Macabros 061: Wenn Shimba Loos Todesruf erschallt
und auch aus diesem Raum
schien es keinen Ausgang zu geben.
Plötzlich schoben sich die Wände auf Morell zu.
Der Raum wurde kleiner, schrumpfte! Wie ein Luftballon, aus dem
die Luft entwich.
Der Dykte fühlte sich wirklich ins Innere eines schrumpfenden
Luftballons versetzt, nur daß diese Schrumpfung der Wände
ohne jede Luftbewegung verlief.
Mirakel lief zurück und wollte sich gegen die Energiewand
werfen, doch die war plötzlich verschwunden.
Dort, wo vorhin noch das Feld geflimmert hatte, befand sich jetzt
massiver Fels.
Einen Moment lang spürte der Dykte Panik in sich aufsteigen,
doch schnell zwang er sich wieder zur Ruhe. Es hatte keinen Sinn,
wenn er hier verrückt spielte. Nur ein klarer Kopf konnte ihn
jetzt noch vor dem sicheren Ende bewahren.
Der Dyktenmann stieß sich ab und hing bewegungslos in der
Luft.
Der Schrumpfungsprozeß der Wände pflanzte sich fort.
Mittlerweile hatte der ganze Raum schon Kugelform angenommen. Je
kleiner das Volumen wurde, desto schneller begann es zu
schrumpfen.
Jetzt durchmaß der ganze Raum noch vier Meter.
Drei Meter fünfzig – drei Meter – zwei Meter
fünfzig – zwei Meter…
Fast gleichzeitig berührte die Wand Mirakels Kopf und
Beine.
Der Druck nahm zu. Der Dykte krümmte sich zusammen und
versuchte sich so klein wie möglich zu machen, aber lange konnte
ihm auch das nicht helfen.
Es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis Mirakel
zerquetscht werden würde…
*
Charles Gerlon stand neben den Pfählen und starrte in
blutleere Echsenaugen. Sie musterten ihn kalt und schienen ihn
sezieren zu wollen.
Plötzlich meldete sich wieder die Stimme in dem
Amerikaner…
»Sie sind deine Untertanen«, wisperte sie. »Bald
wirst du ihnen Befehle erteilen können. Du mußt nur mein
Zusatz-Ich finden, deinen menschlichen Gegenpart.«
»Ich…«, sagte Gerlon und verstummte. Ich verstehe
nichts, hatte er sagen wollen, doch sein inneres Ich reagierte schon
auf den gedachten Ausdruck.
»Du wirst noch verstehen, so wie du bisher immer verstanden
hast. Hast du nicht auf meine Anweisung hin, Mary Cornwall
getötet? Bedurfte es nicht lediglich einer kleinen Erinnerung
aus deiner zweiten Vergangenheitsexistenz, um auch den Lord zu
töten?
Du wirst noch verstehen, Charles Gerlon«, drang die
Geisterstimme weiter in den verdatterten Mann. »Oder sollte ich
lieber Gerald Baskin sagen?«
»Nein!« schrie Gerlon auf und preßte beide
Hände gegen die Schläfen. »Verschwinde! Verschwinde
aus meinem Kopf!«
Ein telepathisches Gelächter hallte laut in Gerlons Kopf
wieder. Es schien ihn verspotten zu wollen.
»Verschwinde!« schluchzte Gerlon und war dem Weinen
nahe. »Hebe dich hinweg von mir – Shimba-Loo!«
Das Lachen verebbte.
»So hast du mich also endlich wiedererkannt, Erdenwurm«,
sagte die innere Stimme. »Darauf habe ich lange gewartet! Aber
ich kann mich nicht so einfach von dir lösen, wie du das gern
hättest. Du kannst nicht einfach einen Teil deiner selbst aus
deinem Körper werfen, wie es dir gerade gefällt.«
»Ich bin du und du bist ich – wir beide sind
Shimba-Loo… Und doch bilden wir nur ein winziges Teilchen von
ihm, sind nur ein Schattenbild seiner Allmacht.«
»Verschwinde!« sagte Gerlon wieder und ließ sich
auf den Boden fallen. Er wand sich wie bei einem Anfall. Unmotiviert
hämmerte er mit seinen Fäusten auf das flache
Tempeldach.
Aber die Stimme lachte nur.
»Es wird Zeit, daß du dich wieder deiner Aufgabe
entsinnst, Baskin«, sagte die Stimme eindringlich. »Nicht
umsonst habe ich dich vor sechsunddreißig Jahren wieder in
diese Menschenwelt entlassen, der du einst entstammtest. Besinne
dich!«
Plötzlich fühlte Gerlon, daß er fiel. Er
öffnete die Augen und mußte mit Entsetzen feststellen,
daß ein Teil des Tempeldaches sich beiseite geschoben hatte und
er in das Gebäude stürzte.
Das Ende des Abgrundes war nicht abzusehen.
»Besinne dich endlich deiner Aufgabe!« befahl die innere
Stimme scharf und eindringlich.
*
Mirakel hatte schon die Stellung eines Embryos im Mutterleib
eingenommen, als ein Gedanke von ihm Besitz ergriff.
Sollte die Rettung so einfach sein?
Wieder berührte die Wand seinen Körper, doch Mirakel
kümmerte sich nicht darum.
Der Dyktenmann begann sich zu konzentrieren.
Die Kugelwand völlig ignorierend, stellte Mirakel sich den
Raum vor, wie er ausgesehen hatte, als er ihn betrat. Er stellte sich
vor, daß er noch immer an der Energiewand stand, die er eben
passiert
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