Macabros 069: Gigantopolis - Alptraumstadt
Männer und Frauen
vereint, die sich gegen das Böse zur Wehr setzten. Wie das
Böse imstande ist, eine Welle von Unheil und Beklemmung, eine
Atmosphäre des Grauens zu schaffen – so ist das Gute in der
Lage, einen Gegenpol von Harmonie und Reinheit zu schaffen. Ihr beide
habt das ja selbst schon am eigenen Leib verspürt.«
»Das stimmt, was du sagst, Carminia«, machte Pepe sich
sofort bemerkbar. Der dunkelgelockte, braunhäutige Adoptivsohn
der Brasilianerin stammte aus den Urwäldern Yukatans. Von dort
hatte Björn Hellmark den elternlosen Jungen mitgebracht, und
Pepe hätte es gar nicht besser finden können. »Man
kommt in Häuser, in denen man sich auf Anhieb wohl fühlt,
oder man begegnet Menschen, die man sofort mag. Dann kommt man wieder
mal wohin, da herrscht eine so seltsame Atmosphäre, daß
man meint, man sei unbeliebt, und in manch altem Gemäuer scheint
etwas zu lauern, was man beinahe körperlich spürt. Hier ist
es auch so. Nur eben auf eine sympathische, erfrischende
Art…«
Jim stimmte ihm zu. Der Kugelkopf, der ein Gesicht hatte wie ein
Dämon, gehörte wie die anderen um Hellmark ebenfalls nach
Marlos auf die unsichtbare Insel, die zum Bollwerk gegen die
bösen Kräfte Rha-Ta-N’mys und ihrer Vertrauten
geworden war. Der Guuf zählte zu einer Rasse, die sich in der
Vergangenheit der Erde auf die Seite der schwarzen Priester schlug
und ganze Städte und Dörfer brandschatzten und deren
Bewohner mordeten. Allgemein wurde angenommen, daß die Guufs,
die zuvor in einem eigenen Landstrich sehr friedlich gelebt hatten,
wie von einem fremdartigen Virus in dämonische Besessenheit
gebracht worden waren. Etwas wußte man jedoch nicht. Eine
irdische Frau wurde in jene Tage verschlagen und Opfer der
gewalttätigen Gruppe. Als sie in ihre Zeit zurückkehrte,
war sie schwanger, und das Kind, das sie in einer Privatklinik zur
Welt brachte, glich seinem Vater ganz genau. Der Arzt, der die
Entbindung geheim vornahm, ließ die Frau von Anfang an wissen,
daß das Kind angeblich bei der Geburt gestorben wäre. In
Wirklichkeit aber zog er es im Verborgenen auf und mußte die
Entdeckung machen, daß der Junge sich auf erstaunliche Weise
von den Angehörigen seines Volkes doch beachtlich unterschied.
Jim hatte, was das Dämonische anbetraf, nichts von seinem Zeuger
geerbt. Er war in seinem Herzen ganz Mensch, mit allen Schwächen
und Stärken der menschlichen Seele, und hatte darüber
hinaus einen, hervorragenden Charakter geerbt, wie er seine Mutter
auszeichnete.
Jim wuchs schnell heran. Schneller, als ein Menschenkind und
entwickelte dabei rasch geistige Fähigkeiten, die ihn weit
über seine Altersgenossen hinaushoben. Darüber hinaus
zeichnete ihn die Tatsache aus, daß er anfing, sich an die alte
Kultur auf Xantilon zu erinnern, und er konnte – bisher jedoch
leider nur bruchstückhaft – Dinge preisgeben, die seiner
Erinnerung vererbt waren. Gerade die Dinge jedoch waren für
Björn Hellmark wichtig. Er und seine Freunde hofften, daraus
Schlüsse ziehen zu können, die sie im Kampf gegen Molochos
und Rha-Ta-N’my weiterbrachten.
Auch Jim stimmte dem zu, was Pepe sagte.
Er wußte, wie gut, aber auch wie schlecht Menschen sein
konnten. Seine äußere Erscheinung war ausschlaggebend
für das Urteil, das die meisten sich von ihm gemacht hatten. Jim
war nur ein einziges Mal in der Öffentlichkeit aufgetreten, als
er von seinen eigenen Rasseangehörigen aus der Vergangenheit
gejagt worden war, weil er für sie durch sein Wissen eine
permanente Gefahr darstellte. Jim hatte bei den Menschen Unterschlupf
und Schutz gesucht. Aber sein äußeres Erscheinungsbild
hatte ihn in die Reihen jener gestellt, vor denen man sich
unwillkürlich fürchtete.
»Und dabei«, dies war Jims Leitspruch, »kommt es
auf das Äußere doch gar nicht an, nicht wahr? Das Herz,
der Geist, die Seele sind doch entscheidend, sie machen ein
menschliches Leben aus…«
So wie sich alle auf Marlos wohl fühlten, wo ebenfalls die
Harmonie guter Gedanken ihren Einflußbereich geschaffen hatten,
so fühlten sie sich wohl in den magischen Gärten des
Hestus, der einen paradiesischen Garten darstellte und in dem eine
Helligkeit existierte, obwohl es keinen natürlichen Himmel gab,
an dem eine Sonne hätte scheinen können.
Der Himmel über den Bächen, Tümpeln,
blumenübersäten Wiesen, den romantischen, stillen Pfaden,
die sich verschlungen durch verträumte Wälder zogen,
spannte sich in Wirklichkeit die Innenseite der Oberfläche
Kh’or
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