Macabros 051: Skelettus, Fürst der Knochenburg
andersfarbigen Gesichtshälften wechselten
ständig in der Farbintensität. Dies war ein Zeichen
höchster Erregung. »Er hat es gewagt, Aleana, eure
Fürstin, niederzuschlagen, nachdem er sie zuvor dazu zwang, ihm
einen Geheimweg zu zeigen. Er kann sich in eine von drei Richtungen
gewandt haben: nach links, nach rechts oder geradeaus. Er befand sich
schon mal in der Stadt und hoffte, Kontakt zu jenen finden, die mich
vertreiben wollen.« Ein rauhes Lachen dröhnte aus seiner
Kehle. »Wenn er es versucht, werden meine Spitzel ihn jederzeit
finden. Anzunehmen ist jedoch, daß er sich ein Versteck sucht,
um die Nacht zu überstehen. Er ist geschwächt, er hat den
Kampf mit dem Bodtgan hinter sich gebracht und ist kaum dazu
imstande, größere körperliche Strapazen auf sich zu
nehmen.
Wir trennen uns hier und teilen uns in drei Gruppen. Die eine
reitet den Weg links um die Burg, die andere rechts. Ich führe
die Gruppe in die Wildnis an.
Wir müssen ihn finden – und wir werden ihn finden. Wer
ihn zuerst findet, hat das Recht, ihn zu töten. Ob tot oder
lebendig: ich muß ihn haben!«
*
Die Gruppen trennten sich. Der Boden erzitterte unter den
Pferdehufen.
Tamuur jagte seinen Schergen voran. Wie eine lebende Fackel
saß er auf seinem Reittier, leicht vornübergebeugt und
trieb sein Pferd zur Eile an. Die anderen mußten das heftige
Tempo mithalten.
Die kleinen Halme, Gräser und Farne entwickelten sich bald zu
gewaltigen Pflanzen, welche über die Rücken der Tiere
hinausragten.
Der Wald aus Schachtelhalmen und Farnen schien durch die Gruppe
der Reiter in heftige Bewegung geraten zu sein.
Es zischte und knallte, als ob ständig zahllose Peitschen
gleichzeitig durch die Luft gezogen würden.
»Zissschhhhh… ppppfffftttt… zisssschhhhh…
ppppfffftttt…« Die unheimlichen Geräusche begleiteten
die Reiter des Magiers, als ob tausend Teufel gleichzeitig ihre
Peitschen schwingen würden.
*
Tamuur ritt tief in die Wildnis hinein.
Die hügelige Landschaft machte einen öden, verlassenen
Eindruck.
In einer weit auseinandergezogenen Reihe ritten die Suchtrupps
durch die Wildnis, ohne auf den Geflüchteten zu
stoßen.
Der Magier und seine Begleiter erreichten die Stelle hinter dem
hügeligen Gelände, wo es flach abfiel und sich nackter
Sandboden ausdehnte.
An der Grenze zu dieser Sandfläche ließ Tamuur seine
Reiter anhalten, und sein sezierender Blick bohrte sich in die
Ferne.
Tamuur, der Scharlachrote, gab seinen Reitern den Befehl
auszuschwärmen und die Wildnis zu beiden Seiten abzusuchen,
während er hier vor der Weite verharrte und den Blick in die
Feme gehen ließ.
Wo sich der nächtliche Horizont mit der Erde zu vereinen
schien, flimmerte die Luft, als ob sie aufgeheizt würde.
Dort in der Ferne hatte mal das Land Antolanien gelegen.
Tamuur lächelte grausam. Schon lange war er nicht mehr an
diesem Ort gewesen. Eine Ewigkeit war es her, seitdem er kluge
Schachzüge getätigt und seine Macht gefestigt hatte. Wie
ahnungslos waren doch die Herrscherfamilien von Ullnak gewesen!
Vor Urzeiten schon legte er den Grundstein mit dem Wissen der
Fremden von dem anderen Stern. Mit Antolanien hatte sein Weg in die
Macht begonnen. Wie klein und unbedeutend war er damals noch
gewesen…! Gerade erst hatte er damit begonnen, seine grausamen
Gärten zu gestalten, um die Abenteurer und Reisenden zu
erschrecken, die durch das Land zogen, um andere Völker und
Länder aufzusuchen. Das Tal der tausend Foltern war zum Grab
Unzähliger geworden, zum Horror auch derjenigen, welche sonst
keine Furcht kannten.
Er konnte den Blick nicht wenden von der endlosen Sandfläche,
auf der es nicht mal vereinzelt Gräser gab, als hätte ein
Ungetüm von ungeheuren Ausmaßen alles abgefressen mit
Stumpf und Stiel.
Die Sandebene bedeckte seitdem einen großen Teil der
Wildnis, folgte den Gesetzen des Mondes, der hier über Ullnak
nicht zu sehen war, und kündete davon, daß alles noch
seinen Gang ging, den er begonnen hatte.
Das Volk von Antolanien war verflucht und würde verflucht
bleiben, und es ahnte bis zu dieser Stunde nicht, daß sein
eigenes Verhalten bei diesem Fluch eine ganz entscheidende Rolle
gespielt hatte.
Sie wollten mächtiger sein als der Eingott, den sie
verehrten… sie suchten sich eine neue Religion, einen neuen Gott
– und stießen dabei auf Molochos, ohne sein wahres Gesicht
zu durchschauen.
Das Rad der Geschichte lief weiter und damit die Entwicklung, die
nicht aufzuhalten war. Eines
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