Macabros 062: Shimba-Loo schickt den Rachedämon
Stimme in die
Höhe.
Gleichzeitig lief sie die schmalen, geschwungenen Stufen hoch, um
nach dem Rechten zu sehen.
Da fiel ein Schatten auf ihr Gesicht.
Die Rechte der Frau krallte sich in das schmiedeeiserne
Geländer. Ein wilder Entsetzensschrei verließ ihren Mund.
Vor sich in der Öffnung, die in die Decke führte und zum
Eingang in den darüberliegenden Raum wurde, zeigte sich der
schreckliche, kantige Kopf einer riesigen Echse.
Das Untier öffnete sein gewaltiges Maul, schwarzer Geifer
troff ihr entgegen.
Mrs. Borman verdrehte die Augen. Das war zu viel für sie. Da
machten ihre Nerven nicht mehr mit. Ihre Knie wurden weich, und sie
sank auf der Stelle zusammen, wo sie stand.
Bewußtlos und in verkrümmter Haltung lag sie auf den
schmalen Stufen.
*
Morells Augen fingen gerade an, sich an die Dunkelheit, die ihn
umgab, zu gewöhnen, als das wimmernde, klagende Geräusch
erstarb.
»Hallo?« rief Frank.
Da erhielt er einen Schlag mitten vor die Brust. Der Getroffene
taumelte überrascht zurück.
Dann ging es drunter und drüber.
Unsichtbare Hände packten ihn und umschlangen seine Arme, die
Beine und die Brust. Mehrere Gegner gleichzeitig schienen ihn in
diesem Moment anzufallen.
Schläge prasselten wie Hagelkörner auf ihn herab. Er
erhielt mehrere Tritte daß ihm die Luft wegblieb. Morell wehrte
sich verzweifelt, ohne zu wissen, wohin er schlagen oder treten
sollte. Er mußte einfach die Macht, die ihn hier festzuhalten
versuchte, zurückdrängen.
Aber das war einfacher gedacht als getan.
Ein unsichtbarer Gegner war nicht angreifbar. Und der agierte
nicht nur von einer Seite, sondern von mehreren Stellen
gleichzeitig.
Der Mirakelkristall steckte in Morells Tasche. Wenn es gelang, ihn
zu greifen und aufs Herz zu drücken, würde er sicher auch
mit dieser rätselhaften Gefahr fertig.
Doch eben das gelang ihm nicht.
Er wurde zu Boden geschlagen, und unsichtbare Hände
preßten seine Arme gewaltsam auf den Rücken, so daß
er sie nicht nach vorn reißen konnte.
Sein Kopf wurde herumgerissen. Ehe er es verhindern konnte, wurde
er ihm gegen die rauhe Kellerwand geschlagen. Wie von einem Pferdehuf
getroffen, rutschte Morell an der Wand entlang und blieb reglos am
Boden liegen.
*
Mit der Rechten klopfte der alte Straßenkehrer an das
kleine, niedrige Fenster. Gleich darauf wurde es geöffnet.
Eine Frau streckte ihren Kopf hervor. »Schon fertig?«
fragte sie verwundert und blickte mit ihren kleinen funkelnden Augen
über die Straße. »Das sieht aber noch nicht
sonderlich sauber aus, Poul«, fügte sie unzufrieden
hinzu.
»Nein, ich bin noch nicht fertig«, entgegnete er mit
rauher Stimme und fuhr sich mit dem Handrücken über die
Nase. »Ich mach nachher weiter. Ich hab’ jetzt keine Lust
mehr. Ich möchte mal nach dem Mann sehen…«
Seine Frau zeigte sich verwundert. »Nach welchem Mann,
Poul?«
»Er kam vorhin hier vorbei. Er erkundigte sich nach dem Haus
in der Firthstreet…«
Das Gesicht der Frau am Fenster versteinerte. »Du
träumst, Poul! Das ist doch ganz unmöglich!« Sie sah
richtig erschrocken aus. »Ist dir nicht gut, Poul?« fragte
sie plötzlich besorgt. »Willst du nicht lieber hereinkommen
und dich hinlegen?« Sie mußte unwillkürlich an ihren
Nachbarn, Mr. Shelby, denken. Bis in seine letzten Lebenstage war
Shelby guten Mutes, wirkte heiter und gesund. Dann plötzlich
redete er wirres Zeug. Er behauptete, den Milchmann gesehen zu haben,
der in den frühen Morgenstunden immer die vollen Flaschen vor
der Tür abstellte. Aber zu dem Zeitpunkt, als er das behauptete,
war das ganz unmöglich. Es war nachmittags um vier Uhr…
Etwas benommen kehrte Mr. Shelby in sein Haus zurück und
legte sich schlafen. Es sollte sein letzter sein…
»Laß das Kehren, Poul. Du hast recht, dich auszuruhen.
Du kannst genausogut morgen weitermachen…«
Doch der alte, mit Poul angeredete Mann schüttelte
widerspenstig den Kopf. »Ich seh’ mal nach dem
Rechten… ich bin gleich wieder zurück.«
Mit diesen Worten stieß er die klapprige Lattentür
neben dem Haus auf und ging den schmalen Pfad entlang, der in den Hof
führte. Hier gab es einen riesigen Schuppen und einen kleinen
Stall, in dem sich die alten Leute Hasen hielten. An der Hauswand
unter einem primitiven Bretterdach, auf das Dachpappe genagelt war,
stand ein altes Rad.
Der Mann schob es trotz des Protests seiner Frau auf die
Straße und setzte sich auf den Sattel. »Ich bin gleich
wieder zurück. Du brauchst dir
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