Macabros 054: Femgericht der Kugelköpfe
Tatsache, die Hellmark unbekannt war.
Er meinte, einem Freund gegenüberzusitzen, und es war in
Wirklichkeit sein großer Feind, der ihm freundlich ins Gesicht
lächelte, der sich mit ihm unterhielt, mit ihm Pläne
entwickelte – und in dessen Unterbewußtsein gleichzeitig
die Überlegungen abliefen, wie man Hellmark am besten ins
Verderben schicken konnte…
*
Björn Hellmark nahm den flachen Stein an sich, den Patrick
nun schon zum wiederholten Mal eingehend betrachtet hatte.
Das an ein bizarr geformtes Blatt erinnernde Objekt schimmerte
grün, als wäre es mit einem hauchdünnen Schimmelpilz
überzogen.
Das besondere Merkmal des Steines war das Porträt eines
fischgesichtigen Herrschers, der ein Zepter in der Hand trug. Der
ganze Stein ringsum, einschließlich der zerklüfteten,
ausgebrochenen Zacken war bedeckt mit seltsamen magischen Zeichen und
Hieroglyphen.
»Tut mir leid«, meinte Patrick. »Ich weiß
nichts damit anzufangen. Den einzigen Rat, den ich dir geben kann:
versuch’s mit einem Sprachgelehrten.«
»Ich denke die ganze Zeit schon an Merthus«, erwiderte
Björn. »Ich werde auch auf dem schnellsten Weg Kontakt zu
ihm aufnehmen. Zuerst aber war es mir wichtig, mit dir zu sprechen,
zu hören, was sich in der Zwischenzeit ereignet hat. Die
Ungewißheit, die noch immer herrscht, gefällt mir nicht,
Richard.«
»Mir auch nicht, Björn.« Patrick leerte den
Kaffeerest aus seiner Tasse und schenkte sich neu ein.
Sie hielten sich beide im Arbeitszimmer Richard Patricks auf, das
mehr einer umfangreichen Bibliothek glich. Ringsum vollgefüllte
Regale. Bücher aus allen Jahrhunderten, Enzyklopädien aus
aller Welt, und abgeheftete Zeitungsausschnitte – ebenfalls aus
allen Teilen der Welt – waren das zentrale Archiv, dessen
Patrick sich bediente, um den Geheimnisvollen aus einem anderen Reich
auf die Spur zu kommen.
Für ihn gab es nicht mehr den geringsten Zweifel, daß
die Erde einst von Dämonen besiedelt war, daß es in grauer
Vorzeit schon Besuche von fremden kosmischen Wesen gab, die entweder
in Kontakt mit diesen Urgeschöpfen standen oder sie ganz und gar
hierher schleppten, während es andererseits auch eindeutige
Hinweise darauf gab, daß Besucher versuchten, die
Außerirdischen zu vertreiben. Was sich im einzelnen in jener
Urphase wirklich abgespielt hatte, ließ sich vorerst nicht
nachvollziehen, obwohl es außerordentlich wichtig gewesen
wäre.
Die Vergangenheit – soviel war Björn Hellmark inzwischen
klar geworden – stand in engem Zusammenhang nicht nur mit der
Gegenwart, sondern erst recht auch mit der Zukunft. Irgendwann
würde sich der Kreis schließen… Anfang und Ende
liefen stets ineinander über, und dann würde sich
herausstellen, inwieweit der Anfang dem Ende ähnlich war.
Zwischen Vergangenheit und Zukunft aber lag die Gegenwart, und die
mußte gemeistert werden. Denn die Ereignisse der Gegenwart
veränderten die der Zukunft.
»Einen Anschlag hat man bereits auf mich verübt,
Richard«, sagte Björn, während er den flachen,
grün schimmernden Stein mit dem Bild des Herrschers aus der
Tiefe wieder an sich nahm. »Dabei wird es
erfahrungsgemäß nicht bleiben. Ich bin gewarnt und darauf
eingestellt. Irgendwer ist aufs Höchste interessiert daran, mir
diesen Fund wieder abzunehmen. Das muß einen verdammt wichtigen
Grund haben, den ich schnellstens herausfinden möchte.«
Er schob seine Tasse zurück und erhob sich.
Er ging in dem Büro auf und ab, blieb hin und wieder vor
einem der hohen Regale stehen und ließ den Blick über die
Buchrücken schweifen. Er nahm das eine oder andere Buch heraus,
blätterte gedankenversunken darin und schien seine Umgebung
völlig vergessen zu haben.
Es gab Bücher über versunkene Reiche, es wurden Zeugen
aus jener unerforschten Vergangenheit vorgestellt. Auch
Schriftzeichen und Symbole. Aber in dem Buch, das er gerade in der
Hand hielt, fand sich nichts, was den Symbolen und Schriftzeichen auf
dem flachen, grün schimmernden Stein in irgendeiner Weise
ähnlich sah.
»Der Herrscher aus der Tiefe«, murmelte Björn
Hellmark. »Wer war er – und was für eine Bedeutung hat
im Zusammenhang mit diesem Steinamulett der Angriff auf mein Leben?
Wenn ich das wüßte, wäre ich um vieles
schlauer…«
Richard Patrick, der inzwischen ebenfalls an die Bücherwand
zu Hellmark gekommen war, nahm sich auch ein Buch aus dem Regal. In
diesem waren zahlreiche Beispiele vergangener Sprachen
aufgeführt.
Patrick wollte etwas sagen. Da
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