Macabros 070: Eissturmland des Drachenkönigs
gab der Drachenkönig mit einem scharfen Zuruf seinen
Untertanen zu verstehen, zur Tat zu schreiten.
Diese bestand darin, daß man den unglücklichen
Gefangenen einen Stoß versetzte, gegen den sie ebenfalls nichts
ausrichten konnten.
Es ging abwärts in das eiskalte Wasser, wo sich innerhalb
weniger Sekunden ein ungleicher Kampf auf Leben und Tod
abspielte.
Die Echsen machten sich über die Opfer her.
Janine Francoise schloß wie geblendet die Augen, ihr ganzer
Körper zitterte nicht nur vor Kälte.
Dann spürte sie die raschen Bewegungen neben sich, und ehe
sie sich versah, wurde sie emporgezerrt, blitzschnell ihres
pelzgefütterten Anzuges beraubt, und schon schlangen sich um
ihre Arme und Beine die lederartigen Schnüre, die sie in ihrer
Kraftlosigkeit nicht abstreifen konnte.
»Das war’s, Janine«, bemerkte Pierre Chanel rauh.
»Sie brauchen weitere Opfer… wir kommen ihnen gerade…
recht…«
Mit seinen Worten traf er den Nagel auf den Kopf.
Sie wurden auf den Rand des eisigen Sees zugeschubst, wo die
unersättlichen Bestien das Wasser peitschten, als befänden
sie sich in besonders ausgelassener Stimmung…
*
Im gleichen Augenblick…
Die riesige Stadt tauchte über den weißen,
zuckerhutähnlichen Gebilden auf wie ein Schemen, der aus einer
fremden Welt hervorpreschte.
Und genauso war es…
Gigantopolis, Apokalyptas Alptraumstadt, rutschte aus einem
anderen Zeitraum hinein in jene Minuten, wo es für Janine
Francoise und Pierre Chanel um Leben und Tod ging.
Hätte es jetzt in dieser von einem Orkan gepeitschten
Einöde einen Beobachter gegeben, er wäre Zeuge geworden des
unfaßlichsten Moments seines Lebens.
Gigantopolis schien in dieser Sekunde auseinanderzufallen. Ein
starkes, unerklärliches Vibrieren erfaßte die ganze Stadt,
und die Türme, Minarette, Säulen und Brücken
Verbindungen fielen auseinander, als bestünden sie aus Gummi,
der nun durch Hitze aufgeweicht wurde.
Zwei Faktoren trafen in diesem Moment zusammen, die auch
Apokalypta nicht berücksichtigen konnte, weil sie zuvor keine
Ahnung davon gehabt hatte.
Ungeheure Kräfte prallten aufeinander.
Da war die aus einem unerfindlichen Grund angestiegene
Aktivität elektro- und erdmagnetischer Bewegungen in der
Zeitatmosphäre, da stieß die Alptraumstadt in ihrer
Bewegung zwischen den Dimensionen und Räumen auf einen solchen
Gürtel, und alles, was Apokalypta vorgesehen hatte,
mißlang.
Ihr Ziel war es gewesen, Hellmark und seine Freunde in das
Vergessen zu opfern und vollkommen neu zu beginnen.
Im Prallfeld der Gewalten zerfiel die Stadt in sieben Teile,
versackte in verschiedenen Dimensionen, Parallel- oder Zeiträume
und riß die mit sich, die Apokalyptas schwarze Ritter
getötet und danach zu furchteinflößenden Monstern
gemacht hatten.
Die Zellen, die am Leben waren und normal funktionierten, sprachen
auf die Kräftefelder anders an.
So kam es, daß Björn Hellmark und alle anderen aus
Fleisch und Blut aus dem Gefüge herausgelöst wurden.
Während über den Eistürmen der Himmel seltsam
flackerte, als hätte jemand ein riesiges, gespenstiges Licht
entzündet und sich die Schemen von Gigantopolis gummiartig
verzogen, wurden die Bewußtlosen in die Stadt des
Drachenkönigs geworfen, wo der eisige Sturm über sie
hinwegfegte.
War es Zufall oder Schicksal, war einfach nur der Zeitpunkt
erreicht, wo die Ohnmacht sowieso gewichen wäre, oder war ganz
und gar die scharfe, eisige Luft schuld dran, daß er die Augen
aufschlug und zu sich kam?
Hellmark machte sich darüber keine Gedanken.
Er richtete sich auf. Die eisige Kälte drang wie ein Gift in
seinen Körper und lähmte seine Bewegungen. Jeder Atemzug in
dieser Kälte wurde zur Qual.
Wo befanden sie sich? Was war geschehen?
Diese beiden Fragen stellten sich ihm zuerst.
Und dann fiel ihm wieder in allen Details ein. Wo waren die
anderen? Er war schließlich nicht allein in Apokalyptas Falle
gegangen. Was war aus Kaphoon, Rani, Arson, Jim, Pepe und –
seiner geliebten Carminia geworden?
Angst stieg in ihm hoch, als er sich aufrichtete, und der heftige
Sturm voll sein Gesicht traf.
Im Nu waren seine Haut, seine Augenbrauen, seine Haare von einer
krustigen Eisschicht bedeckt.
In unmittelbarer Nähe nahm er ein längliches, von Schnee
bedecktes Etwas auf dem Boden liegend wahr.
Ein Mensch… einer aus seiner Begleitung?
Er kroch auf allen Vieren auf die dunkle Gestalt zu, die sich zu
regen begann und leise stöhnte, die schmerzhaft und mit
Weitere Kostenlose Bücher