Macabros 046: Blutsiegel des Molochos
werden
uns dankbar erweisen.«
Die Flugmaschine stieg lautlos in die Höhe.
Joan Cassner lächelte abwesend und warf ihrem Begleiter einen
dankbaren Blick zu. Sie erschrak ein wenig über den Ausdruck in
Chaster Morgans Augen.
Dort herrschte jener gefährliche kalte Glanz, der in
Augenblicken der Gefahr und höchster Anspannung das warme Braun
seiner Augen veränderte. Daß ein Mensch mit braunen Augen
einen derart kalten Blick bekommen konnte… diese Erfahrung
machte Joan Cassner in ihrem Leben zum ersten Mal.
Nicht mal zehn Minuten währte der Flug. Der Pilot gab sich
alle Mühe, die Flugzeit zum Haus Joan Cassners so kurz wie
möglich zu halten, aber andererseits gab es bestimmte
Vorschriften, die er nicht überschreiten konnte, um die
Luftpolizei nicht auf sich aufmerksam zu machen.
Es ging aber alles gut.
Der Pilot setzte vor dem Haus auf.
»Warten Sie bitte auf uns!« rief Chas und drückte
dem Mann eine Geldnote in die Hand, die er schnell aus der Tasche
seines Jacketts gezogen hatte. »Nehmen Sie das schon mal als
Anzahlung!«
»Danke.« Der Pilot bekam große Augen. Die
Anzahlung, wie Morgan sie nannte, deckte bereits den ganzen Flugpreis
und beinhaltete schon zwanzig Prozent Trinkgeld.
Der erste Versuch Chaster Morgans war, festzustellen, ob der
Elektronenzaun geladen war oder nicht. Er bückte sich, warf ein
paar kleine Steine Richtung Zaun. Der unsichtbare Schutzschirm
blitzte nicht auf.
»Ich habe ihn abgeschaltet«, ließ Joan ihn
wissen.
»Das haben Sie mir schon gesagt. Aber etwas mehr Vorsicht zur
Zeit ist besser als sich nachher zu wundern, wenn man tot ist…
immerhin ist seit Ihrer Abwesenheit einige Zeit vergangen, da kann
sich leicht etwas verändert haben, Joan.«
Er hatte recht, und sie sah ein, wie leichtsinnig sie gewesen
wäre.
Sie gingen ins Haus. Joan Cassner hielt sich wie ein Schatten
hinter Chas Morgan. Der sah sich im Korridor um. Alles war still und
dunkel. Nur unter einer Tür fiel Lichtschein in den
Korridor.
Es war Joans Zimmer.
»Ich ließ das Licht brennen, als ich panikartig davon
rannte.«
Morgan stieß die Tür mit dem Fuß auf und
ließ einige Sekunden verstreichen, ehe er eintrat. Nichts
geschah. Es war auch alles unverändert, wie Joan ihm
bestätigte.
Dann gingen sie in Cassners Arbeitszimmer.
Und da sahen sie die Bescherung…
Der Schreibtisch glich einem Schlachtfeld, sämtliche
Schubladen und Türen waren aufgerissen und durchwühlt, und
der Wandsafe war geöffnet.
»Jetzt ist mir klar, was unser Kandidat gesucht hat«,
bemerkte der AD-Inspektor mit rauher Stimme. »Notizbuch und Geld
aus dem 32. Jahrhundert! Beides aber konnte er nicht mehr finden.
Captain Beverly hat die beiden Beweisstücke inzwischen in
Verwahrung genommen.«
»Wir sind zu spät gekommen.«
»Das macht nichts. Es war wohl kaum damit zu rechnen,
daß der rätselhafte Besucher, oder wer sonst dieses Haus
betreten hat, auf uns warten würde.« Er sah sie mit einem
ganz merkwürdigen Blick an. »Doch daß er
überhaupt gekommen ist, ist für uns von großer
Wichtigkeit, Joan. Er hat nicht gefunden, was er suchte. Scheinbar
aber braucht er es. Wir müssen auf etwas gefaßt sein,
Joan. Er wird wiederkommen, aber diesmal nicht auf so heimliche Weise
wie bisher. Als nächstes wird er mit Sicherheit – Sie
fragen, wo die Dinge geblieben sind!«
*
Welch ein Gedanke!
»Wir müssen über alles sprechen, Joan«, fuhr
Morgan fort. »Jetzt kommt es darauf an, einen Schlachtplan zu
entwickeln und nichts mehr dem Zufall zu überlassen. Sie haben
im Haus eine Anzahl Gästezimmer. Mindestens zwei bitte ich Sie,
mir für die nächsten Tage zur Verfügung zu stellen.
Wenn es Ihnen nichts ausmacht, bin ich so unverschämt, Frankie
Lane, meinen Freund, und mich hier für kurze Zeit
einzuquartieren. Ich möchte Sie gern eine Zeitlang nicht aus den
Augen lassen.«
»Sie sprechen mir aus dem Herzen, Chas!« sagte sie
leise, und ehe es der Inspektor verhindern konnte, stellte sie sich
auf die Fußspitzen und hauchte ihm einen Kuß auf die
Lippen.
*
Sein Vorhaben erforderte einige Vorbereitungen.
Schon diese Nacht sollte Joan das Gefühl haben, ruhig
schlafen zu können.
Chas Morgan nahm Joan Cassner mit zurück.
Während er alle notwendigen Utensilien in seinem Apartment
zusammenpackte und sich dann nochmal richtig anzog, da er immer noch
den Pyjama unter dem Anzug trug, wartete Joan in dem Flugtaxi auf
ihn.
Morgan nahm seinen Koffer, löschte alle Lichter in der
Wohnung,
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