt?« fragte
Liz Herold leise.
»Wir wissen es alle nicht. Aber anhand der Aufzeichnungen,
die es sicher gibt, werden wir das herausfinden. Wenn das wichtig
für Sie sein sollte, Mrs. Herold.«
»Vielleicht ist es sogar sehr wichtig, Dr. Jenkins.«
– Sie zog mechanisch einige Schubladen auf, fand aber keine
Papiere. »Wenn es Papiere gab, dann möglicherweise jetzt
nicht mehr«, fuhr sie ernst und unbeirrt fort. Sie schien sich
über das rätselhafte Verschwinden ihres Mannes inzwischen
ihre eigenen Gedanken gemacht zu haben. »Vielleicht sind die nie
gegenüber anderen erwähnten Arbeiten und die aller
Wahrscheinlichkeit nach abhanden gekommenen Papiere ein Grund
für das Verschwinden meines Mannes.«
Kenneth Herold zog hörbar den Atem ein, und der Arzt neben
Liz Herold blickte die Frau entgeistert an.
»Sie glauben – an eine Entführung?«
Liz Herold nickte. »Wenn es Interessenten für die
Arbeiten gab – sicher. Das hier ist möglicherweise kein
Fall für Sheriff Crasher, sondern für das FBI. Suchen wir
weiter!«
Es war erstaunlich, wie gefaßt und sicher sie war.
Die nächsten dreißig Minuten waren für
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