Macabros 056: Die Leichenpilze kommen
jungen Männer benutzten diesen bereitgestellten
Wagen und fuhren direkt in die Christopher Street. Ihr Ziel war das
Hafenviertel. Der dunkelgrüne Pontiac interessierte sie gar
nicht mehr. Offensichtlich handelte es sich bei ihm um ein
gestohlenes Fahrzeug, das man hier herrenlos wiederfinden würde,
während die Mörder über alle Berge waren.
Aber sie hatten nicht mit Hellmarks Fähigkeiten und
Möglichkeiten gerechnet.
Macabros tauchte mitten auf der Christopher Street auf, als sich
das Lieferfahrzeug mit rasender Geschwindigkeit durch die
nächtliche Straße bewegte.
Am Straßenrand standen vereinzelt ein paar Autos. Die
grünen und roten Lichter über den Eingängen
zwielichtiger Etablissements waren auch um diese Zeit noch nicht
erloschen. Die Mietshäuser standen hochaufragend und düster
in dieser Straße. In der Ferne sah man die Kaianlagen. In der
Luft lag der Geruch brackigen Wassers.
Macabros stand wie eine Erscheinung mitten auf der Straße
und blickte dem Fahrzeug entgegen.
Der Mann neben dem Fahrer schluckte.
»Aber das ist doch der Kerl, den wir vorhin droben am
Broadway… Jim, fahr ihn über den Haufen!«
Der mit Jim Angesprochene drückte das Gaspedal durch. Der
Lieferwagen jagte mit hoher Geschwindigkeit auf den einsamen
Passanten mitten auf der Straße zu.
Macabros sah die Gesichter und durch Macabros’ Augen wurde
auch Björn Hellmark viele Meilen vom Ort des Geschehens Zeuge
der Vorgänge, die sich hier rasend schnell abspielten.
Der Fahrer war schmal, hatte ein kantiges Gesicht und stechende
Augen. Seine Lippen bildeten einen harten Strich.
Der andere, der neben ihm saß und der vorhin aus dem
hinteren Fenster des Pontiac mit einer automatischen Waffe auf
Carminia Brado gefeuert hatte, sah nicht aus wie ein Killer, sondern
eher wie ein braver Bankangestellter.
Er trug das Haar in gepflegter Länge und einen schmalen
Lippenbart, der ihm gut zu Gesicht stand. Seine Haut war leicht
gebräunt, und die blauen Augen verliehen diesem Gesicht einen
klugen Ausdruck. Aber die Augen waren kalt und glitzerten wie Eis.
Die Augen eines Mörders!
Es krachte dumpf, als der Lieferwagen den einsamen Mann auf der
Straße einfach überfuhr.
Deutlich spürten die Insassen, wie die Reifen über den
Leib rollten.
»Aus, Gerry«, zischte der Fahrer ohne sonderliche
Erregung. »Möchte bloß wissen, wie der Kerl auf die
Idee gekommen ist, uns bis hierher zu folgen, wie er überhaupt
herausgefunden hat, daß wir hierher kommen… nun ja, das
braucht nicht mehr unsere Sorge zu sein. Und die seine auch nicht
mehr. Der Bursche steht nicht mehr auf…«
Seine Augen weiteten sich, und die Kinnladen klappten ihm
herunter, als er in den Rückspiegel sah.
Dort stand der blonde, groß gewachsene Mann mit dem
markanten Gesicht – und lebte!
*
»Das gibt es nicht, Gerry! Das – geht nicht mit rechten
Dingen zu!« Er gurgelte nur so aus seiner Kehle heraus. Er war
kreidebleich.
Der Mordschütze an seiner Seite öffnete den Mund und
wollte noch etwas sagen. Aber seine Worte wurden ersetzt durch einen
gellenden Schrei, der markerschütternd durch die Fahrerkabine
hallte. Für die beiden Ganoven begann die Kette der
Ungeheuerlichkeiten und des Grauens.
Der Mann, der nicht mehr leben durfte, stand plötzlich nicht
mehr dort hinten.
In dieser Sekunde tauchte er mitten in der Fahrzeugkabine unter
ihnen auf.
*
Die beiden Gangster fuhren zusammen und schrien.
Der Fahrer verriß das Steuer. Der Lieferwagen hatte hohe
Geschwindigkeit drauf. Er raste auf den gegenüberliegenden
Bürgersteig zu.
Trotz Verwirrung und Panik gelang es dem Chauffeur
erstaunlicherweise gegenzulenken. Er streifte mehrere Fahrzeuge. Es
ratschte und quietschte metallisch, als die parkenden Autos
beschädigt wurden. Für einige Sekunden sah es so aus, als
ob der Lieferwagen ins Schleudern gerate. Die erste Gefahr war
gebannt. Der Zusammenprall mit einer Hauswand wurde verhindert. Aber
es gelang dem Fahrer, der verkrampft und schreiend hinter dem Lenkrad
hockte und es mit harter Hand umspannte, nicht mehr, das Fahrzeug
ganz unter Kontrolle zu bringen.
Pneus kreischten, Bremsen quietschten… der Lieferwagen geriet
über das Ende des rechten Fahrbahnrandes und raste wie ein
Geschoß auf einen seitlich stehenden Lagerschuppen zu. Das
Hafengebiet begann beinahe übergangslos am Ende der
Straße.
Trotz heftigen Bremsens gelang es dem Fahrer nicht mehr, das Auto
zum Stehen zu bringen.
Es krachte.
Holz splitterte. Das
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