Macabros 061: Wenn Shimba Loos Todesruf erschallt
Ihnen noch mehrere Menschen auf dieser Welt
befinden!«
»Aber wieso ist Shimba-Loo gespalten?« bohrte Mirakel
weiter. »Ich verstehe noch immer nicht alles…«
»Sie sollten lieber schon die Wächter des Lichts suchen,
als hier noch lange Erklärungen zu verlangen«, fuhr die
Frau den Dykten ärgerlich an, gab aber schließlich doch
nach: »Also gut, ich will es Ihnen erklären, aber nur ganz
schnell und in Kürze:
Um das Dämonentor erhalten zu können, mußte
Shimba-Loo sich teilen und einen Teil seines Selbst auf die Welt
schicken, von der er seine Opfer holen wollte. Das ist immer
notwendig, wenn er ein Tor in eine neue Welt öffnete, da zu
Anfang noch kein Gleichgewicht zwischen den beiden Welten besteht, da
hier auf Loos Ebene noch nicht genügend Opfer dieser Welt
umgewandelt worden waren. So holte er sich schon in der Steinzeit
einen Menschen in seine Welt und wandelte ihn in ein Morastwesen
um.
Durch diese Umwandlung war der erste Berührungspunkt
hergestellt.
Aber erst viele Jahrtausende später tötete Shimba-Loo
dieses Morastwesen und schickte seine Seele auf die Reise und
zurück zur Erde. Diese Seele wurde in Gerald Baskins Körper
geboren.
Durch Baskins Bilder und den dadurch bestehenden Gegenpol auf der
Erde gelang Shimba-Loo die Erschaffung des Knochentunnels. Nachdem
dieser fertiggestellt war, rief er Baskin zurück. Dieser brachte
damals die ersten Opfer mit. Ich und die ganze Häschertruppe um
Ricardo de Baskin wurden in Schlamm-Monster verwandelt. Seitdem sind
immer wieder Menschen zwischen den Ebenen übergewechselt und
haben hier ihr Schicksal gefunden.
Aber Baskins Seele sollte keine Ruhe mehr finden.
Shimba-Loo wollte ein zweites Tor zur Ebene der Menschen
erschaffen – und aus diesem Grund mußte er nun auch zwei
Seelen auf die Reise schicken, die von Baskin und meine eigene.
Wie ich aus Shimba-Loos Bewußtsein weiß,
materialisierte Baskins Geist in einem Kind namens Charles Gerlon.
Ich selbst wurde als Ramona Molinero wiedergeboren. Allerdings wurde
ich mir meiner Loo’schen Existenz erst in dem Augenblick
bewußt, als ich im Arbeitszimmer von Martin Perts stand, und
meine Zeichnung plötzlich zu leben begann. Doch da war es schon
zu spät – der verbleibende Rest von Loos Bewußtsein
auf der Dämonenwelt erkannte, daß der menschliche Geist
Ramona Molineros stärker war als der unterbewußte Teil
Shimba-Loos das sein konnte. Aus diesem Grund holte mich Loo auf die
Dämonenwelt zurück – vor den Augen des Malers, der
sich auch schon zum Teil in Loos Gewalt befunden hatte. Martin Perts
war ein Medium, das sich Loos Impulsen nicht mehr entziehen
konnte.«
»Er ist es wohl auch noch«, erwiderte Mirakel.
»Auch er gehört zu den Menschen, die hier gefangen
wurden.«
»Dann ist auch er verloren«, erwiderte die Frau
resignierend. »Sie mußten alle durch den Tunnel
gehen«, hauchte sie fast unhörbar. »Aber mir blieb das
erspart. Da ich ohnehin schon Teil dieser Welt war, wurde ich auch
ohne den Knochentunnel vom Diesseits ins Jenseits befördert
– auch die sterbliche Hülle Ramonas vermochte daran nichts
mehr zu ändern. Sie sah aus wie ich, Isabella – eine
Heimtücke Loo’schen Dämonengeistes.«
Mirakel faßte die Frau an der Schulter. »Kommen
Sie«, sagte er. »Wir werden die Wächter gemeinsam
suchen!«
Da ertönte plötzlich eine dröhnende Stimme
über die Geröllandschaft: »Nichts dergleichen wird
getan!«
Mirakel blickte auf.
Zehn Meter von ihm entfernt stand ein Mann neben einem Krater.
Charles Gerlon!
*
Was nun geschah, spielte sich blitzschnell ab. Und nur Mirakel mit
seinen besonderen Dyktensinnen konnte den Ereignissen folgen.
Er sah zwei gelbliche Schemen, die er zuerst für
Schwefelschleier hielt, aus den Körpern der beiden Menschen
dringen.
Im gleichen Augenblick vollzog sich mit den Körpern Isabella
Lorettes und Charles Gerlons eine grauenhafte Wandlung.
Sie wurden zu Schlamm-Monstern.
Die beiden gelben Wolken berührten sich.
Im gleichen Augenblick zuckte ein Blitz über die ganze Szene
und ging vor dem Dyktenmann nieder. Um ihn herum wurde es dunkel.
Seine Benommenheit konnte jedoch nur Sekunden gedauert haben,
trotzdem verstand er nicht, wie ihm geschehen war, als er die Augen
öffnete.
Er befand sich wieder auf dem Altar. Deutlich waren die Menschen
zu erkennen, die an die Pfähle gebunden worden waren. Auch
Martin Perts stand an solch einem Pfahl.
Die Echsen waren nicht mehr zu sehen. Verwundert erkannte Mirakel
auch,
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