Macabros 069: Gigantopolis - Alptraumstadt
Vorzeit in den Körpern direkt bewirkt wurde.
Aus den formlosen Zellansammlungen, in denen kein Geist und keine
Seele mehr vorherrschte und die dennoch lebten, schoben sich wulstige
Auswüchse und entstanden plumpe Gliedmaßen vollkommen neue
Wesen wuchsen unter den Augen derer, die um diese Stunde Zeuge
wurden.
Die Monster aus der Alptraumstadt brachen in Beifall aus, wenn
eine neue Frankensteingestalt sich zu ihnen gesellte, und ein
schauriges, triumphierendes Gebrüll hallte durch die schmalen,
lichtlosen Gassen dieses unheimlichen Wohnortes.
Grunzende Laute ertönten, Kratzen und Raunen und das dumpfe
Klatschen, wenn die unförmigen Hände auf die glitschigen
Leiber herabfuhren oder ein trockenes Schaben, wenn Chitinpanzer
aneinanderrieben.
»Da!« Nur dieses eine Wort entfuhr Carminia Brado
plötzlich.
Zwischen den gespenstigen Unwesen erblickte sie einen Mann, dessen
blondes Haupt sich deutlich aus dem Gewirr der gespenstigen
Geschöpfe abhob.
Björn Hellmark!
Er war mitten unter ihnen und – so entsetzlich und seltsam
dies auch war - schien sich da offensichtlich wohl zu
fühlen.
Er war allein. Weder Apokalypta noch Tantor begleiteten ihn.
Hellmark gehörte hierher in die Stadt, in die Apokalypta ihn
gebracht hatte.
»All die Dinge, die er in der Zwischenzeit sah und in sich
aufgenommen hat, können für uns von Bedeutung werden«,
murmelte Rani Mahay. »Er ist ein Gefangener und doch auf eine
erschreckende Weise vollkommen frei. Wenn es
gelänge…«
Er sprach nicht weiter. Jeder wußte, worauf es ankam.
Kaphoon nickte. »Es muß gelingen«, meinte der
›Sohn des Toten Gottes‹. »Schließlich
müssen wir uns kennenlernen…«
Kaphoon lächelte kaum merklich. Es war erstaunlich, daß
er hier in dieser ernsten Situation noch eine solche Art Humor
mitbrachte.
Das war typisch auch für Björn Hellmark.
Die Gruppe teilte sich auf. Carminia blieb als Bewacherin für
Pepe und Jim, den Guuf, zurück, während Rani Mahay, Arson
und Kaphoon geduckt an der dunklen Mauer entlangliefen, um sich
näher an die Monstermenge heranzuschleichen, zwischen denen sich
Björn Hellmark wie ein Fremdkörper aufhielt.
Er kam jetzt weiter nach außen und verschwand in einer
dunklen Gasse, die nur wenige Schritte von Kaphoon und Rani entfernt
war.
Die drei Freunde blieben ihm auf den Fersen.
»Manchmal entwickeln sich die Dinge genau so, wie man sie
gern hätte«, freute Kaphoon sich. »Ein andermal ist es
so, daß eine Pechsträhne nicht abreißen
will…«
Sie mußten die besondere Situation in dieser Nacht, da die
sieben Todesboten so »erfolgreich« ihre schreckliche Arbeit
verrichteten, voll und ganz ausnutzen.
Die Todesreiter schwangen sich erneut in die Lüfte und
entschwanden dem Blick der Monster und Menschen in Gigantopolis und
einige auf dem großen Platz mit dem riesigen Vulkankegel
lösten sich aus dem Verband der Monster und näherten sich
den schmalen, engen Gassen, um ihre höhlenartigen Wohnungen
aufzusuchen.
Die Eindringlinge hatten nicht mehr viel Zeit. Wenn sich die
Gassen jetzt belebten, dann würde es schwierig.
Die halbmondförmigen Amulette und die Augen des schwarzen
Manja, die sie mitgenommen hatten, würden einen gewissen Schutz
sichern, aber wenn massierte Angriffe erfolgten, dann würde hier
in der Stadt des Grauens wohl auch nicht mehr viel von ihnen
übrig bleiben.
Doch was sie eingeleitet hatten, mußten sie auch zu Ende
bringen. Nach Möglichkeit zu einem guten.
Auf Zehenspitzen liefen sie Björn Hellmark nach, der
offensichtlich einen anderen Stadtteil aufsuchte, wo seine Unterkunft
lag, wo sich möglicherweise auch Tantor und Apokalypta
aufhielten. Man war hier nur auf Vermutungen angewiesen. Kaphoon
wußte zwar viel über Gigantopolis – aber er
wußte nicht alles.
Dieser erste Versuch, mehr darüber kennenzulernen, war bis zu
diesem Augenblick gelungen. Was weiter daraus werden würde,
blieb abzuwarten.
Da griffen sie an.
Kaphoon und Rani warfen sich auf Hellmark. Der war von dem Angriff
so überrascht, daß er nicht mal mehr dazu kam, sein
Schwert zu ziehen.
Mahay Rechte kam nach vorn. Er traf Björns Kinnspitze, und
sein Freund kippte lautlos wie ein Sack in die Knie.
»Tut mir leid«, murmelte der Inder. »Aber manchmal
muß man einem Menschen, den man gern hat, auch weh tun, um ihm
zu helfen… ich übernehme ihn, Kaphoon. Er steht unter
meinem ganz persönlichen Schutz. Das bin ich ihm
schuldig.«
Damit warf der Koloß von Bhutan sich seinen Freund wie
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