Macabros 062: Shimba-Loo schickt den Rachedämon
keine Sorgen zu
machen…«
»Sei vorsichtig, Poul«, rief sie noch hinter ihm
her.
»Jaja«, murmelte er nur, ohne sich um das kümmern,
was sie ihm noch weiter zurief.
Der Alte fuhr gern Rad und tat es trotz seiner achtundsiebzig
Jahre noch täglich.
Er fuhr nicht sonderlich schnell. Als er das Ende der Straße
erreichte, waren knapp fünf Minuten vergangen. Dann bog er ab in
den schmalen Weg, der ins Moor führte.
Er fuhr zwischen Dornensträuchern und Büschen auf
holprigem Untergrund die ganze Firthstreet hinunter. Aufmerksam
ließ er dabei seinen Blick in die Gegend schweifen. Von dem
Fremden war weit und breit nichts zu sehen.
Der Radfahrer erreichte das Ende des Pfades. Da fuhr er zusammen.
Er hielt an, stieg vom Rad und ließ es einfach auf die Seite
fallen, um sich mit überhasteten Schritten der Stelle auf dem
Feld zu nähern, wo er die reglose Gestalt verkrümmt liegen
sah…
*
Außer Atem erreichte er den reglosen Körper.
Der Alte ging neben ihm in die Hocke.
»Junger Mann?! Hallo! Was ist denn?« Er drehte Morell,
der mit dem Gesicht im Schmutz lag, auf die Seite, weil er nur flach
und kaum merklich atmete. Der Alte schüttelte den am Boden
Liegenden und schlug ihm mehrmals leicht mit der flachen Hand ins
Gesicht. »Hallo! So wachen Sie doch endlich auf! Hallo –
können Sie mich hören?«
Morells Kopf fiel wie der einer Marionette von einer Seite zur
anderen. Aus weiter Feme – wie durch Watte vernahm er die
menschliche Stimme.
Seine Augenlider zuckten wie Schmetterlingsflügel. Er bewegte
die Lippen und wollte etwas sagen. Aber er war noch unfähig
einen Laut hervorzubringen.
Der Alte aber ließ in seinen Bemühungen nicht nach. Und
so führten sie schließlich zum Erfolg.
Frank Morell schlug benommen die Augen auf und hatte das
Gefühl, ein verquollenes, dick geschlagenes Gesicht zu haben.
Seine Eingeweide schmerzten, sämtliche Knochen taten weh, als er
sich aufrichtete. Verwundert blinzelte er ins grelle Tageslicht.
»Was ist denn passiert?« fragte er rauh. »Wie kommen
Sie denn hierher? Wieso – haben Sie mich… im Keller
gefunden?«
Der Achtundsiebzigjährige antwortete:
»Am besten wird es sein, wenn Sie mit mir nach Hause kommen
und eine Tasse Tee trinken. Sie sind noch arg mitgenommen und
scheinen nicht zu wissen, was Sie sagen… Keller? Welcher Keller
denn?«
Frank Morell kam mühsam in die Höhe. Er stand auf
wackligen Beinen. Sein Blick ging in die Runde.
»Wo bin ich hier?« fragte er nochmals. »Das Haus
– wo ist denn nur das Haus?«
Irgendwie kam ihm die Umgebung vertraut vor. Die Anordnung der
Bäume, Büsche und Sträucher, der Verlauf des
Feldweges, das flache, sich am Horizont verlierende Moor, mit den
zahlreichen, schlammigen Tümpeln…
Das war genau der Ort, an den er gekommen war, um Beverly Summer
zu sprechen!
Da sagte der Alte, der bereits vorhin den Verlauf der Firthstreet
angegeben hatte: »Haus? Es gibt kein Haus in der Firthstreet,
Sir… Hier hat mal eins gestanden. Genau an der Stelle, an der
wir beide jetzt stehen. Aber das liegt – schon mehr als
zweihundert Jahre zurück!«
*
Die Worte trafen ihn wie Hammerschläge.
Dann war alles was er gesehen, gehört und erlebt hatte –
nur eine furchtbare Halluzination gewesen?
Aber seine Schmerzen! Die blauen Flecke, die es überall an
seinem Körper gab! Die waren doch keine Halluzination!
Er war den unsichtbaren Widersachern tatsächlich begegnet.
Für ihn gab es daran nicht den geringsten Zweifel.
Was aber war hier geschehen? Das war eine von vielen Fragen, die
ihn beschäftigten…
Die Stimme des Alten riß ihn aus dem Nachdenken.
»Kommen Sie mit, Sir! Eine heiße Tasse Tee wird Ihnen
guttun. Außerdem kann meine Frau sich um Ihre Kleider
kümmern. So können Sie doch unmöglich unter die
Menschen. Fast habe ich mir gedacht, daß ich Sie so hier finden
würde…«
Frank Morell reagierte sofort. »Wieso haben Sie das
gedacht?«
»Es ist nicht das erste Mal, daß einer hier in der
Gegend ohnmächtig wird. Ich habe das zum letzten Mal allerdings
vor mehr als vierzig Jahren erlebt. Kein Einwohner Hamptons kommt
noch hier her. Dieser Ort ist verrufen. Ein Fluch lastet auf
ihm…«
»Welcher Fluch?« Morell ging absichtlich nur auf den
letzten Teil der Bemerkungen seines Gesprächspartners ein.
Der Alte aus Hampton schien einiges, aber noch lange nicht alles
zu wissen! Er redete von Ohnmacht. Aber diese Ohnmacht war nicht auf
geheimnisvolle Weise zustande gekommen. Klar
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