Macabros 070: Eissturmland des Drachenkönigs

Echsen waren nicht allein.
    Sie wurden – geritten!
    Da saßen seltsame Männer mit schwarzbraunen und
dunkelblauen Fellbehängen unmittelbar hinter dem höckerigen
Nacken der ausladenden, wuchtigen Echsenschädel und lenkten die
Tiere mit kurzen, ruckartigen Bewegungen des Zaumzeugs.
    Janine Francoise preßte die geballte Faust vor die Lippen,
um nicht noch mal laut aufschreien zu müssen.
    »Pierre… sie kommen direkt auf uns zu!«
     
    *
     
    Es war ein herrlicher Flug.
    Joe Brownen hatte leicht die Augen geschlossen und döste vor
sich hin. Das gleichmäßige Brummen der Flugzeugmotoren
wiegte ihn in den Schlaf.
    Brownen fühlte sich auf eigenartige Weise entspannt.
    Kr wäre weniger sorglos gewesen, hätte er in diesen
Sekunden einen Blick in die Pilotenkabine werfen können.
    Der Flugkapitän stutzte plötzlich.
    »John«, sagte er zu einem rechts neben ihm sitzenden
Kopiloten, »was ist denn jetzt passiert?«
    Bei diesen Worten reckte der Kapitän unwillkürlich den
Kopf, um einen besseren Blick durch das Sichtfenster zu
erhaschen.
    Er schüttelte den Kopf und wollte noch etwas sagen,
unterließ es aber dann, um sich erst mit einem weiteren Blick
auf die sinnverwirrenden Armaturen zu informieren.
    »Der Kurs stimmt doch. Verdammt noch mal! Aber die Landschaft
dort unter uns – die sieht so verändert aus.«
    Alles unter ihnen war weiß. Weiß wie Schnee –
oder wie Eis…
    »Fliegen wir nach Tokio, Richtung Osten oder wie seh’
ich das?« murmelte Flugkapitän Snyder.
    Die Anzeigen waren einwandfrei. Der Kurs der Maschine war der
gleiche, wie immer.
    Und doch schien etwas nicht zu stimmen…
    »John, halt’ mich nicht für verrückt! Aber ich
mach’ jetzt etwas, was ich in dieser Form und auf dieser Route
noch nie getan habe. Ich kehr’ einfach um.«
    »Aber der Kurs stimmt doch, verdammt noch mal! Was ist denn
los mit dir?« knurrte der Kopilot.
    Snyder leitete das Flugmanöver bereits ein. In einer weiten
Kurve zog er die mit dreihundertfünfundachtzig Menschen besetzte
Maschine herum.
    Im Innern des Passagierraumes registrierte man diese
Änderung, als die Maschine sich leicht zur Seite neigte.
Jedermann war der Ansicht, daß es sich um ein normales
Lenkmanöver handelte, um den Kurs wieder zu richten.
    »Beobachte die Anzeigen!« knurrte der
Flugkapitän.
    Der Kopilot wurde blaß. »Das gibt es doch nicht«,
knurrte er. »Die Instrumente – zeigen noch immer dasselbe
an!«
    »Hab’ ich mir’s doch gedacht«, entgegnete der
Flugkapitän mit belegter Stimme. »Da ist etwas faul in der
Elektronik…«
    »Aber dann hätten doch die Warnanzeigen aufleuchten
müssen«, widersprach der andere.
    »Und weil sie’s eben nicht getan haben, sind wir prompt
in die verkehrte Richtung geflogen. Außerdem…« Was er
noch sagen wollte, ging unter in den Ereignissen, die eintraten.
    »Vorsicht!« brüllte John, der Kopilot, noch.
    Da riß sie der pfeifende Sturm schon mit, packte die
Maschine und trieb sie wie ein Blatt vor sich her.
    Der Höhenanzeiger fiel zurück. Die Maschine sackte wie
ein Stein in die Tiefe. Blitzschnell.
    Schweiß perlte auf den Gesichtern der Männer.
    Im Innern des Passagierraumes herrschte Aufregung.
    Fragen wurden laut. Die Gesichter wurden bleich, und die
Hände der Passagiere verkrallten sich unwillkürlich in den
Seitenlehnen der Sitze. Ängstliche Blicke starrten aus den
Fenstern.
    Die Stewardeß tauchte auf.
    Über die Lautsprecheranlage meldete sich der
Flugkapitän.
    »Meine Damen und Herren – bitte sorgen Sie sich
nicht!« Die Stimme des Mannes klang ruhig und gelassen,
Vertrauen einflößend. »Wir sind mit unserer Maschine
in eine Turbulenz geraten, die wir sicher jeden Augenblick gemeistert
haben werden. Es besteht überhaupt kein Grund zur Besorgnis.
Bitte schnallen Sie sich an und unterlassen Sie das Rauchen! Für
weitere Fragen stehen Ihnen unsere Stewardessen gern zur
Verfügung. Es tut mir leid, daß Sie diese kleine
Unannehmlichkeit ertragen müssen. Ich hoffe, Sie dafür
gleich wieder mit einem weiteren, sehr ruhigen Flug über eine
abwechslungsreiche Landschaft entschädigen zu
können.«
    Die Stewardessen lächelten. Es war ein eingeübtes
Lächeln.
    Drei Stewardessen kümmerten sich um die Passagiere, Janet,
die dunkelhaarige, zog den Vorhang am Ende des Ganges zu und huschte
in die Pilotenkabine.
    »Was ist denn los?« fragte sie leise und aufgeregt.
    »Wir wissen’s selbst nicht«, bekam sie von Snyder
zu hören. »Die Instrumente spielen verrückt.